Kolumne zum Donnerstag: Der Wolf, das Pferd und die Kuh
In der Kolumne zum Donnerstag berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute beschäftigt sich Martin Weder, Direktor des Fachverbands der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB), mit dem Verhältnis zwischen Behörden und Unternehmen.
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Manche Leute halten den Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse. Andere sehen in ihm eine Kuh, die man ununterbrochen melken könne. Nur wenigeerkennen in ihm das Pferd, das den Karrenzieht.» Winston Churchills Zitat hat auch heute noch seine Berechtigung.
Seit den frühen 90er-Jahren ziehen beispielsweise verschiedene innovative Schweizer Unternehmen im Bereich «Schliessen der Stoffkreisläufe» den Karren. Frühzeitig haben sie erkannt, dass sich Kies mehrfach rückbauen und rezyklieren lässt und unser Gebäudepark somit eine wichtige zusätzliche Rohstoffquelledarstellt. Sie investierten riesige Beträge, um möglichst bald in die Lage zu kommen, die entsprechenden Technologien zu beherrschen. Die Schweizer Kiesunternehmer erzielen dank ihren diversifizierten Rohstoffquellen europaweit die höchsten Recyclingquoten.
Nicht alle Behörden erkennen aber im Unternehmer den erfolgreichen «Karren-Zieher». Im Rahmen der Vollzughilfen zu der Verordnung über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (VVEA) sollen beispielsweise künftig nicht mehr die Unternehmer, sondern die Behörden entscheiden, wann und wie Rückbaustoffe und Aushub zu verwerten sind. Das aktuelle unternehmerische Verwertungsgebot, das den Unternehmer auffordert, Rückbaumaterialien und Aushub falls möglich zu verwerten, soll trotzseinem positiven Leistungsausweis durch ein bürokratisches Kaskaden-Obligatorium ersetzt werden. Churchills «Karren-Zieher» sollen totgeschlagen werden.
Dafür wird der Unternehmer inZukunft noch stärker aufgefordert, über Steuern und Abgaben den für den Vollzug des Obligatoriums benötigten Verwaltungsapparat zu finanzieren.
Diese behördlichen Vorschläge verkennen, dass die Pulte der Behörden zu weit weg von den Baustellen, Kiesgruben, Steinbrüchen, Recyclingplätzen und Deponien stehen. Diese Nähe ist aber erforderlich, um erkennen zu können, ob und – wenn ja – welches Recycling respektive welche Entsorgung nachhaltig sinnvoll ist. Der Unternehmer soll sich deswegen auch in Zukunft im Bereich «Schliessen der mineralischen Stoffkreisläufe» einbringen können. Wir plädieren deswegen dafür, dass die Unternehmen im Versorgen und Entsorgen der Bauwirtschaft mit mineralischen Rohstoffen weiterhin wie das Pferd den Karren ziehen dürfen und die Behörden sich mehr darauf konzentrieren, dass das Pferd möglichst wirksam den Karren ziehen kann, und weniger darauf, dass die Kuh für die Finanzierung der Bürokratie ununterbrochen gemolken wird.
Bezogen auf die mineralische Rohstoffversorgung und -entsorgung bedeutet dies, dass dieUnternehmen weiterhin auf der Basis der Eigenschaften der Rückbaustoffe und des Aushubs entscheiden dürfen, ob, wann und wie die einzelnen Stoffe verwertet werden. Ich bin überzeugt, so gewinnen alle – die Behörden, die Unternehmer, die Gesellschaft und die Nachhaltigkeit.