08:23 MANAGEMENT

Chefsache mit Michel Bohren: «Ich will im Driver Seat sitzen»

Teaserbild-Quelle: zvg

«Wer die Richtung vorgibt, der trägt auch die Verantwortung», sagt Michel Bohren, Geschäftsführer der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB). In der Interview-Serie «Chefsache» nimmt er Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung.

Michel Bohren CRB Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung

Quelle: zvg

Michel Bohren ist Geschäftsführer der Schweizerischen Zentralstelle für Baurationalisierung (CRB). Die CRB ist das Kompetenzzentrum für Standards in der Bau- und Immobilienwirtschaft.

Wie lautet Ihr allerwichtigster Führungsgrundsatz?
Michel Bohren: Ich vertraue meinen Mitarbeitenden und bin offen.

Was macht Sie zu einem guten Chef?
Die vier M: Man muss Menschen mögen…

Wie gehen Sie mit Kritik um?
Kritik im Sinne von Feedback ist anregend, aber ich bin anstrengend. Kritik soll konkret sein, aus einer Situation heraus kommen. Sie soll persönlich sein, ein echtes Anliegen ausdrücken und auch mit einer Emotion verbunden sein. Und dann soll sie mir auch aufzeigen, wie ich es denn besser machen sollte. Auch ich versuche, Feedback so zu geben. Und ich bin ganz ehrlich: Ich habe Kritik nicht gerne, es ist jedes Mal ein kleiner Schock.

Wie fördern Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich gestalte den Rahmen und die Struktur für höchste Performance und lasse den Mitarbeitenden maximalen Gestaltungsspielraum. Bei ihrer Entwicklung begleite ich sie.

Wollten Sie schon immer Chef werden? Weshalb oder weshalb nicht?
Einerseits ja, ich wollte schon im Driver Seat sitzen. Andererseits nein, ich wollte die Verantwortung, die exponierte Stellung, nicht. So habe ich lange aus dem Hintergrund geführt. Es war ein Prozess der Reifung, diese zwei Aspekte zusammenzubringen. Wer die Richtung vorgibt, wer im Driver Seat ist, der trägt auch die Verantwortung: für Menschen, für Wirtschaftlichkeit, für die Umwelt, für das grosse Ganze!

Bei welchen wichtigen Entscheiden haben Sie sich schon einsam gefühlt?
Häufig geht es ja viel mehr um die Wahl von Optionen oder das Vereinbaren von Lösungen. Der Chef ist dann Moderator oder Coach – die Weichen werden im Team gestellt. Bei «echten» Entscheidungen wird aber zwischen Pech oder Schwefel entschieden. Ganze Geschäftsbereiche schliessen und Mitarbeitende entlassen oder zu riskieren, das ganze Unternehmen dicht machen zu müssen. Bei einer solchen Entscheidung fühlte ich mich schon sehr einsam.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage der Bauwirtschaft ein?
Hohe Volumen, hohe Auftragsbestände bei enormem Preisdruck. Kaum Entwicklung in der Produktivität, viele Unternehmen sind nicht wirklich profitabel. Eigentlich ein Paradoxon: Bei diesen Auftragsbeständen müssten die Preise hoch und die Profitabilität gut sein. Die hohe Regulierung könnte die Ursache dafür sein, insbesondere, da auf negative Auswirkungen der Regulierung häufig eine weitere Regulierung folgt. Da ist nicht nur die Politik gefordert – die Bauwirtschaft hat es sich ganz gut eingerichtet im hochregulierten und dadurch auch geschützten Umfeld.

Sehen Sie in der Digitalisierung eine Chance oder eine Gefahr?
Die Digitalisierung ist eine Chance. Sie kann die bis heute verpasste Produktivitätssteigerung in der Branche ermöglichen. Dies wird gelingen, wenn Industrie, Technologie und Politik Hand in Hand arbeiten. Ansätze dazu sind sichtbar, allerdings wird es ein steiniger, schweisstreibender und schmerzhafter Weg.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Image der Baubranche zu verbessern?
Stetiges Arbeiten an Integrität, Vertrauen und Transparenz oder neudeutsch Compliance!

Was wünschen Sie der Schweiz?
Wirklich grosse, parteienübergreifende Würfe, wie sie in der Vergangenheit möglich waren. Es bringt zum Beispiel nichts, Plattform-Lösungen wie Uber oder Airbnb über mehr oder weniger konstruierte Argumentationsketten in die gängige Regulierung einzubinden und damit Innovation zu erschweren. Ich wünsche mir die Offenheit, solche Entwicklungen als neue Geschäftsmodelle zu verstehen und sie mit neuen, sinn- und massvollen Regulierungen einzubinden.

Wie bringen Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut?
Kein Entweder-oder. Ich habe eher den Luxus, dass ich gerne überall mehr Zeit investieren würde. Es ist ein ständiges neues Aushandeln mit mir selbst: mehr Stunden für die Arbeit, mehr Zeit mit der Familie, Freunde treffen, Zeit für mich ganz allein. Da habe ich eine klare Haltung: Wer unter einem Zuviel an Beruf leidet, macht den falschen Job.

Wo können Sie wirklich abschalten?
Immer, überall, jederzeit. Was ich auch mache, ich bin mit der ganzen Energie und vollem Fokus präsent. Wenn ich also Zeit mit meiner Familie, mit Freunden oder auch ganz allein verbringe, sind meine Gedanken nicht bei der Arbeit. Sollte mich bei der Arbeit etwas übermässig beanspruchen, dann widme ich mich dem – voll und ganz. Anschliessend nehme ich mir wieder Zeit, um zu regenerieren. (stg)

Chefsache

In der Interview-Serie «Chefsache» nehmen bekannte Exponenten der Bauwirtschaft in loser Folge Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die gleichen 20 Fragen, von denen sie zwölf auswählen und schriftlich beantworten können.

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