09:46 MANAGEMENT

Wie Unternehmen die virtuelle Realität nutzen

Teaserbild-Quelle: Paul Einerhand, unsplash

Ob für Bewerbungsgespräche, Teamanlässe oder Schulungen: Die Einsatzmöglichkeiten von Virtual Reality im HR-Bereich sind vielfältig und Unternehmen erkennen zunehmend das Potenzial der Technologie. Einige wenden sie auch an, um die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu verbessern.

VR-Brille

Quelle: Paul Einerhand, unsplash

Virtual Reality kann auch bei der Stärkung der mentalen Gesundheit der Mitarbeitenden helfen – mit Software zur Entspannung, Stressreduktion und mentalen Regeneration.

Ein Mann sitzt in einem Linienflugzeug. Die Flugbegleiterin fordert ihn freundlich dazu auf, seine Tasche im Gepäckfach zu verstauen. Der Passagier weigert sich und reagiert gereizt. «Lassen Sie mich in Ruhe», schnauzt er. Diese Szene könnte genauso stattfinden, ist aber nicht echt. Sie stammt aus einem Deeskalationstraining, das die Lufthansa mithilfe von Virtual Reality (VR) durchführt. Die Mitarbeitenden sollen sich so auf herausfordernde Situationen vorbereiten können und lernen, diese zu entschärfen. Immer mehr Unternehmen setzen auf die VR-Technologie. Sei es bei der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden, bei der Rekrutierung neuer Fachkräfte oder beim betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Virtuelle Notfallszenarien

Lisa Marie Giermindl, Professorin für Leadership und HR an der Ostschweizer Fachhochschule (OST), forscht zum Einsatz von Virtual Reality im Bereich Human Resources. Die Technologie biete viele Einsatzpotenziale, sowohl in Grossunternehmen als auch in KMU. «Die Kraft von Virtual Reality entfaltet sich durch die stimulierenden, realitätsnahen und immersiven Erlebnisse, die sie liefert», sagt die Expertin. «Sobald man sich die Brille aufsetzt, ist man von der realen Umgebung abgeschirmt und es stellt sich das Gefühl ein, im digitalen Raum präsent zu sein.» 

Einerseits erlaube dies, sofort in andere Welten einzutauchen. Andererseits lasse die Technologie auch zu, mit der virtuellen Umgebung zu interagieren. Das macht sie zu einem bedeutenden Werkzeug, wenn es um Schulungen und Trainings geht. Mitarbeitende können dadurch in einem geschützten Rahmen wichtige Erfahrungen sammeln und Fähigkeiten erwerben. Die Stadtpolizei Zürich stellt etwa Notfallsituationen mit Hilfe von VR nach. Und die SBB hat vor der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels 4500 Personen im virtuellen Raum darauf geschult, wie sie sich im Ernstfall im Tunnel verhalten sollen.

Lerneffekt ist höher

Virtual Reality eignet sich auch für technische Trainings. Gefährliche Situationen, komplexe Prozesse oder unerwartete Zwischenfälle. Die Mitarbeitenden lernen so, unter grossem Druck die richtigen Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie sich dabei einer Gefahr aussetzen müssen. «Das ist gerade in risikoreichen Berufen sehr wertvoll», sagt Giermindl, die an der OST den CAS Innovatives HR-Management leitet. 

Zur Anwendung kommt Virtual Reality immer häufiger auch bei der Mitarbeiterrekrutierung. Zum Beispiel bei Bewerbungsgesprächen. Manche Firmen nutzen zudem VR-gestützte Assessment-Center, in denen Bewerber praxisnahe Aufgaben in simulierten Arbeitsumgebungen ausführen können, oder sie bieten virtuelle Arbeitsplatzbesichtigungen an. Auch beim Einstellungsprozess neuer Fachkräfte eröffnen sich mit VR neue Möglichkeiten. So können Neueingestellte dank virtueller Treffen bereits ihre Teamkollegen oder das Unternehmen sowie Prozesse kennenlernen.

Schwimmen mit Delfinen

Eine bedeutende Rolle spielt Virtual Reality auch bei der Stärkung der mentalen Gesundheit von Mitarbeitenden. Die Zahl der Arbeitsausfälle, die auf das Konto psychischer Erkrankungen gehen, ist gestiegen. Chronischer Stress kann eine Ursache davon sein. Ein Unternehmen tut deshalb gut daran, Mitarbeitende dabei zu unterstützen, Stress abzubauen. Denn kommt es zu einem Burnout, einer Depression oder anderen Erkrankungen und damit zu Absenzen, verursacht dies hohe Kosten.

«Mit Virtual Reality ist es möglich, das mentale Hamsterrad auf Knopfdruck abzuschalten, denn unter der Brille hat man ein gesamtheitliches Erlebnis ohne Ablenkung durch die Aussenwelt», sagt Martin Koppehele, Gründer und CEO von Magic Horizons. Sein Unternehmen produziert VR-Software zur Entspannung, Stressreduktion und mentalen Regeneration. Der Nutzer kann sich die VR-Brille aufsetzen und in eine andere Welt eintauchen – sei es in ein Meer voller Delfine oder in eine weite Marslandschaft. «Eine Anwendung von fünf bis zehn Minuten reicht für einen mentalen Powernap», sagt Koppehele.

Sinnvolle Ergänzung

Doch wie wird sich der Einsatz von Virtual Reality in Zukunft entwickeln? Wird sich alles mehr und mehr in den virtuellen Raum verlagern? «Nein», sagen sowohl Martin Koppehele als auch Lisa Marie Giermindl. Virtual Reality sei als sinnvolle Ergänzung zu betrachten. Sie schaffe neue Möglichkeiten, die in der Realität gar nicht oder nur schwer umzusetzen seien. Zum Beispiel realitätsnahe Treffen zwischen Personen, die sich aufgrund weiter Distanzen nicht live sehen können. Oder eben ein entspannender Kurztrip an einen Ort, an dem man den stressigen Arbeitsalltag für ein paar Minuten vergessen kann. (Text: Ostschweizer Fachhochschule / Bearbeitung: pb)

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