Besserer Gewässerschutz für Mensch, Flora und Fauna
Trockene Sommer mit heftigen Niederschlägen und mehr
Hitzetagen – so lautet die Prognose von Meteorologen für die Zukunft. Starkniederschläge und lange
Trockenperioden sind bereits jetzt Realität. Die Siedlungsentwässerungen
stossen dabei an ihr Limit, die Fliessgewässer riskieren den Verlust an
Biodiversität.
Quelle: Redaktionsarchiv
Nach starken Regenfällen traten im August 2007 zahlreiche Bäche und Flüsse über die Ufer. Das Hochwasser überflutete zahlreiche Ortschaften (im Bild Laufen) und unterbrach wichtige Verkehrsverbindungen.
Die Wetterkapriolen des vergangenen Jahres haben es wieder
bewusst gemacht: Die globale Erwärmung ist Realität und das Wettergeschehen ist
unvorhersehbarer denn je. Die Meteorologen können zwar immer genauer
voraussagen, welche Temperaturen zu erwarten sind, ob es regnen oder schneien
wird, ob es stürmt oder wochenlange Dürrezeiten zu erwarten sind. Aber
plötzlich auftretende Starkniederschläge in Extremwetterlagen sind meistens nur
sehr kurzfristig zu orten. Sie bergen die höchsten Gefahren.
Das Wetter wird seit langem beobachtet und registriert. Die
globale Analyse des sechsten Weltklimaberichts des IPCC (Intergovernmental
Panel on Climate Change) zeigt gegenüber den Jahren 1850 bis 1900 eine
Erwärmung von einem Grad Celsius, eine Zunahme der zehnjährigen
Extrem-ereignisse um 30 Prozent sowie eine Erhöhung der Intensität um 6,7
Prozent.
«Die Aufzeichnung der Starkniederschlagsereignisse von 1901
bis 2016 zeigt eine eindeutige Erhöhung der Anzahl und Intensität. Und sie
werden mit fortschreitender Erwärmung noch deutlich häufiger und intensiver
werden», warnt Jan Rajczak, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Meteo Schweiz,
des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie, auf dem Burgdorfer
Abwassertag. Er ist Koordinator des Projekts «Klimaszenarien Zukunft».
Die schweizweite mittlere Jahrestemperatur war früher sehr
variabel. Die Analyse zeigt eine signifikante Erwärmung seit den 80er-Jahren.
Besonders in den letzten Jahren wurden Maximalwerte erreicht. Auch die
Tagessummen der Starkniederschläge haben im letzten Jahrhundert
durchschnittlich um über zehn Prozent zugenommen, wobei vor allem im Winter im
Tessin und in den nordöstlichen Gebieten bei Gewittern Höchstwerte bei den
Tagesereignissen zu verzeichnen waren.
Quelle: Sabine Fischer_pixelio.de
Eine Gewitterfront naht. Oft sind diese Naturspektakel mit starken Niederschlägen verbunden.
Kostspielige Berechnungen
«Klimamodelle und Voraussagen von Szenarien sind sehr
rechenintensiv und deshalb auch teuer», so Jan Rajczak. «Sie sind nicht
perfekt, können die Klimatologie jedoch gut abbilden. Basierend auf globalen
Ereignissen im Wettergeschehen, werden regionale Klimamodelle erstellt.» Die
Klima-Zukunft der Schweiz, beschrieben in den «Klimaszenarien CH2018», sehe
nicht rosig aus: Trockene Sommer, heftige Niederschläge, mehr Hitzetage und
schneearme Winter sind die absehbaren Folgen eines ungebremsten
Klimawandels.
Nur eine entscheidende Senkung des weltweiten
Treibhausgasausstosses könnte den zukünftigen Klimawandel eindämmen. Trotz
vermehrter Klimaschutzanstrengungen werden die Auswirkungen auch in der Schweiz
zunehmend spürbar. Mit der globalen Erwärmung kommt es zu Veränderungen des
Wassergehalts der Atmosphäre sowie der Zirkulation und Wetterlagen. Dies führt
zu Veränderungen der globalen Niederschläge, sei es in der Intensität wie auch
in der geografischen Lage.
