Arbeitslosigkeit sinkt im September überraschend
In der Schweiz hat die Arbeitslosigkeit im September überraschend abgenommen. Nach dem Corona-Einbruch habe sich die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt „deutlich belebt“, erklären die Experten des Bundes diese Entwicklung.
Quelle: athree23, Pixabay, Public-Domain-ähnlich
Stellensuchende dürften mit ihren Bewerbungen wieder mehr Erfolg haben, als während des Höhepunkts der Coronakrise, im April.
Die Arbeitslosenquote ist gegenüber dem Vormonat von 3,3 auf
3,2 Prozent gesunken, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) heute mitteilte.
Auch um saisonale Faktoren bereinigt nahm die Arbeitslosigkeit ab, und zwar auf
3,3 von 3,4 Prozent. Angesichts der Tatsache, dass viele Wirtschaftszweige
unter den Folgen der Coronakrise leiden, überrascht diese Entwicklung; Ökonomen
hatten im Vorfeld unisono prognostiziert, dass die Arbeitslosenquote gleich
bleibt oder sich erhöht.
Der Arbeitsmarkt belebt sich wieder
Die Zahl der gemeldeten Jobs liege nur leicht unter dem Vorjahreswert, als Corona noch kein Thema war, so Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit beim Seco, an einer Telefonkonferenz. Für Zürcher steht daher fest, dass wieder Personal gesucht und wieder eingestellt wird. Die Dynamik des Arbeitsmarktes habe sich deutlich belebt. Es stünden deshalb auch Zwischenlösungen zur Verfügung, die an Arbeitslose vermittelt werden könnten.
Von solchen Möglichkeiten profitierten im September insbesondere jüngere Arbeitslose: Die Quote bei den 15- bis 24-Jährigen verringerte sich gegenüber dem Vormonat nämlich von 3,9 auf 3,6 Prozent. