Chefsache mit Diana Gutjahr: «Kritikfähigkeit ist lernbar»
Kritik und konstruktive Feedbacks seien der Grundstock für eine Weiterentwicklung, sagt Diana Gutjahr, Präsidentin der Stahlpromotion Schweiz und Mitinhaberin der Ernst Fischer AG. In der Interview-Serie «Chefsache» nimmt sie Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung.
Quelle: zvg
Diana Gutjahr ist Präsidentin der Stahlpromotion Schweiz und Mitinhaberin des Thurgauer Stahl- und Metallbauunternehmens Ernst Fischer AG. Seit 2017 sitzt sie als SVP-Vertreterin im Nationalrat.
Wie lautet Ihr allerwichtigster Führungsgrundsatz?
Diana Gutjahr: Mitarbeiter motivieren, unterstützen und fordern.
Was macht Sie zu einer guten Chefin?
Auch wenn ich unregelmässig im Geschäft bin, versuche ich, für unsere Mitarbeitenden in jeglicher Lebenslage und Frage da zu sein. Da kann es auch sein, dass ich jemandem die Steuererklärung ausfülle, im Gegenzug hat der Mitarbeitende diese Last nicht zu tragen. Es ist – wie in jeder Lebenslage – ein Geben und Nehmen.
Was glauben Sie, was sagen Ihre Mitarbeiter über Sie?
Hart und konsequent in der Sache, aber stets fair im Ton.
Wie gehen Sie mit Kritik um?
Ich habe im Sport gelernt, dass Kritik und konstruktive Feedbacks der Grundstock für eine Weiterentwicklung sind. Kritikfähigkeit ist lernbar, das versuche ich auch unseren Mitarbeitenden zu vermitteln.
Wie fördern Sie Ihre Mitarbeiter?
In dem man sie dazu anstösst, mitzudenken und Lösungen zu entwickeln, ihnen aber auch gewisse Freiheiten in den Entscheidungen lässt. Wir motivieren unsere Mitarbeiter, sich fortwährend weiterzubilden, und fördern aktiv Kurse und Schulungen. Mitarbeiter, die sich laufend der neuen Zeit und Technologien anpassen, erwarten auch in fortgeschrittenem Alter durch ihre Flexibilität keine Existenzängste. Das leben wir in unserer Unternehmung seit Jahren sehr erfolgreich.
Wollten Sie schon immer Chefin werden? Weshalb oder weshalb nicht?
Ja, mir war schon als junges Mädchen klar, dass ich gerne mal die Unternehmung übernehmen möchte. Entscheide zu treffen und Verantwortung zu tragen, das habe ich von meinen Eltern mit auf den Weg bekommen.
Darf ein Chef oder eine Chefin auch Schwächen zeigen? Warum?
Ja selbstverständlich wir sind alle nur Menschen. Fehler zugeben zu können, ist eine Stärke, die vielen fehlt.
Wie schätzen Sie die aktuelle Lage der Bauwirtschaft ein?
Aktuell leben wir noch von den Aufträgen, die vor längerer Zeit projektiert und finanziert wurden. Ich erwarte einen Rückgang im Neubaubereich, doch es wird vermehrt Sanierungen und Umbauten geben. Dies ist insbesondere auf politische Entscheidungen zurückzuführen, wo die Verdichtung nach innen gefordert wird.
Sehen Sie in der Digitalisierung eine Chance oder eine Gefahr?
Jede Gefahr ist immer auch eine Chance. Digitalisierung bietet Potenzial, Prozesse noch schlanker zu gestalten. Dafür sind wir bei der Datenübertragung und den Speicherkapazitäten oft Dritten ausgeliefert. Dort sehe ich aktuell die grösste Gefahr von Cyber-Angriffen, die eine ganze Unternehmung lahmlegen können. Hier müssen wir dringend bessere Lösungen haben.
Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Image der Baubranche zu verbessern?
Ich denke, die Baubranche hat heute schon ein gutes Image. Es wäre wünschenswert, der Bauherrschaft vermehrt aufzuzeigen, dass höhere Qualität auch ihren Preis hat. Das hält uns aber nicht davon ab, laufend Innovation und Entwicklungen aufzuzeigen. Insbesondere im energetischen Bereich hat die Baubranche einiges dazu beigetragen, und das vielfach ohne Gesetze und Vorgaben. Auch wenn es um die Integration von schwächeren Mitarbeitenden geht, bietet diese Branche Hand und Lösungen. Es liegt an uns, diese Beispiele vermehrt sichtbar zu machen.
Welche Probleme sollte die Politik sofort angehen?
Die strukturelle und nachhaltige Sanierung und Sicherung unserer Altersvorsorge. Aber auch den Abbau von unnötigen und wirtschaftsschädlichen Regulierungen, indem zum Beispiel endlich das Prinzip «one in, two out» eingeführt wird. Leider wurde ein solcher Vorstoss während meiner Amtszeit bereits zweimal und das unverständlicherweise abgelehnt.
Was wünschen Sie der Schweiz?
Durchsetzungskraft gegen äussere Einflüsse und mehr Beharrlichkeit in Uranliegen. Leider geben wir teilweise zu schnell nach und lassen uns zum Spielball machen. Dabei müssen wir das hart Erschaffene unserer Ur-Ur-Grosseltern verteidigen und somit unsere schöne Heimat schützen.
Welche Fähigkeiten möchten Sie besitzen?
Mehrere Sprachen zu sprechen. Heute bereitet mir das Erlernen einer Sprache viel mehr Mühe als noch vor 10, 15 Jahren. Schade, dass ich diese Einsicht nicht schon früher hatte.
Als welches Tier würden Sie gerne ein zweites Mal leben?
Als Katze bei meinen Eltern.
Wie bringen Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut?
Indem ich mich gut organisiere und auf den grossen Rückhalt der Familie zählen kann. Ohne diese Aufgabenteilung wäre ein Engagement in diesem Umfang nie und nimmer möglich. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Wo können Sie wirklich abschalten?
Sport bereitet mir grosse Freude und Spass. Sei es beim Joggen in der Natur, wo ich meine Gedanken abschalten kann, oder beim Fitnesstrainig, wo ich meine Kraft einsetzen kann. Eine meiner grossen Leidenschaften ist auch das Tennis, wozu ich leider nicht mehr viel Zeit habe, da ich hier auf eine Partnerin beziehungsweise einen Partner angewiesen bin. Deshalb bevorzuge ich aktuell Einzelsportarten, wo ich zeit- und örtlich ungebunden bin. (stg)
Chefsache
In der Interview-Serie «Chefsache» nehmen bekannte Exponenten der Bauwirtschaft in loser Folge Stellung zu Fragen rund um das Thema Führung. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten die gleichen Fragen, die sie schriftlich beantworten können.