Quelle: Joujou, pixelio.de
Starkregen ist keine Seltenheit und wird in Zukunft laut Prognosen häufiger auftreten. Die meisten Abwassernetze sind dafür nicht konzipiert .
Was bringt die Zukunft?
Genaue Aussagen können die Wissenschaftler nicht machen. Die
Prognosen werden anhand vorhandener Daten, Schätzungen in Bezug auf das
derzeitige Klima sowie mit immer feinmaschigeren neuen Klimamodellen erstellt.
Mit einem Gitter von bisher zwei Kilometern, mit den neusten Methoden ab diesem
Jahr von nur einem Kilometer Maschenweite, können genauere Vorhersagen zum
örtlichen Wetter getroffen werden. Sie ermöglichen in Zukunft die Vorhersage
stündlicher Ereignisse wie die präzise Lage und Richtung von Gewitterzellen.
«Die hohe räumliche Auflösung ermöglicht eine verlässlichere Betrachtung der stündlichen Skala. Es können damit beispielsweise die Niederschlagsspitzen von Regengebieten oder Gewittern ziemlich genau vorausgesagt werden», erklärt Jan Rajczak. «Die Veränderungen im Niederschlag sind komplex. Starkregenereignisse sind bereits nachweisbar intensiver geworden und werden sich in Zukunft weiter intensivieren.»
Denn eine wärmere Atmosphäre
könne mehr Wasser aufnehmen, welches bei Starkregenereignissen potenziell
ausregnet. Die Analysen basieren auf gemessenen Werten und helfen, Resilienz zu
steigern. Dies gelte vor allem für Fälle, in denen «CH2018» keine quantitativen
Daten liefert. Vor allem die Extremwerte müssten für die Klimaanpassung
berücksichtigt werden.
Quelle: Gabi Eder, pixelio.de
Überflutete Uferbereiche nach einem Starkregen.
Gewässer im Stress
«Wir haben einen Sommer hinter uns, der gar nicht
stattgefunden hat — nass und kühl, Und dennoch war 2021 europaweit der wärmste
Sommer seit Messbeginn. Die Gletscher schmelzen, es wird wärmer. Es war eines
der fünf heissesten Jahre innerhalb des letzten Jahrzehnts», so
Gewässer-ökologe Fabian Peter. Er warnt vor den Gefahren einer weiteren
Temperatur-erhöhung: «Mit 2,1 Grad ist die Temperaturzunahme in Schweiz doppelt
so hoch wie die globale Erwärmung. Die steigende Nullgradgrenze ist neben der
Zunahme von Hitzetagen und weniger Frosttagen eine der Folgen der höheren Temperaturen.»
Seit 1960 ist die Nullgradgrenze um rund 400 Meter
gestiegen, was auch am Abschmelzen der Gletscher zu erkennen ist. Der Abfluss
im Alpengebiet nimmt im Sommer stark ab, intensiviert sich hin-gegen im Winter,
da es weniger schneit. Der Regen fliesst sofort ab und dient nicht mehr in
gefrorener Form als Depot.
«Die Trockenperioden haben in den letzten 20 Jahren
zugenommen, sie werden länger und intensiver», so der Projekt-leiter für
Gewässerschutz und Gewässerökologie Oberflächengewässer bei der Aqua Plus AG,
Zug. Die Temperaturzunahme sei nicht nur in der Luft und Atmosphäre zu
verzeichnen, sondern auch in den Fliessgewässern. So habe die durchschnittliche
Wassertemperatur des Rheins bei Basel seit Beginn der Messungen im Jahr 1960 um
zwei Grad zugenommen.
Fabian Peter geht von einer weiteren sommerlichen
Temperaturzunahme von mindestens 1,5 bis drei Grad Celsius aus. Ohne
entscheidende Klimaschutzmassnahmen befürchtet er eine noch düsterere Zukunft:
Um drei bis neun Grad könnte sich die Wassertemperatur der Fliessgewässer bis
Ende des Jahrhunderts im Sommer erhöhen. Für Badebegeisterte und Schwimmer eine
gute Nachricht, für die Flora und Fauna der Fliessgewässer hingegen eine
Hiobsbotschaft.
