Kolumne zum Donnerstag: BIM und Recht – ein Problem?
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Mario Marti, Geschäftsführer der Usic und Vorstandsmitglied von Bauen Digital Schweiz.
Digitales Planen und BIM (Building Information Modeling) sind das Gebot der Stunde. Zuweilen wird kolportiert, der digitalen Planungsmethode stünden rechtliche Hindernisse im Wege. Ist dem so? Ich bin überzeugt, dass dem nicht so ist! Unser Vertragsrecht basiert glücklicherweise auf dem Prinzip der Vertrags-freiheit. Das heisst, die Vertragsparteien können grundsätzlich ihr Verhältnis frei regeln und massgeschneiderte Vereinbarungen treffen. Dies gilt auch für die Bauverträge, sei es der Werkvertrag mit dem Unternehmer oder der Planervertrag mit dem Architekten oder Ingenieur.
Somit gilt für alle am Bau Beteiligten: Nicht nur, aber gerade bei BIM-Projekten müssen sich die Parteien vor Projektbeginn einig werden über ihre vertraglichen Beziehungen. Dabei kann gut auf bewährte Vertragsvorlagen zurückgegriffen werden (SIA Norm 118, SIA-Planervertrag mit LHO). BIM-spezifische Fragen sind aber zusätzlich zu definieren. An was für Themen ist zu denken?
Zunächst sind ganz grundlegende Fragen zu klären: Welche Ziele verfolgt der Bauherr mit der Anwendung der BIM-Methode und welche Resultate sollen daraus entstehen? Wie ist die Projektorganisation, wer übernimmt welche Rollen im BIM-Prozess (zum Beispiel BIM-Koordinator, BIM-Manager)? Welches sind die Qualitätsanforderungen an die digitale Planung, welche Toleranzen bestehen? Wie sollen die Projektbeteiligten zusammenarbeiten und wie kommunizieren sie? Welche technischen Vorgaben bestehen (Software, Schnittstellen, Datenformate, Rechteverwaltung etc.)?
Ein besonderes Augenmerk gilt der IT-Infrastruktur: Wenn eine gemeinsame IT-Infrastruktur für alle Projektbeteiligten bereitgestellt wird, ist zu klären, wer hierfür welche Verantwortung trägt. Entsprechende Systeme sind zu schützen. Allenfalls sind Haftungsbegrenzungen der Verantwortlichen festzulegen und es ist zu klären, welche Risiken versichert werden können und sollen.
Wie sieht es mit der Haftung der Beteiligten aus? Auch hier muss die Welt nicht neu erfunden werden – simpel gesagt: Jeder haftet für seinen Beitrag gemäss den vertraglich übernommenen Pflichten. Rechtlich gesehen kann sich eine Haftung aus Auftragsrecht ergeben, zum Beispiel bei unsorgfältigen Koordinationsleistungen, oder aus einem Werkvertrag, etwa bei Fehlern im digitalen Modell. Zu überlegen ist, ob der Bauherr für alle Beteiligten einen einheitlichen Ablieferungszeitpunkt definieren will, ab welchem dann einheitlich die Gewährleistungsfristen laufen.
Ein Thema sind schliesslich die Nutzungsrechte: Wie darf der Bauherr die Daten nach Projektende weiternutzen oder bearbeiten? Darf der Planer von ihm geschaffene digitale Elemente auch für andere Projekte benützen? Und last but not least: Auch Vergütungsfragen sind kein Tabu – auch sie sind vor-ab zu klären!
Unterstützung kommt bald: Bauen Digital Schweiz publiziert demnächst ein Merkblatt zu den Fragen rund um den Vertrag, die Rollen und die Leistungen.