Kolumne zum Donnerstag: Der Hund in der Mikrowelle
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Matthias Forster, Geschäftsführer von Infra Suisse.
Die Geschichte ist allgemein bekannt: Eine ältere Amerikanerin pflegte nach einem Spaziergang im Regen ihren Hund bei angenehmer Wärme in der Bratröhre ihres Herdes zu trocknen. Als ihr Herd kaputtging, kaufte sie sich einen modernen Mikrowellenherd. Zurück vom verregneten Spaziergang wollte sie, wie gewohnt, ihren Hund trocknen und steckte ihn dazu in das neugekaufte Gerät. Dem armen Tier jedoch bekam die Prozedur nicht gut. Es starb.
Die Frau war darüber derart schockiert, dass sie einen Schock erlitt. Sie verklagte daraufhin, wie in den Vereinigten Staaten so üblich, den Mikrowellenherd-Hersteller auf Schadenersatz. Denn sie warf ihm vor, in der Gebrauchsanweisung nicht darauf hingewiesen zu haben, dass mit dem Gerät keine Haustiere getrocknet werden dürfen. Die Klage wurde gutgeheissen und die Dame mit einer nicht unbedeutenden Summe für ihr erlittenes Leid entschädigt. Der Hersteller des Mikrowellenherds passte daraufhin umgehend die Gebrauchsanweisung an. Damit wollte er nicht in erster Linie die Haustiere vor ihren technisch unterdurchschnittlich versierten Haltern schützen. Am Herzen lag ihm vielmehr sein eigener Schutz vor klagenden Kunden. Was in unseren Augen übertrieben scheint, ist in den USA durchaus angebracht. Wappnet sich eine Firma nicht gegen Haftungsklagen, ist sie bald einmal in ihrer Existenz bedroht.
Die Frage nach dem ausreichenden Schutz stellt sich natürlich auch hierzulande. Sowohl für Firmen als auch für Personen. Wie viel Schutz ist nötig und sinnvoll? Im Strassenbau zum Beispiel. Wenn die Sonne im Sommer den Asphalt erhitzt, erhitzen sich regelmässig auch die Gemüter. Debattiert wird etwa über Sinn oder Unsinn der Tragepflicht von langer Schutzkleidung oder Kopfbedeckungen. Diese gilt bei gewissen Baustellen ausnahmslos. Was dem Sonnenschutz oder der Sichtbarkeit dient, wird von den Direktbetroffenen wegen des mangelnden Tragekomforts, der Hitzeentwicklung, der Einschränkungen der Beweglichkeit oder des Sichtfelds kritisiert. Eigentlich ist klar: Die Gesundheit ist ein hohes Gut, dass es unbedingt zu schützen gilt. Wo die Gesundheit oder die Sicherheit in Gefahr ist, ist alles dafür zu tun, dass diese gewahrt bleiben. Selbst dann, wenn dafür Unannehmlichkeiten oder Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen.
Schwierig ist es, wenn die eine Sicherheitsmassnahme die Sicherheit in einem anderen Bereich beeinträchtig. Unsinnig sind Massnahmen dann, wenn sie keine zusätzliche Sicherheit, sondern nur mehr Einschränkung bringen. Solche Massnahmen sind im besten Fall wider besseres Wissen oder gut gemeint, im schlechtesten Fall reine Imagepflege. Auf den Baustellen braucht es optimale Sicherheitsvorschriften, nicht aber in jedem Fall die strengsten. Ohne eine gesunde Portion Sach- und Menschenverstand geht es weder bei der Arbeit auf Baustellen noch bei der Bedienung von Mikrowellen gut.
Eine Haftungsklage wegen dem Versuch, ein Haustier im Mikrowellenherd zu trocknen, gab es übrigens nie. Bei der Geschichte handelt sich um eine moderne Legende. Gesundheitsschutz auf Baustellen hingegen passiert täglich und ist wichtig.