Quelle: Kurt Michel, pixelio.de
Überschwemmung mit rekordverdächtigen Wasserstand der Reuss bei Mellingen.
Bedrohung für einheimische Arten
Die Auswirkungen auf die Biodiversität sind extrem, Krebse,
Fische oder andere Organismen reagieren sehr empfindlich auf höhere
Wassertemperaturen. Denn die Sauerstoffkonzentration im Wasser nimmt ab, die Stoffwechselaktivität
und das Verhalten der Tiere und Pflanzen ändern sich. Mit steigender Toxizität
treten vermehrt Krankheiten auf und die Organismen werden von Parasiten
befallen.
Einheimische Kaltwasserfische wie Forellen und Äschen sind sehr temperaturempfindlich. Bei erhöhen Temperaturen von 25 bis 27 Grad Celsius leiden sie unter Sauerstoffmangel, was bis zum Exitus führt. «Bereits bei Temperaturen von über 15 Grad sind bei Bachforellen ein erhöhter Parasitenbefall und mehr Krankheiten zu verzeichnen. Sie wandern in kältere Lebensräume in die Oberläufe ab oder werden von anderen Arten verdrängt, die nun bessere Bedingungen vorfinden. Ihr Lebensraum wird sich extrem reduzieren», erklärt der Gewässerökologe.
«Die noch anspruchsvollere Äsche bevorzugt kühle, sauerstoffreiche, nicht zu wilde Gewässer wie breite Bachläufe oder Seeausläufe. Sie findet kaum mehr Rückzugsräume und Ausweichgebiete – und wird wohl aussterben.»
Die Intensivierung der Niederschläge und damit verbundenen veränderten Abflüsse haben ökologische Folgen. Starkniederschläge im Winter schädigen den Forellenlaich in den Oberläufen. In den Trockenphasen führen die Gewässer weniger Wasser. Die Vernetzung der Gewässer verschlechtert sich, was nicht nur den Bewegungsradius der Tiere einschränkt, sondern auch den Wasseraustausch verhindert.
Auch die Einleitung gereinigter Abwässer
beeinträchtigt die Wasserqualität. Starkniederschläge verschärfen die
ökologische Situation zusätzlich, da die Wasserläufe ausgespült werden und
gleichzeitig Nährstoffe und Düngemittel aus der Landwirtschaft und Abwässer aus
den überforderten Kanalisationen eingeschwemmt werden.
Quelle: Martin Berk_pixelio.de
Die natürliche Beschattung der Fliessgewässer verhindert eine zu starke Erwärmung des Wassers in den Hitzeperioden.
Zurück zum natürlichen Ambiente
«Die in diesem Lebensraum angestammten Arten mit hohen
Standortansprüchen werden es in Zukunft schwierig haben, andere Arten
profitieren hingegen, wie der Wels, der seit Jahren in der Schweiz im Vormarsch
ist», sagt Fabian Peter. Abhilfe ist möglich, die Massnahmen dafür oft
arbeitsintensiv und kostspielig, denn sie bedeuten Renaturierung. Um die starke
Temperaturamplitude im Sommer zu reduzieren, müssen die Fliessgewässer beschattet
sein. Möglichst natürliche Flussläufe mit ho-her, beidseitiger Ufervegetation
verhindern gleichzeitig Verdunstung und Aufheizen. Ein Kronenschluss sorgt für
eine besonders wirksame Beschattung.
Eine englische Studie ergab, dass ein 80-prozentiges Bestocken
die Höchsttemperaturen im Sommer um bis zu vier Grad senken kann. Die tägliche
Temperaturamplitude in bestockten Abschnitten ist ge-ringer, die
Wassertemperatur nimmt im Sommer in beschatteten Abschnitten sogar ab. Dieser
Effekt ist in kleinen Gewässern besonders ausgeprägt.
Neben der Beschattung, die problematische Wassertemperaturen
reduzieren oder verhindern kann, hat die Vernetzung der Gewässer Priorität.
«Über 100 000 kartierte Hindernisse sind in Schweizer Gewässern zu finden. Sie
erschweren es den Fischen zusätzlich, auszuweichen, wenn das Wasser zu warm
wird», so Peter. Der Rückbau dieser Hindernisse sowie neue bauliche Massnahmen,
die den Fischen den Aufstieg zu den Laichplätzen erleichtern, seien neben der
Beschattung und Vernetzung der Gewässer die dringendsten Massnahmen.
