Kolumne zum Donnerstag: Anerkennung für unsere Behörden
In der Kolumne zum Donnerstag schreiben Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Heute ist es Martin Weder, Direktor des Fachverbands der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB).
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Schreibmaschine, Schmuckbild.
Gregory McAvoy, Ökonomieprofessor an der Universität North Carolina in Greensboro, hat sich intensiv mit dem Nimby-Syndrom beschäftigt. Nimby ist die Abkürzung von «Not in my Backyard» (nicht in meinem Hinterhof). Der Nimby-Effekt steht für eine Haltung, bestimmte Projekte, die ausserhalb des persönlichen Umfeldes unterstützt oder zumindest akzeptiert werden, im eigenen persönlichen Umfeld mit Vehemenz abzulehnen. Diese ist so ausgeprägt, dass sogenannte Nimby-Regimes entstehen können, das heisst Herrschaftsformen, in denen kleine lokale Personengruppen ihre Hinterhof-Verhinderungsanliegen durchsetzen können,obwohl sie diesen ausserhalb ihres Hinterhofs zustimmen würden und das Verhindern im diametralen Widerspruch zum gesellschaftlichen Gesamtwohl steht. Professor McAvoy stellte fest, dass zahlreiche politische Entscheide, beispielsweise im Zusammenhang mit Lagerstätten für nukleare Abfälle, Flüchtlingszentren oder Mobilfunkmasten, dem Nimby-Syndrom unterliegen.
Der Bundesrat nimmt in seinem Bericht über mineralische Rohstoffe vom 8. Dezember 2017 ebenfalls auf den Nimby-Effekt Bezug und stellt fest, dass «die Bewilligungsverfahren, oftmals nach aufwändigen Vorbereitungsarbeiten, aufgrund von Einsprachen (Nimby-Effekt) häufig in kostspieligen Konflikten enden». Zudem führt er aus, dass einem Teil der Bevölkerung die Verknüpfung von Rohstoffgewinnung mit den individuellen Ansprüchen an Wohnfläche und Infrastruktur nicht bewusst ist und dass die Bedeutung der mineralischen Rohstoffe für die Schweizer Wirtschaft und deren Wertschöpfungsketten wenig bekannt ist. Nach meinem Ermessen ist es wichtig, dass in allen Lebensbereichen trotz des Nimby-Effekts jeweils das Gesamtwohl optimierende Lösungen bereitgestellt werden. Nur so wird es möglich sein, dass wir auch in Zukunft in unserem Land, das über grosse mineralische Rohstoffreserven in Form von Kies-, Kalk- Ziegel- und Hartgesteinen sowie von rückzubauenden Gebäuden verfügt, nachhaltig mineralische Rohstoffe abbauen, bewirtschaften und mehrfach rezyklieren können.
Der Nimby-Effekt fordert deswegen unsere Behörden, denn er «produziert» systematisch Einsprachen zu Projekten, die dem Gesamtwohl entsprechen. Diese Einsprachen werden zwar von kleinen Interessensgruppen vertreten, doch diese opponieren mit überdurchschnittlicher Vehemenz. Gesucht sind deswegen starke Behörden, die sich beharrlich zugunsten des Gemeinwohls engagieren, auch wenn sich dabei keine sofortige Harmonie ergibt, sondern vielmehr systematische, zeitaufwändige und nervenaufreibende Opposition. Diese Aufgabe ist schwierig, anspruchsvoll und verdient höchste Anerkennung.