Trendbericht: Fachleute raten zu mehr Durchlässigkeit bei der Berufsbildung in der Schweiz
Gegenüber dem restlichen Europa befindet sich die Schweiz mit ihrem Berufsbildungssystem zunehmend auf einem Sonderweg: In kaum einen anderen Land ist die duale Berufsbildung respektive die Lehre so stark geblieben und ist die Trennung zwischen beruflicher und akademischer Bildung so gross wie in der Schweiz, lediglich in Norwegen sind die Verhältnisse ähnlich.
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Bereitschaft zu lebenslangem Lernen wird für die Karriere immer wichtiger.
Das Schweizer Berufsbildungssystem bietet Vorteile und birgt aber auch einige Herausforderungen. Dies stellt der neue Trendbericht des Schweizerischen Observatoriums für die Berufsbildung (OBS) der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB) fest.
91 Prozent der Jugendlichen unter 25 haben einen Abschluss auf Sekundarstufe II
So zählen zu den Stärken der Schweizer Berufsbildung bis heute die hohe Praxis- und Arbeitsmarktnähe und die tiefe Jugendarbeitslosigkeit. Rund 60 Prozent der Jugendlichen absolvieren eine Lehre, das sind so viele wie in keinem anderen europäischen Land. Zudem können 91 Prozent der Jugendlichen mit 25 Jahren einen Abschluss auf der Sekundarstufe II vorweisen, ein im internationalen Vergleich sehr hoher Anteil.
Gleichzeitig ist es auch wichtig auf technologische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen zu reagieren. Zentral ist dabei die Frage nach dem idealen Verhältnis von Berufs- und Allgemeinbildung: Sie stellt sich, wenn sich Jugendliche zwischen einem gymnasialen und allgemeinbildenden oder einem berufsbildenden Weg entscheiden müssen. Aber auch innerhalb der Berufsbildung stellt sich die Frage: Manche Berufslehren weisen einen doppelt so Anteil Schule auf wie andere. Abgesehen davon ist die Berufsmaturität je nach Beruf und Kanton sehr unterschiedlich verbreitet.
Lebenslanges Lernen wichtig für den Beruf
Während sich die Berufswelt strukturell wandelt, wird lebenslanges Lernen immer wichtiger – und damit auch die Fähigkeit, sich an neue berufliche Gegebenheiten anzupassen können.
Dieser Wandel schlägt sich laut dem Trendbericht auch in dem Umstand nieder, dass es mehr Lernende in dualen Berufslehren mit einem höheren Schulanteil gibt. Dies wiederum kann zu einem Zielkonflikt führen: Wer häufiger zur Schule geht, fehlt auch vermehrt im Lehrbetrieb, wodurch sich wiederum das betriebliche Kosten-Nutzen-Verhältnis verschlechtert. - Die Autoren des Trendberichts raten, die Weiterbildungskompetenzen angehender junger Berufsleute zu fördern.
Zudem sprechen sie sich für eine offene Debatte über die Zukunft und das Optimierungspotenzial des schweizerischen Bildungssystems aus. Insbesondere über die Durchlässigkeit zwischen Berufs- und Allgemeinbildung. Sie liesse sich laut den Autoren noch erhöhen, wie ein Blick in die Nachbarländer zeige. Dabei gelte es auch über zusätzliche Bildungsangebote auf der Sekundarstufe II nachzudenken. Dies, um Jugendlichen eine Alternative bieten, wenn sie in der beruflichen Grundbildung keinen Erfolg hatten. (mgt/mai)
Lesetipp: Trendbericht zum Download als PDF auf www.ehb.swiss