Die Renaturierung müsse forciert werden. Eine Mindestfliesstiefe wird durch die gute Vernetzung der Gewässer begünstigt. Doch auch die Landwirtschaft benötigt im Sommer, wenn die Wasserstände bereits niedrig sind, das meiste Wasser. Aber nicht nur die Pflanzen, sondern auch die Fische können ohne ausreichende Wasserstände nicht überleben. Dieser Konflikt wird durch die geringen Restwassermengen der Kraftwerke noch verschärft. Die Wasser-entnahme muss reduziert, die Restwasserstrecken genügend dotiert werden.
Auch der Ausbau von Kolken, die Strukturierung der Sohle und die Einlagerung von Totholz verschaffen den Fischen neuen Lebens- und Ruheraum. Zudem müssen Verunreinigungen stärker reduziert und vermieden werden. Landwirtschaftliche Einträge wie Pestizide, Dünger und Fein-sedimente bergen nach Starkniederschlägen vor allem für kleine Gewässer Gefahren.
Quelle: Dieter Schütz_pixelio.de
Starkniederschläge können die Entwässerungssysteme und Kläranlagen überfordern, die nicht auf extreme Wassermengen ausgelegt wurden. Es besteht die Gefahr, dass beim Überlauf ungereinigte Abwässer in die Fliessgewässer und das Grundwasser gelangen.
Gefahr für den Menschen
Der Klimawandel und die damit verbundenen
Wetterveränderungen werden immer häufiger in den Siedlungsgebieten spürbar. Die
Flutkatastrophe in Deutschland und den angrenzenden Ländern im vergangenen Jahr
ist jedem im Gedächtnis geblieben. Ganze Landstriche wurden von den
Wassermassen überrollt, Siedlungen weggerissen. Mehr als 220 Menschen starben,
die Schäden werden auf über 25 Milliarden Euro geschätzt.
Über Gebieten, wo seit Menschengedenken niemals derartige
Hochwasser aufgetreten waren, hatte sich ein grosses, wegen einer
Trogwetterlage relativ ortsfestes Tiefdruckgebiet gebildet. Enorme
Niederschlagsmengen fielen in kürzester Zeit auf Ostbelgien,
Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, später auch im Juragebiet, den Alpen
und vielen anderen Gebieten Europas. Die Pegelstände erreichten ähnliche
Hochstände wie beim Alpenhochwasser 2005 und den Überschwemmungen im Jahr
2007.
«Die Starkniederschläge werden stärker. Die heutige
Abwasserinfrastruktur ist nicht an den Klimawandel angepasst. Wir müssen
handeln, denn die Situation verschärft sich weiter», betont Patrick Fischer vom
Bundesamt für Umwelt (Bafu), Sektion Gewässerschutz. Bereits im alten Rom gab
es ein gut funktionierendes Kanalisationssystem zur Entwässerung der Stadt. Die
vor 2600 Jahren angelegte «Cloaca Maxima» war so grosszügig bemessen, dass sie
auch heute noch in Funktion ist.
Bei den heutigen Siedlungsentwässerungen ist dies nicht zu erwarten. Die vermehrt auftretenden Starkniederschläge überlasten das Kanalisationsnetz. «Der dabei verursachte Oberflächenabfluss führt zu Schäden in den Siedlungen und zu ungeplanten Stoffeinträgen in die Gewässer. Flora und Fauna sind dadurch akut gefährdet», sagt der Spezialist für Abwasserbeseitigung.
Jede Gemeinde verfügt über einen generellen Entwässerungsplan
(GEP), der den sachgemässen Gewässerschutz und eine zweckmässige
Siedlungsentwässerung gewährleisten soll. In ihm sind die strategische Planung,
nötigen Massnahmen und deren zeitliche Umsetzung festgelegt.
«Das Ziel muss sein, den Umgang mit Starkniederfällen zu verbessern und dies auch in den GEP zu berücksichtigen. Zudem muss das Prinzip des Wasserhaushalts verstärkt und im Vollzug besser verankert werden», so Patrick Fischer. Zudem sollten die Stoffeinträge aus den Abwasserreinigungsanlagen (ARA) in die Gewässer weiter reduziert werden.
