Demographischer Wandel und Fachkräftemangel: Schweizer Unternehmen tun sich schwer
Von Gen Z bis Babyboomer: Oft sind in einem Unternehmen vier oder mehr Generationen tätig. Allerdings tun sich Schweizer Arbeitgeber schwer damit, ihre Zusammenarbeit zu fördern und altersgerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen, um Angestellte langfristig zu halten. So fordern zum Beispiel auch Erwerbstätige mehr Flexibilität. Dies zeigt eine Studie der Hochschule Luzern (HSLU).
Quelle: David Siglin, Unsplash
Nach wie vor tun sich viele Unternehmen mit den Herausforderungen des demographischen Wandels schwer. Zum Beispiel, in dem sie Fachkräfte über das Pensionsalter hinaus behalten.
Der demographische Wandel macht Schweizer Arbeitgebern zu schaffen: Dass sich nach der Pensionierung geburtsstarker Generationen grosse Lücken bilden, ist eine der Herausforderungen. Hinzu kommen noch im Zuge des Fachkräftemangels zahlreiche nicht besetzte Stellen. Unternehmen sind deshalb gefordert, etwa indem sie auf die Bedürfnisse jüngerer und älterer Generationen eingehen, den Wissensaustausch und die Zusammenarbeit unter den Generationen fördern oder ältere Angestellte auch über das Rentenalter hinaus beschäftigen.
Dass bei der
Umsetzung solcher Massnahmen aber nach wie vor Handlungsbedarf besteht,
zeigt eine breit angelegte Erhebung der HSLU: Ein Forschungsteam hat
untersucht, wie Schweizer Unternehmen im Bereich Generationenmanagement
aufgestellt sind. Befragt wurden sowohl Arbeitgeber als auch
Arbeitnehmer in 57 Grossunternehmen und 206 KMU. Durchgeführt wurde die
Untersuchung dieses Jahr zum zweiten Mal, die erste fand 2019 statt.
Wie die Umfrage zeigt, ist das Problem fehlender Arbeitskräfte in allen Unternehmen seit 2019 grösser geworden. Vor diesem Hintergrund hat auch das Generationenmanagement an Bedeutung gewonnen: 92 Prozent der befragten Grossunternehmen und 75 Prozent der KMU erachteten dieses als «wichtig» oder «sehr wichtig», schreibt die HSLU in ihrer Medienmitteilung.
Unterschiede zwischen Grösseren Unternehmen und KMU
Grössere Unternehmen sehen laut der
Untersuchung den Nutzen vor allem in der Steigerung ihrer
Arbeitgeberattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit – eine Tendenz, die
sich mit der anhaltenden Suche nach Fachkräften verstärkt habe. Derweil
wollen KMU in erster Linie den Verlust von Wissen durch den Austritt
älterer Mitarbeitenden vermeiden. Dennoch gibt nur ein Bruchteil der
Unternehmen an, dass ein Wissenstransfer zwischen den Generationen auch
stattfindet. «Es werden nach wie vor erst wenige Massnahmen umgesetzt.
Diesbezüglich hat sich in den letzten vier Jahren wenig getan», sagt
Studienleiterin Anina Hille der Hochschule Luzern. Beispielsweise bildet
nur rund ein Drittel der Befragten bewusst altersgemischte Teams.
Die Offenheit, Arbeitskräfte über das Rentenalter hinaus weiter zu beschäftigen, besteht aber. Gut ein Viertel der befragten Grossunternehmen sowie die Hälfte der befragten KMUs, die vom Fachkräftemangel betroffen sind, beschäftigen bereits Personen im Rentenalter. «Damit das langfristig funktioniert, müssen sie in der Umsetzung aber noch stärker auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden eingehen», so Hille. «Es gilt, die Arbeitsbedingungen flexibel und altersgerecht zu gestalten.»Flexibilität sei nämlich nicht nur ein Bedürfnis der Generation Z. Denn wie die Umfrage zeigte, wünschen sich ältere Arbeitnehmende, die über ihre Pensionierung hinaus arbeiten, ebenfalls mehr örtliche und zeitliche Flexibilität und eine Reduzierung des Pensums.
Sowohl Jüngere als auch Ältere wünschen sich mehr Flexibilität
Nur eine Minderheit der befragten Arbeitgeber stellt bewusst ältere Personen ein. Zudem hat die Studie untersucht, ob bei Neueinstellungen jüngere Personen mit gleichen Qualifikationen bevorzugt werden. Von jenen Befragten, die Generationenmanagement als wichtig erachten, geben 37 Prozent der Grossunternehmen und 45 Prozent der KMUs an, dass dies zumindest teilweise zutrifft. Trotzdem schätzen ältere Personen ihre Chancen, einen neuen Job zu finden, nicht mehr signifikant schlechter ein als jüngere Personen. Damit schliesse sich die Lücke, die bis anhin zwischen der Wahrnehmung jüngerer und älterer Generationen bestanden habe, schreibt die HSLU.
Befragt nach der generellen
Befindlichkeit zeigt sich, dass Ältere zufriedener sind mit ihrer
aktuellen Arbeitssituation als Jüngere. Die Themen Zeitdruck und Stress
sind jedoch in allen Generationen sehr präsent: So gibt nur ein Drittel
der Befragten an, sehr zufrieden mit Arbeitsmenge, -volumen und -pensum
zu sei. 80 Prozent der Befragten ist es zudem wichtig oder sehr wichtig,
nicht rund um die Uhr erreichbar zu sein. Solche Bedürfnisse sollten
Unternehmen ernst nehmen, sagt Hille. «Wer Handlungsfelder frühzeitig
erkennt, kann seine Attraktivität als Arbeitgeber deutlich steigern und
so einem Arbeitskräftemangel aktiv entgegentreten.» (mgt/mai)
Das Generationenbaromter
Das
Generationenbarometer der Hochschule Luzern (HSLU) und ihrer Umsetzungspartner
Haute Ecole d'Ingénierie et de Gestion du Canton de Vaud und
«loopings.ch» zeigt, wie aktiv Schweizer Arbeitgeber die
Generationenvielfalt nutzen und mittels Generationenmanagement dem
demographischen Wandel und dem Fachkräftemangel begegnen.
Das Generationenbarometer wurde von der HSLU im Rahmen der Fachkräfteinitative des Seco entwickelt und wird von ABB, Bank Julius Bär, Credit Suisse AG, Helvetia Versicherungen, Hotel Waldhaus Sils, Metall Zug, SwissRe, V-Zug und der Zürcher Kantonalbank unterstützt.
Zusätzlich
wird im Rahmen des Generationenbarometers erhoben, welche Schweizer
Unternehmen im Bereich Generationenmanagement am fortschrittlichsten
unterwegs sind. 2023 sind dies Maxon, die Migros Industrie und die
Schweizerische Post auf der Seite der Grossunternehmen, sowie die
Basellandschaftliche Kantonalbank, Seilerei Herzog und die BWO Systems
AG auf Seiten KMU. (mgt)
Weitere Informationen zum Generationenbarometer und die ganze Studie zum Download gibt es hier.