09:32 MEINUNG

Kolumne zum Donnerstag: Der Hund in der Mikrowelle

Geschrieben von: Matthias Forster
Teaserbild-Quelle: libertyslens, Flickr, CC

In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Matthias Forster, Geschäftsführer von Infra Suisse.

Die Geschichte ist allgemein bekannt: Eine ältere Amerikanerin pflegte nach einem Spaziergang im Regen ihren Hund bei angenehmer Wärme in der Bratröhre ihres Herdes zu trocknen. Als ihr Herd kaputtging, kaufte sie sich einen modernen Mikrowellenherd. Zurück vom verregneten Spaziergang wollte sie, wie gewohnt, ihren Hund trocknen und steckte ihn dazu in das neugekaufte Gerät. Dem armen Tier jedoch bekam die Prozedur nicht gut. Es starb.

Die Frau war darüber derart schockiert, dass sie einen Schock erlitt. Sie verklagte daraufhin, wie in den Vereinigten Staaten so üblich, den Mikrowellenherd-Hersteller auf Schadenersatz. Denn sie warf ihm vor, in der Gebrauchsanweisung nicht darauf hingewiesen zu haben, dass mit dem Gerät keine Haustiere getrocknet werden dürfen. Die Klage wurde gutgeheissen und die Dame mit einer nicht unbedeutenden Summe für ihr erlittenes Leid entschädigt. Der Hersteller des Mikrowellenherds passte daraufhin umgehend die Gebrauchsanweisung an. Damit wollte er nicht in erster Linie die Haustiere vor ihren technisch unterdurchschnittlich versierten Haltern schützen. Am Herzen lag ihm vielmehr sein eigener Schutz vor klagenden Kunden. Was in unseren Augen übertrieben scheint, ist in den USA durchaus angebracht. Wappnet sich eine Firma nicht gegen Haftungsklagen, ist sie bald einmal in ihrer Existenz bedroht.

Die Frage nach dem ausreichenden Schutz stellt sich natürlich auch hierzulande. Sowohl für Firmen als auch für Personen. Wie viel Schutz ist nötig und sinnvoll? Im Strassenbau zum Beispiel. Wenn die Sonne im Sommer den Asphalt erhitzt, erhitzen sich regelmässig auch die Gemüter. Debattiert wird etwa über Sinn oder Unsinn der Tragepflicht von langer Schutzkleidung oder Kopfbedeckungen. Diese gilt bei gewissen Baustellen ausnahmslos. Was dem Sonnenschutz oder der Sichtbarkeit dient, wird von den Direktbetroffenen wegen des mangelnden Tragekomforts, der Hitzeentwicklung, der Einschränkungen der Beweglichkeit oder des Sichtfelds kritisiert. Eigentlich ist klar: Die Gesundheit ist ein hohes Gut, dass es unbedingt zu schützen gilt. Wo die Gesundheit oder die Sicherheit in Gefahr ist, ist alles dafür zu tun, dass diese gewahrt bleiben. Selbst dann, wenn dafür Unannehmlichkeiten oder Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen.

Schwierig ist es, wenn die eine Sicherheitsmassnahme die Sicherheit in einem anderen Bereich beeinträchtig. Unsinnig sind Massnahmen dann, wenn sie keine zusätzliche Sicherheit, sondern nur mehr Einschränkung bringen. Solche Massnahmen sind im besten Fall wider besseres Wissen oder gut gemeint, im schlechtesten Fall reine Imagepflege. Auf den Baustellen braucht es optimale Sicherheitsvorschriften, nicht aber in jedem Fall die strengsten. Ohne eine gesunde Portion Sach- und Menschenverstand geht es weder bei der Arbeit auf Baustellen noch bei der Bedienung von Mikrowellen gut.

Eine Haftungsklage wegen dem Versuch, ein Haustier im Mikrowellenherd zu trocknen, gab es übrigens nie. Bei der Geschichte handelt sich um eine moderne Legende. Gesundheitsschutz auf Baustellen hingegen passiert täglich und ist wichtig.

Geschrieben von

Geschäftsführer von Infra Suisse

Auch interessant

Anzeige

Firmenprofile

Brun Marti Dytan AG

Finden Sie über die neuen Firmenprofile bequem und unkompliziert Kontakte zu Handwerkern und Herstellern.

Reports

analyse

Kostenfreie Reports zur Bauindustrie

Jetzt noch mehr inhaltsstarke Quartalsanalysen, kostenlos für Baublatt Abonnent*innen. Neben der Baublatt Analyse, die neu «Baublatt Project Categories» heisst, erhalten Sie ab April 2025 zwei brandneue Reports als Zusatz. Erfahren Sie hier was «Baublatt Top Players» und «Baublatt Regional Projects» zu bieten haben – wie gewohnt digital, prägnant und graphisch auf den Punkt gebracht.

Dossier

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten
© James Sullivan, unsplash

Spannendes aus Print und Online für Abonnenten

Dieses Dossier enthält die Artikel aus den letzten Baublatt-Ausgaben sowie Geschichten, die exklusiv auf baublatt.ch erscheinen. Dabei geht es unter anderem um die Baukonjunktur, neue Bauverfahren, Erkenntnisse aus der Forschung, aktuelle Bauprojekte oder um besonders interessante Baustellen.

Bauaufträge

Alle Bauaufträge

Newsletter abonnieren

newsico

Mit dem Baublatt-Newsletter erhalten Sie regelmässig relevante, unabhängige News zu aktuellen Themen der Baubranche.