Es sei nicht mehr eine einfache Abwasserentsorgung, sondern
ein umfangreiches Wassermanagement nötig, um ausreichend Schadenprävention
betreiben zu können. Der Leitsatz sei, dass die Grundwasserneubildung garantiert
werden muss. Das Ziel ist dabei, ein möglichst natürliches Kreislaufkommen zu
schaffen, bei dem Verdunstung, Ableitung und Versickerung des Wassers
berücksichtigt werden.
Regenwasserrückhalt für Trockenzeiten
Die häufiger auftretenden Starkniederschläge verschärfen die Situation, bringen Schadstoffe in die Gewässer ein. «Wir wollen weniger Schadstoffeinträge, besser funktionierende Kläranlagen und weniger Einträge durch Mischwässer», betont Fischer. Gleichzeitig müssten der Regenwasserrückhalt in den Siedlungen verbessert und die Entlastungen aus Kanalisationen verringert werden.
Dadurch
könne Wasser für Trockenperioden gespeichert werden. Gleichzeitig leisteten die
Begrünung und Förderung von Biotopen einen entscheidenden Beitrag zur
Bekämpfung von Trockenheit und Hitze. Die Verdunstung vor Ort begünstigt das
Mikroklima und fördert die Biodiversität.
«Wir müssen die Städte grüner machen! Konzepte wie die Schwammstadt sind eine Möglichkeit, um gegen Hitze und Trockenheit zu agieren. Bauliche Massnahmen zur Schadensprävention sind bekannt, wirken aber nicht gegen Hitze», sagt Fischer. Auch der Umgang mit Starkniederschlägen muss verbessert werden.
Dazu gehört die Wasserrückhaltung in den Siedlungen, die
dann als Wassersreservoir in Trockenperioden genutzt werden kann. Gesetzliche
Grundlagen zur Lösung der Probleme seien vorhanden, das Gewässerschutzgesetz
müsste bezüglich Hochwassergefahr aber präzisiert, heisst mit neuen Forderungen
ergänzt werden. So sollte zum Beispiel beim Bau neuer Siedlungen ein dem Klima
angepasstes Konzept zum Speichern des Regenwassers vorgelegt werden.
Quelle: gemeinfrei
Die Cloaca Maxima ist Teil eines antiken Kanalsystems in Rom, das auch heute noch funktionstüchtig ist. Der fünfte König von Rom, Tarquinius Priscus, soll ein umfangreiches Kanalsystem zur Entwässerung der Senke zwischen Palatin und Kapitol, dem späteren Forum Romanum, geschaffen haben.
Lebenswertere Siedlung Mattenhof
Grün statt Beton und dadurch für die Bewohner ein
angenehmeres Wohnambiente war das Ziel des Studienauftrags «Temporäre
Klimamassnahmen» für die Planikum AG, Zürich. 1946 entstand beim Bahnhof
Stettbach die Reihenhaus-Siedlung Mattenhof. Die Baugenossenschaft «Sunnige
Hof» liess bis 2019 die 138 Reihenhäuser durch 60 Einfamilienhäuser und 316
Wohnungen in Punkthäusern ersetzen. Rund 700 Personen leben hier. Das Quartier
ist autofrei. Ein zentraler Grünraum soll die Gebäude verbinden und zudem ein
verbessertes Kleinklima schaffen.
«Die Klimaerwärmung zeigt sich in den Städten besonders, denn versiegelte zentrale Flächen bilden lokale Hitzeinseln», erklärt Landschaftsarchitektin Eva Trüb, Die Projektleiterin der Planikum AG war mit der Erarbeitung der Klimamassnahmen für die Siedlung Mattenhof beauftragt. Sechs Strategien wurden für die Verbesserung des Siedlungsklimas erarbeitet, um die Aufenthaltsqualität in den Freiräumen zu sichern.
