Kolumne zum Donnerstag: Kreislauf – Kreisläufe – Güterabwägung
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Martin Weder, Direktor des Fachverbands der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB).
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Kies ist mehrfach rezyklierbar und deswegen ein nachhaltiger Rohstoff. Bereits vor über 20 Jahren begannen Kiesunternehmen, Rückbaumaterialien zu rezyklieren. Heute ist das Produkterecycling bei fast allen Unternehmen eine Selbstverständlichkeit und das Produkterecycling ist grundsätzlich zu begrüssen.
Das Recycling-Fachwissen hat sich aber in den letzten zwanzig Jahren stark weiterentwickelt. Verschiedene Studien zeigen beispielsweise, dass durch das Schliessen des einen Kreislaufs in anderen Kreisläufen die Nachhaltigkeit leiden kann. Es hat sich deswegen die Erkenntnis durchgesetzt, beim Recycling die Betrachtungsweise nicht auf einen Kreislauf zu beschränken sondern alle relevanten Kreisläufe zu betrachten. Es ergeben sich Parallelen zur Medizin. Der Hustensirup kann noch so wirksam sein, wenn er gleichzeitig allzu stark ermüdet oder andere schädliche Nebenwirkungen erzeugt, verfehlt er seine Gesamtwirkung. Wenn die Verwendung aufbereiteter mineralischer Rückbaumaterialien beispielsweise mehr Bindemittel erfordert und deren Produktion so zusätzliche CO2-Emissionen erzeugt, schadet dies dem Photosynthese-Kreislauf. Zudem wird für das Produkterecycling in der Regel viel Raum benötigt und die schwergewichtigen mineralischen Massenprodukte sind transportwegsensibel. Weiter sind zusätzliche Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften des Rohmaterials und den qualitativen Eigenschaften der in Verkehr zu bringenden Bauprodukte zum Beispiel hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit zu berücksichtigen.
Beim Planen einer nachhaltigen mineralischen Rohstoffversorgung ist deswegen der Fokus nicht nur auf das maximale Schliessen irgendeines Kreislaufs zu legen, sondern es sind sämtliche Kreisläufe und deren Zusammenspiel, der gesamte Produktlebenszyklus und der Produktenutzen respektive das aus dem Rohstoff entstehende Bauwerk in Erwägung zu ziehen – zum Beispiel auch die während dem Abbau mineralischer Rohstoffe entstehenden, die Biodiversität fördernden neuen Lebensräume für seltene Fauna- und Floraarten. Die Umweltproduktedeklaration auf der Basis der EN/ISO 14025 liefert im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit der mineralischen Rohstoffe aussagekräftige sowie gesamthafte Informationen und Vergleiche. Sie richtet sich im Gegensatz zu der engen Produktkreislaufbetrachtung am Bauwerk aus, basiert auf dem Bauwerklebenszyklus und trägt so wirksam zu einer Versachlichung der Nachhaltigkeitsplanung im Bereich der mineralischen Rohstoffversorgung bei.
Gefordert sind aber nicht nur die Planer, sondern auch die Politik. Fehlende Mächtigkeiten der Kiesschichten und lange Transportwege verteuern den Transport und fördern den Import, insbesondere in den Grenzregionen Genf, Basel, Rheintal und Tessin. Arbeitsplätze beginnen ins Ausland abzuwandern und es resultieren deutlich mehr CO2- und kanzerogene Dieselrussemissionen. Es ist deswegen wichtig, dass die Planung der mineralischen Rohstoffversorgung endlich die Bedeutung erhält, die ihr effektiv zu steht, und dass auch in der Schweiz bauwerkorientierte Nachhaltigkeitsaspekte in die Planung einfliessen. Die Kies-, Beton- und Recyclingindustrie ist bereit, diesen Dialog auf allen Ebenen mitzugestalten.