Kolumne zum Donnerstag: Bessere Daten – bessere Bauten
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Paul Curschellas, Mitglied des Steuerungsausschusses von Bauen digital Schweiz.
Quelle: libertyslens, Flickr, CC
Schreibmaschine, Schmuckbild.
Die Bauwirtschaft rangiert mit jährlichen Investitionen von über 60 Milliarden Franken vor der Pharmaindustrie und dem Maschinenbau. Mit über 8 Prozent am BIP (Bruttoinlandsprodukt) leistet diese Branche einen nicht unwesentlichen Teil der gesamten Wertschöpfung in der Schweiz. Zielgerichtete Investitionen in Bau und Infrastruktur tragen zur Leistungsfähigkeit einer lokalen Gesamtwirtschaft und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich bei. Umso wichtiger sind bei diesen Investitionen in Bauten und Infrastruktureinrichtungen die Kosteneffizienz und Leistungsfähigkeit. Planen und Bauen ist nicht gleich Kaufen. Vielmehr ist der Vorgang geprägt durch lokale Prozesse mit einer stetig steigenden Zahl an Anforderungen, Beteiligten und schärferen Vorgaben hinsichtlich Kosten, Terminen und Qualität.
Der Grad an Komplexität ist gestiegen und somit auch der Bedarf an Transparenz und gut strukturierter Information. Diese sollen nicht nur Klarheit schaffen, sondern auch offen zugänglich sein und in Beziehung zueinander stehen. Mit BIM (Building Information Modeling) wird dies für alle Akteure der Wertschöpfungskette Bau ermöglicht. BIM ist vielleicht nicht die beste Lösung, es ist jedoch die aktuell beste Lösung, die relevante Stakeholder gemeinsam für die Kommunikation im Bauwesen nutzen und zugänglich ist. Dies wird dazu führen, dass BIM vom offenen Kommunikations- zum Baustandard wird (open BIM). Mit dem Bauinformationsmodell, dem «digitalen Zwilling», werden Objekte wie Räume und Bauteile in Geometrie dargestellt, lokalisiert und stehen untereinander in Beziehung (zum Beispiel Foyer, Wand, Öffnung, Türe etc.).
Mehr noch, die Informationen, die diese Objekte auszeichnen, werden deklariert betreffend ihrer Leistungswerte (zum Beispiel Türe, Menge, Material, Brandschutzklasse, Schall- und Wärmeschutzklasse etc.). Damit können die individuellen Informationsbedürfnisse der Beteiligten erfüllt werden. Diverse Anwendungen wie Mengen- und Kostenermittlung, Ausschreibung oder Qualitätssicherung, Logistik und Handel und natürlich die Kollaboration im Projekt bauen auf derselben Basis auf. Dies mit der Folge, dass Wiederholungen, Widersprüche und Fehler eliminiert werden. Aktuell verlieren wir, den Auswertungen folgend, rund 8 Prozent der jährlichen Investitionen von 60 Milliarden durch Baufehler und Mängel. In der Folge vervielfachen sich diese Fehlleistungen über die Nutzungsdauer im Betrieb durch die verminderte Nutzungsqualität und die erhöhten Aufwendungen im Unterhalt. Was dies zur Folge hat? Weniger Schule, weniger Pflege, weniger Wohnen für die Endverbraucher. Dies mögen die Besteller und Betreiber nicht und fordern zunehmend adäquate Planungskompetenzen für ihre Projekte. Gefordert wird mehr Transparenz, um Entscheide besser und früher und vor allem richtig zu fällen. Voraussetzung für diese Entscheide sind die richtigen Informationen zur richtigen Zeit und am richtigen Ort, und so wird digitales Planen und Bauen Teil der Bestellung. Denn aus Sicht der Eigentümer und Betreiber stellen die Bauwerksdaten einen Teil des Kapitals dar und werden mit rund 4 Prozent vom Gesamtwert beziffert.
Für effizientes und gutes Bauen ist die Überwindung der Lücke zwischen Planung und Ausführung eine der Grundvoraussetzungen. Gute Daten bilden hier einen wichtigen Baustein, um gute Entscheide zu treffen und so gute Bauten zu realisieren. Nur so kann mit der zunehmenden Komplexität die Zusammenarbeit mit den Beteiligten transparent und effizienter gestaltet werden. Dies erfordert in der Bauwirtschaft mehr als einen Paradigmenwechsel. Gefordert werden funktionierende Bauwerke mit dem Reifegrad der Serie und nicht des Prototypen. Dies hat einen tiefgreifenden, kulturellen Wandel in der Bauwirtschaft zur Folge: Anstelle des gegeneinander Denkens in Silos gewinnt das Miteinander an Bedeutung.