Dazu wurden im Juli
2020 zunächst Temperaturmessungen in verschiedenen Bereichen der Wohnanlage auf
unterschiedlichen Oberflächen im Schatten und in der Sonne durchgeführt. Die
Temperatur in besonnten Bereichen lag teilweise über 40 Grad, im Schatten
mindestens um 10 Grad niedriger. «Es brauchte einfache Massnahmen, die schnelle
Lösungen ermöglichen. Die bestehende Architektur und Landschaftsarchitektur
sollte nicht geändert werden», so Trüb.
Die vorhandenen Birken und Föhren spenden nicht ausreichend
Schatten und somit wenig Abkühlung. Sechs Massnahmen wurden vorgeschlagen,
unter anderem eine Luftkühlung durch Nebeldüsen, durch Bewässerung und Aufrauen
besser kühlende Beläge, Fassadenbegrünungen, offene Wasserstellen oder die
Beschatten mit luftdurchlässigen Strukturen wie Netze. Zudem wurde die
Bepflanzung der Garagendächer und Flachdächer empfohlen, was gleichzeitig zur
Abkühlung beträgt und die Biodiversität erhöht. Auch eine künstliche
Luftbewegung könnte zur Verhinderung des Hitzestaus beitragen.
Quelle: knipseline, pixelio.de
Im beschattenden Bereich lässt es sich im Sommer besser verweilen.
Kleine Eingriffe mit Wirkung
Drei Massnahmen wurden von rund 40 Prozent der Bewohner zur
Weiterentwicklung besonders empfohlen: die Dachbegrünung der Tiefgarage, die
Begrünung der Dächer der Velounterstände sowie neue Bepflanzungen mit Gehölzen.
Die Realisierung hat bereits im letzten Frühjahr im Spatzenweg begonnen, wo
Wildblumenwiesen angelegt, neue Bäume gepflanzt und Hecken mit neuen Arten
ergänzt wurden. Ausserdem wurden neue Sitzelemente zur Aufwertung der
Aussenbereiche aufgestellt.
In den Eingangsbereichen der Gebäude sind grössere
Massnahmen nötig. Die versiegelten Flächen müssen aufgebrochen werden. Hier
werden Bäume und Stauden angepflanzt. Die detaillierte Planung läuft, die
Umsetzung ist in diesem Jahr vorgesehen. Auch der vorhandene Schotterrasen soll
streifenweise aufgerissen und mit einer Wildblumenwiese ergänzt werden. Diese
Arbeiten starten ebenfalls Anfang des Jahres.
Um dem Quartier mehr Farbe zu verleihen, sollen Kletterpflanzen an Fassaden emporranken. Sie werden direkt in den Mutterboden, bei versiegelten Flächen in Pflanzkübeln eingepflanzt und winden sich an vorgespannten Seilen an den Fassaden empor. Die Begrünung der Dächer der Kleinbauten wie der Tiefgarageneinfahrt wurde bereits realisiert. «Hier wurde Substrat aufgetragen und die Flächen bepflanzt. Es sieht super aus.
Nun folgt
noch die Begrünung der Dächer der Velounterstände», so die
Landschaftsarchitektin. Sie seien nicht alle ausreichend belastbar für eine
konventionelle Begrünung. Eine Alternative könne das Aufbringen von Leichtsubstrat
sein, was momentan geprüft werde.
Eine Pergola soll als Sonnenschutz im Spiel-Sitzbereich und
rankende Pflanzen als Sichtschutz zwischen den Bereichen dienen. Zahlreiche
Pflanzkästen sind bereits im Areal vorhanden. Sie sollen ergänzt und mit einem
Spalier als bewachsener Sonnenschutz dienen. Angedacht ist zudem die
Gemüseanzucht durch die Bewohner in den Pflanzkästen.
Es sind kleine Massnahmen, die am richtigen Ort grosse
Wirkung erzielen können. Schatten ist bei Hitze in der freien Natur wie auch
innerhalb der bewohnten Gebiete die Voraussetzung, dass für Mensch und Tier
erträgliche Bedingungen geschaffen werden können. Vor allem Pflanzen reduzieren
die sommerliche Hitze. Zudem dienen sie als natürlicher Wasserspeicher, der in
regenreichen Zeiten die Niederschläge wie ein Schwamm aufsaugt und dem
ungehinderten Abfliessen grosser Wassermengen entgegenwirken kann.