Kolumne zum Donnerstag: Von den Zyklen der Bauwirtschaft
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Sandra Burlet, stellvertretende Direktorin von Bauenschweiz, mit Konjunkturumbrüchen in der Bauwirtschaft.
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Die Bauwirtschaft brummt, es wird gebaut, erneuert und saniert. Viele Planungsbüros, aber auch Bauunternehmen weisen seit Jahren eine gute Auftragslage auf. Gelegentlich ist jedoch die latente Angst vor einem konjunkturellen Umschwung spürbar. Es wird nach Überhitzungsanzeichen im Bau- und Immobilienmarkt gesucht. Nach der langen Zeit der vollen Auftragsbücher fürchten sich nicht wenige vor einem abrupten Ende der Hochkonjunktur.
Ein Blick zurück zeigt, dass die Bauwirtschaft in der Vergangenheit schon mehrmals ausgeprägten Zyklen und raschen Umbrüchen unterworfen war. So beispielsweise anfangs der 1970er-Jahre. Vor allem in den Städten herrscht damals eine angespannte Situation. Die Bauwirtschaft hatte mit Kapazitätsengpässen zu kämpfen, das Wohnungsangebot war äusserst knapp, die Preise schossen in die Höhe.
Dies rief die Politik auf den Plan. Im Sommer 1971 setzte das Parlament einen dringlichen Bundesbeschluss zur Baumarktstabilisierung in Kraft, mit einschneidenden Folgen für die betroffenen Regionen: Ab da herrschte für sie ein Abbruchverbot. Bestimmten, nicht dringend benötigten Gebäudekategorien wie Verwaltungsgebäuden, Museen, Luxusappartements und so weiter wurde ausserdem ein mehrjähriger Bauaufschub auferlegt.
Wenig später wendete sich das Blatt. Die zuvor als überhitzt taxierte Baukonjunktur stürzte innert kurzer Zeit ab. Viele Unternehmen gerieten in existenzielle Schwierigkeiten, unzählige Arbeiter wurden arbeitslos, die Leerwohnungsziffer erhöhte sich markant, die Teuerung stieg sprunghaft an.
Seinen Beschluss zur Baumarktstabilisierung setzte der Bundesrat Ende 1974 ausser Kraft. Rückblickend hat die Erdölkrise die Wirtschaft wohl nahezu zeitgleich mit den Eingriffen zur Beruhigung der Baukonjunktur erreicht, womit die Bauwirtschaft doppelt getroffen wurde.
Staatlich verordnete Korrekturen in die Konjunktur stellen ein äusserst schwieriges Unterfangen dar. Die Gefahr, dass derartige Eingriffe zu stark, zu spät oder am falschen Ort wirken, ist gross. Ob heute, im Falle einer Trendumkehr, die viel zitierte sanfte Landung gelingen würde, hängt deshalb wesentlich auch von der Politik ab. Von langer Hand geplante und besänftigende Massnahmen dürften gegenüber scharfen und abrupt einsetzende Markteingriffen die bessere Strategie darstellen, wie die geschilderte Situation aus den 1970er-Jahren untermauert.*
* Im Rahmen einer Zertifikatsarbeit hat sich Sandra Burlet im vergangenen Jahr vertieft mit der Thematik der Konjunkturzyklen auseinandergesetzt.