Kolumne zum Donnerstag: Kostbares Gut – Recyclingbeton
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Jörg Berli, Geschäftsführer der Betonsuisse Marketing AG und Key Accoutn Manager der Holcim Schweiz AG.
Es erstaunt immer wieder, wie gering der Kenntnisstand über das Baustoffrecycling in der Schweiz ist. Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf die breite Öffentlichkeit, sondern auch auf manche in der Baubranche tätigen Personen. Hier vorweg die offizielle Definition: Als Recyclingbeton bezeichnet man gemäss SIA-Merkblatt 2030 einen Beton, dessen Zuschlagstoffe zu mindestens 25 Massenprozenten aus rezyklierter Gesteinskörnung (Sand und Kies) bestehen.
Mehr als die Hälfte des gesamten Gebäudebestandes der Schweiz ist vor über 50 Jahren gebaut worden und weist eine äusserst schlechte Energiebilanz auf. Im Hinblick auf die Umsetzung der Energiestrategie 2050 ist es daher geradezu eine Pflicht, das grosse brachliegende Energiesparpotenzial zu nutzen. Eine Möglichkeit besteht darin, anstelle der energetischen Sanierungen des bestehenden Gebäudeparks – wo immer sinnvoll – Ersatzneubauten zu realisieren. Solche Bauten benötigt die Schweiz auch für die Umsetzung des revidierten Raumplanungsgesetzes, welches seit dem 1. Mai 2014 in Kraft ist. Die darin geforderte raumplanerische Zielsetzung der baulichen Verdichtung ist alleine durch Abbruch und Neubau realisierbar.
Somit sind wir beim neuen Schweizer Rohstoff angelangt: Dieser wird aus dem Abbruch und dem Rückbau von Gebäuden gewonnen, aufbereitet und als Beton- und Mischgranulat in einwandfreier Qualität wieder in den Baustoffkreislauf eingespeist, zum Beispiel für das Erstellen von Neubauten. Die rezyklierte Gesteinskörnung ersetzt einen Teil der natürlichen Zuschlagstoffe für die Betonherstellung und deckt bereits rund 15 Prozent des gesamten Gesteinskörnungsbedarfs der Schweiz ab. Dabei wird das anfallende Betongranulat zu 100 Prozent der Produktion von Recyclingbeton zugeführt. Auch das Mischabbruchgranulat wird grösstenteils im Beton eingesetzt.
So werden natürliche Ressourcen (Primärkies) und der endliche Deponieraum geschont und das beim Abbruch von alten Gebäuden anfallende mineralische Rückbaumaterial wird zu neuen hochwertigen Baustoffen verwertet. Gleichzeitig wird einem weiteren Ziel des Raumplanungsgesetzes, dem sparsamen Umgang mit dem Boden, entsprochen.
Im Bestreben, die Stoffkreisläufe zu schliessen, beobachte ich die Tendenz, die Anwendung von Recyclingbeton durch Behörden und Fachstellen stärker zu regulieren als notwendig und zielführend ist. Es macht weder ökologisch noch ökonomisch Sinn, Betongranulat durch die halbe Schweiz zu transportieren, nur weil in einer Region temporär keine ausreichende Mengen an Recyclinggranulaten vorhanden ist. Ich plädiere dafür, dass die Anforderungen und Leistungen an einen Baustoff von den Planern definiert werden und es den Unternehmern freigestellt ist, ob sie für die Realisierung des Bauwerkes Primär- oder Sekundärmaterial verwenden. Grossmehrheitlich handeln die heutigen Unternehmer umweltbewusst und sind an nachhaltigen Lösungen interessiert.
Die Kies- und Betonindustrie hat die Kompetenzen, um die Recyclingprozesse ökologisch und ökonomisch lenken zu können. Die Verfügbarkeit von mineralischem Rückbaumaterial in der Schweiz nimmt durch die Erneuerungsbautätigkeit zu. Das erklärte und realistische Ziel, dieses Material wieder zu verwenden, dürfte mit dem freiwilligen Einsatz von Recyclingbeton erreicht werden.