Studie der HSLU: Wie sich Sharing für Firmen lohnt
Sharing-Plattformen für Alltagsgegenstände gibt es zuhauf. Doch für das Teilen von Werkzeugen und Geräten im Umfeld von Unternehmen sind Angebote rar. Ein Forschungsteam der Hochschule Luzern (HSLU) und der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) hat untersucht, wie sich das Teilen unter Firmen erleichtern lässt - und lanciert die schweizweit erste KMU-Sharing-Plattform.
Quelle: Alexas Fotos, Pixabay-Lizenz
Sharing für Unternehmen: Damit auch andere ein Stück vom Keks abbekommen - oder vielmehr eine teure Maschine nutzen können.
Geteilt wird schon lange. Lange bevor unter dem Begriff
„Sharing Economy“ neuartige Geschäftsmodelle entstanden sind. „Diese
Geschäftsmodelle beschränken sich weitestgehend auf den privaten Bereich“, sagt
Uta Jüttner, Dozentin und Projektleiterin an der HSLU. Wie sie
weiter ausführt, gibt es in der Unternehmenswelt kaum institutionalisierte
Prozesse und etablierte Plattformen, die das Teilen unter Firmen erleichtern
würden. Dies, obwohl Sharing-Angebote Unternehmen ähnlich wie
Privatpersonen helfen, eine Ressource zu nutzen, auf die sie aus Kostengründen
sonst keinen Zugriff hätten. Dies wiederum ermöglicht es Firmen,
Dienstleistungen oder Produkte anzubieten, die für sie sonst nicht möglich
wären. Ausserdem suchen KMU im Zuge des zunehmenden internationalen
Wettbewerbsdruck nach Alternativen zum „Make-or-Buy“, das heisst zum Kauf oder
zur Herstellung eines benötigten Geräts.
„Viele Firmen hätten einen grossen Anreiz, gewisse
Gerätschaften mit ihren Mitbewerbern zu teilen, anstatt alles selbst
anzuschaffen“, meint Jüttner. - Wie das Teilen für Firmen zielgerichtet und
strukturiert unterstützt werden könnte untersucht ein interdisziplinäres
Forschungsteam aus Betriebsökonominnen, Ingenieuren und Psychologinnen im
Rahmen Forschungsprojekts „KMU Sharingmarket“ der HSLU und der FHNW.
Informelle Sharing-Möglichkeiten schnell ausgeschöpft
„Unsere Forschung hat gezeigt: Gerade KMUs sind bereits ganz
gut darin, untereinander Material und Gegenstände auszuleihen“, erklärt
Sebastian Huber, ebenfalls HSLU-Dozent und Projektmitarbeiter. Wie er weiter
ausführt, läuft solches allerdings „ganz intuitiv und informell“: Braucht man
einen zusätzlichen Handwagen, fragt man die Firma nebenan. Die Krux daran: Diese
Form des Teilens stösst schnell an ihre Grenzen. Denn oft sind Maschinen und
Geräte von Unternehmen: „Wenn solche Geräte geteilt werden, stellen sich
zwangsläufig zusätzliche Fragen, beispielsweise zur Haftung oder zur
Versicherung“, sagt Huber.
Damit sich Angebot und Nachfrage finden
Damit Sharing unter Unternehmen möglich wird, müssen sich
auch Angebot und Nachfrage finden. „Den eigenen Bedarf und die Verfügbarkeit
von Ressourcen offen zu legen, ist entscheidend und oft schon die erste Hürde
im B2B-Sharing“, sagt Huber. Und: Wie das Forschungsprojekt zeigt, müssen
Beteiligte Unternehmen müssen auch ein gemeinsames organisatorisches
Verständnis von Teilen haben. Damit stellt sich auch die Frage, ob das Sharing
möglichst anonym und nachfragebasiert oder persönlich und partnerschaftlich
abgewickelt soll.
Auch muss der Umfang der externen Unterstützung geklärt
sein: Wie geschieht sie? Mittels einer Plattform oder eines Dienstleisters?
Zudem bedarf es einiger Vereinbarungen, wenn Geräte ausgeliehen werden. Vor
allem, was Transport, Versicherung und Kosten betrifft. Dabei muss für
Unternehmen laut Huber aus dem Sharing „gar nicht zwingend direkt ein Gewinn
resultieren, der Aufwand muss sich aber am Schluss dennoch lohnen.“
Sharing und CO2-Fussabdruck
In der Logistikbranche und in grösseren Produktionsfirmen
mit hohem Energiebedarf werden die ökologischen Potenziale des Sharing von
betrieblichen Ressourcen mit hohem CO2-Fussabdruck bereits seit einiger Zeit
ausgewiesen. Bei solchen Unternehmen und Branchen weckt dies laut Jüttner ein
besonderes Interesse an Sharing. Die durch Sharing enger werdende
Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, bis hin zum gegenseitigen Ausleihen von
Mitarbeitenden, stärke den sozialen Zusammenhalt und erhöhe die
unternehmerische Flexibilität in einem zunehmend unsicheren Geschäftsumfeld, so
die Expertin. (mai/mgt)
Toolbox für Firmen, die erste KMU-Sharing-Plattform kmusharingmarket.ch und ein Start-up
Um den Unternehmen die Teilnahme an der Sharing Economy zu
erleichtern, hat das Forschungsteam eine prozessorientierte Toolbox mit vier
praktischen Instrumenten erstellt:
- Sharing-Ressourcenpotenzial ermitteln
- Sharing-Organisationsform identifizieren
- Sharing-Vereinbarung
- Erfolgsmessung und Partnerbewertung.
Zudem ist aus dem Forschungsprojekt das Start-up „Sharing Corp.“ entstanden, das noch diesen Frühling die erste branchenunabhängige B2B-Sharing-Plattform für Schweizer KMU - https://kmusharingmarket.ch - lanciert. Sie soll die Möglichkeiten, die Sharing bietet, und die Forschungsergebnisse der HSLU-Studie einem breiten Kreis von Unternehmen in der Schweiz zugänglich machen. Wie Carla Kaufmann, Mitgründerin von Sharing Corp., erklärt, seien die Toolbox und die Sharing-Prozesse, die die HSLU und die FHNW entwickelt haben, bereits in der Praxis validiert und bilden die Grundlage für https://kmusharingmarket.ch. (mgt)