Kolumne von Bernhard Salzmann: «Baue Gutes und rede darüber»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Bernhard Salzmann, Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV), schreibt über den Wohnungsmangel und meint, dass man Wohnungsbau rascher ermöglichen sollte. Von einer Baueingabe bis zur Baubewilligung verstreiche immer mehr Zeit.
Quelle: zvg
Bernhard Salzmann ist der Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV).
Die Bevölkerung wächst stark und die Nachfrage nach Wohnraum ist hoch. An einem Runden Tisch von Bundesrat Guy Parmelin diskutieren am Freitag, 12. Mai, Verbände und Fachpersonen mit Behördenmitgliedern, in welchen Bereichen des Wohnungsmarktes dringend Handlungsbedarf besteht. Für den SBV nehme ich an der breitgefächerten Diskussionsrunde teil, die geeignete Anpassungen an neue gesellschaftliche, wirtschaftliche und technische Entwicklungen erörtern soll. Ich werde einbringen, dass verbesserte Rahmenbedingungen weit vielversprechender sind als neue Regulierungen.
Erstens müssen wir Wohnungsbau rascher ermöglichen. Von einer Baueingabe bis zur Baubewilligung verstreicht immer mehr Zeit. Gemeinden und Kantone müssen die Einhaltung der Fristen in ihren Behörden zwingend forcieren. Auf kantonaler Ebene gibt es neue Ansätze – beispielsweise im Kanton Freiburg – die auch national prüfenswert sind. Wird eine vorgesehene Frist durch die Baubewilligungsbehörde nicht eingehalten, gilt ein Baugesuch automatisch als genehmigt, insbesondere bei sogenannt «vereinfachten» Verfahren. Ebenso müssen Gemeinden und Kantone die Digitalisierung vorantreiben. Wenn Baugesetze, Zonenpläne und weitere Dokumente maschinenlesbar zur Verfügung stehen, ist eine digitale Erstprüfung möglich, welche das Baubewilligungsverfahren enorm beschleunigt.
Zweitens braucht es Vereinfachungen in der Wohnungsbaubürokratie, damit genügend Wohnungen zur Verfügung gestellt werden können. Bei Verdichtungsprojekten sollte ein Ausnützungsbonus von 30 Prozent gewährt werden, weil Ersatzneubauten deutlich mehr Wohneinheiten ermöglichen – im Schnitt wird eine Verdoppelung der Zahl der Wohnungen erreicht – ohne zusätzlichen Boden zu verbauen.
Dieser Mehrwert ist gegenüber starrer Denkmalschutzvorschriften stärker zu gewichten als heute. Denkmalschutz ist wichtig und sollte respektiert werden. Doch erachtet der SBV eine Begrenzung der Anzahl schützenswerter Objekte als wichtig, etwa indem nur noch maximal zehn Prozent der Gebäude auf einer Schutzliste verankert werden dürfen.
Für mehr Wohnraum muss die Verdichtung gegenüber dem Lärmschutz höher gewichtet werden, so etwa durch eine Aktualisierung der Lüftungsfensterpraxis. Sie besagt, in wie vielen Zimmern einer Wohnung ein Fenster geöffnet werden kann, ohne dass eine wesentliche Lärmbelästigung eintritt. Die massgeblichen Grenzwerte sollen gemäss vorliegendem Vorschlag des Bundesrats neu noch bei «mindestens der Hälfte» der Zimmer eingehalten werden müssen und nicht mehr bei zwei Dritteln. Damit wäre in lärmbelasteten Gebieten der Bau von Häusern wieder ohne Ausnahmebewilligung möglich.
Drittens ist eine Eindämmung von aussichtslosen Einsprachen nötig. Das Instrument der Einsprache an sich ist legitim und wird vom SBV nicht grundsätzlich hinterfragt. Häufig werden aber an sich aussichtslose Einsprachen systematisch zur Verzögerung eingesetzt. Insbesondere die Fristen für Rekurse bei in erster Instanz klar abgelehnten Einsprachen gilt es zu beschleunigen. Auch fordert der SBV im Sinne einer Streitwertbeteiligung, dass bei unrealistischen Einsprachen das Hinterlegen einer Kaution eingeführt wird.
Und schliesslich sollten nach Volksentscheiden die Einsprachemöglichkeiten angesichts der breiten demokratischen Legitimation eines Bauprojekts eingeschränkt werden. All diese Massnahmen sind zielführender als Markteingriffe wie Vorverkaufsrechte für die öffentliche Hand, Quoten für den Bau von Genossenschaftswohnungen und Mietzinsregulierungen. Jene Regulierungen sind kontraproduktiv und befeuern höchstens die Debatte, nicht aber den Wohnungsbau.