16:18 MANAGEMENT

Teilzeitarbeit: Lösungsmodelle statt Einzellösungen

Teaserbild-Quelle: Barbara Rimml

Was tun, um Teilzeitarbeit im Unternehmen zu fördern? Im Rahmen der Teilzeitförderprojekte besucht der externe Berater Michael Weber derzeit zwölf Unternehmen, die sich mit dieser Frage beschäftigen. Bericht über einen Besuchstag vor Ort.

Von Barbara Rimml *

Meine Hauptmotivation ist der Erhalt von Fachkräften», erklärt Roland Bucher seine Teilnahme an den Teilzeitförderprojekten. Der Geschäftsleiter der Buhler Maler und Gipser AG sitzt auf einem roten Stuhl in seinem hellen Büro im aargauischen Turgi und beschreibt die Situation in seinem Unternehmen und in der Branche.

Michael Weber, externer Berater der Teilzeitförderprojekte, hört zu, macht sich Notizen, stellt Fragen. Er besucht die teilnehmenden Unternehmen vor Ort und bespricht mit ihnen die Ausgangslage und die weiteren Schritte. «Es geht auch um die Männer, nicht nur um die Frauen», betont Bucher. Die Jungen wollten heutzutage nicht mehr das ganze Leben lang Vollzeit arbeiten, sagt der 58-jahrige Unternehmer. Aber wenn jemand eine gute Teilzeitstelle habe, dann sei auch die Bindung zum Unternehmen grosser, ist Bucher überzeugt.

Für den Unternehmer, der aus der Immobilienbranche kommt und den bald 125-jährigen Traditionsbetrieb seit sieben Jahren führt, ist Teilzeitarbeit auch für Projekt- oder Bauleiter machbar. Zu 80 Prozent, darunter werde es schwierig. «Von Unternehmerseite her ist Teilzeit eine Frage der Organisation und der Einstellung », sagt Bucher.

Aktuell beschäftigt die Buhler Maler und Gipser AG im Gipserbereich 17 und in der Malerei 15 Mitarbeitende. Davon arbeitet eine Person Teilzeit, ein Maler, der aus gesundheitlichen Gründen nur noch 40 Prozent arbeiten darf. Das funktioniere gut, der Maler organisiere die Rückreise von der Baustelle selbst, sagt Bucher. Ansonsten gebe es in der Belegschaft momentan keine Nachfrage nach Teilzeitarbeit.

Der Unternehmer will deshalb vor allem bei zukünftigen Vakanzen Teilzeitstellen schaffen. Ihm schwebt eine Zielgrösse von 20 bis 25 Prozent Teilzeitbeschäftigten vor. Denn mit einem gewissen Bestand an Teilzeitbeschäftigten sei man flexibler, ist er überzeugt. Doch, und hier sieht Bucher die grosse Herausforderung: Wo und wie die teilzeitinteressierten Fachkräfte suchen, die die Branche bereits verlassen haben?

Arno Matter (rechts) im Gespräch mit Michael Weber

Quelle: Barbara Rimml

Welche Teilzeitmodelle für welche Bedürfnisse? Arno Matter (rechts) im Gespräch mit Michael Weber, externer Berater der Teilzeitförderprojekte.

Unterschiedliche Teilzeitbedürfnisse

Freiheit, Familie, Gesundheit, Alter und «Luxus» − das sind für Matter die wichtigsten Grunde der Arbeitnehmenden, die Teilzeit arbeiten wollen. Während man mit den Freiheitsliebenden vielleicht eine saisonale Losung finden könne, seien Teilzeitbeschäftigte mit Familie zeitlich wenig flexibel, da müsse alles «knallhart» organisiert sein.

Das weiss der zweifache Vater, der seit März Familienaufgaben übernommen hat und an drei Tagen jeweils erst später zur Arbeit kommen kann, aus eigener Erfahrung. Momentan arbeiten von den 26 Malern und Malerinnen zwei Teilzeit, darunter ein Vater, der 60 Prozent – von Montag bis Mittwoch – anwesend ist. Eine Ergänzung im Sinne eines Jobsharing-Modells – also der Aufteilung einer Vollzeitstelle auf zwei Personen – wäre hier gut, findet der Unternehmer. Bei künftigen Vakanzen mochte er Teilzeitstellen schaffen. Und auch Altersteilzeit werde in den nächsten Jahren im Unternehmen ein Thema sein.

Am Ende der Besprechungen legt Berater Weber mit den Unternehmern das weitere Vorgehen fest und wo seine konkrete Unterstützung in der Umsetzung gefragt ist. Arno Matter will in einem ersten Schritt verschiedene Teilzeitmodelle und entsprechende Rahmenbedingungen ausarbeiten und diese in einem zweiten Schritt anbieten und vermarkten.

Roland Bucher wird ein Teilzeitstelleninserat auf der Firmenwebsite aufschalten, damit dieses in den Stellenangeboten der Suchmaschine teilzeitkarriere.ch aufgenommen wird. Zudem will Bucher mit Mitarbeitenden weiterüberlegen, wie teilzeitinteressierte Fachkräfte gefunden werden können. Eine Frage, die das Projekt Teilzeitbau noch weiter beschäftigen wird.

*Barbara Rimml ist Autorin und Fotografin sowie Leiterin des Projekts «Teilzeitbau». Der Artikel erschien zuerst im Magazin des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmerverbandes «Applica» vom 16. Novemer 2019.

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