Kolumne von Andreas Keel: «7 Fliegen auf einen Streich!»
In der Kolumne berichten Exponenten der Branche über das, was sie bewegt. Andreas Keel, Geschäftsführer von Holzenergie Schweiz, beschäftigt sich mit der stofflichen Verwertung von Holz und dem Beitrag, den der Schweizer Wald gegen die Klimaerhitzung leisten kann.
Quelle: zvg
Andreas Keel ist Geschäftsführer von Holzenergie Schweiz.
Im Schweizer Wald steht, verteilt auf 535
Millionen Bäume, ein Vorrat von rund 430 Millionen Kubikmetern Holz. Darin sind
über 350 Millionen Tonnen CO2 gespeichert. Zum Vergleich: Der jährliche
Ausstoss an Treibhausgasen der Schweiz lag 2021 bei 45 Millionen Tonnen. Unser
Wald ist also ein Schlüsselspieler im Kampf gegen die einsetzende
Klimaerhitzung.
Noch effizienter als der Wald selbst ist
nur noch das Traumpaar Wald und Holz. Denn die Bäume im Wald leben nicht ewig,
sondern sterben eines Tages ab und geben ihr gespeichertes CO2 wieder an die
Atmosphäre ab. Aus der CO2-Senke wird dann eine CO2-Quelle. Diesen Prozess
können wir aufhalten oder zumindest verzögern, indem wir das Holz im Wald vor
dem Absterben ernten. Die schönen Bäume, sozusagen die «Filets», werden
zunächst zu Gebäuden, Brücken, Möbeln, Spanplatten und anderen werthaltigen
Holzprodukten verarbeitet. Die krummen und astigen Bäume, die «Cervelats»,
wandeln wir sofort in erneuerbare Energie um.
Mit dieser Kaskadennutzung lassen sich, wie
es einst das Tapfere Schneiderlein vormachte, mindestens sieben Fliegen auf
einen Streich schlagen: Erstens stellt die stoffliche vor der energetischen
Nutzung des Holzes nichts anderes als ein «Outsourcing» und eine Verlängerung
der CO2-Speicherleistung des Holzes dar. Nun ist bauen aber sehr ressourcen-
und energieintensiv. Deshalb kann es aus der Sicht der Kreislaufwirtschaft
durchaus Sinn machen, das Holz mehr als einmal stofflich zu verwerten. Zum
Beispiel Vollholz, Balkenschicht- und Brettschichtholz für tragende Zwecke.
Zweitens können wir durch den Einsatz des
Werkstoffs Holz CO2-intensive Baustoffe wie Stahl und Beton ersetzen – als
Faustregel gilt, dass 1 Kubikmeter verarbeitetes Holz die CO2-Emissionen um 700
Kilogramm reduziert. Drittens können diese Holzprodukte am Ende ihrer
Lebensdauern als Altholz und als problematische Holzbrennstoffe in speziellen
Anlagen energetisch genutzt und damit zur Substitution fossiler Energien
eingesetzt werden. Das entlastet das Klima zusätzlich. Viertens fällt bei der
stofflichen Verarbeitung des Holzes bis zu 40 Prozent energetisch nutzbares
Restholz an. Dazu gehören Sägemehl und Hobelspäne als wertvoller und begehrter
Rohstoff für die Produktion von Pellets ebenso wie Schnitzel aus Rinden und
Schwarten. Mit diesen Holzbrennstoffen lassen sich zusätzlich fossile Energien
und damit CO2-Emissionen einsparen.
Fünftens kann man nur dann Gebäude,
Brücken, Möbel und andere stoffliche Produkte aus Holz herstellen, wenn der
Wald entsprechend regelmässig gepflegt wird. Bei der Waldpflege fallen
qualitativ minderwertige Holzsortimente an. Diese sind meist nur als Energieholz
nutzbar. Das gleiche gilt für die Aufrüstung von Sturm- und Käferholz, welches
in den letzten Jahren immer öfter anfällt. Die Nutzung dieses Holzes ermöglicht
es, noch mehr Heizöl und Erdgas zu ersetzen und noch mehr CO2 einzusparen.
Sechstens sorgt die Waldpflege für Platz und Licht auf dem Waldboden, sodass
sich der Wald besser verjüngen kann. Und ein junger Wald vermag bekanntlich
deutlich mehr CO2 zu speichern als ein alter Bestand mit dicken Bäumen. Und wer
dann die hochsommerlich heissen Temperaturen gar nicht mehr aushält, der
findet, siebtens, nirgends eine derart frische Abkühlung wie in unserem Wald!