Nico Lutz: «Hitzesommer: Gemeinsam ist besser als einsam»
Nico Lutz ist Mitglied der Geschäftsleitung der Gewerkschaft Unia und schreibt in seiner Kolumne über Bauarbeiter, die unter extremer Hitze arbeiten müssen. Er schlägt ein gemeinsames Vorgehen der Verbände vor, die zusammen mit Kanonen und dem Bund einen frühzeitigen Arbeitsbeginn und -abschluss garantieren sollen.
Quelle: Unia
Nico Lutz ist Mitglied der Geschäftsleitung der Gewerkschaft Unia.
Es kommt immer mal wieder vor, dass die Gewerkschaften und der Schweizerische Baumeisterverband nicht gleicher Meinung sind. Darum ist es wichtig festzuhalten, wo eine Einigkeit besteht. Bernhard Salzmann, der Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes, hat in seiner Kolumne vom 15. September 2023 geschrieben, dass Bauherren – gerade auch öffentliche – bei der vergangenen Hitzewelle nicht überall gut gehandelt haben.
Damit sind die Gewerkschaften vollumfänglich einverstanden. Weder geht es, dass die Bauarbeiter bei grösster Hitze weiterarbeiten müssen, noch ist es in Ordnung, wenn nach Arbeitseinstellungen aufgrund von Gluthitze die Endtermine nicht angepasst werden. Weder die Firmen noch die Bauarbeiter sollen den Kopf für die Folgen des Klimawandels hinhalten müssen. Es braucht eine Anpassung der Endtermine, wenn die Arbeiten eingestellt werden. So weit so gut.
Etwas erstaunlich ist dann, wenn der Mediensprecher des gleichen Schweizerischen Baumeisterverbandes ein paar Wochen zuvor öffentlich verkündet, es gäbe gar kein Problem. Die Bauarbeiter würden halt ein wenig früher anfangen und wären am Nachmittag um drei Uhr, wenn das Thermometer über 30 Grad steige, eh alle im Schwimmbad. Vermutlich wohnt dieser Mediensprecher auf einem anderen Planeten.
Bernhard Salzmann weist darauf hin, dass der Baumeisterverband auf die Gemeinden zugegangen sei mit der Aufforderung, dass die Bauarbeiten am Morgen früher begonnen werden können. Der Erfolg sei mässig gewesen. Schade. Die Gewerkschaft Unia hatte im Frühling vorgeschlagen, gemeinsam gegenüber den Kantonen und Gemeinden aktiv zu werden. Die Überlegung war: Mit einer breit abgestützten Forderung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, von links bis rechts sollte es möglich sein, rasche Resultate zu erzielen.
Leider war der Baumeisterverband nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen bereit. Zugegeben: Es braucht etwas geistige und emotionale Flexibilität sowohl konfliktive Themen wie die Vertragsverhandlungen und gemeinsame Anliegen parallel miteinander zu diskutieren. Das ist für alle Beteiligten immer wieder eine Herausforderung. Die gemeinsamen Themen liegen aber auf der Hand: Wenn die Firmen wegen der Gluthitze einstellen, dann müssen Bauherren akzeptieren, dass die Endtermine entsprechend verschoben werden. Die heute existierende Schlechtwetterversicherung zahlt theoretisch auch bei Hitze. Die Abrechnungsmodalitäten sowie die bürokratischen Hürden verhindern aber in der Praxis, dass Firmen im Sommer einen Ausfall geltend machen. Auch das muss sich ändern. Und es ist für die Firmen, die Bauherren und die Bauarbeiter am besten, wenn es möglichst klare Kriterien gibt, wann die Arbeit im Freien an der prallen Sonne eingestellt werden muss.
In mehreren Kantonen haben die Gewerkschaften und lokalen Baumeisterverbände gemerkt, dass gemeinsam wirkungsvoller ist als einsam. In den regionalen Verträgen im Tessin, im Wallis, in der Waadt und in Fribourg haben sich die Sozialpartner auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Auf nationaler Ebene haben wir jetzt noch ein paar Monate Zeit, gemeinsam vorwärtszumachen. Damit die Situation in der Sommerhitze 2024 für die Firmen und für Bauarbeiter besser ist als dieses Jahr.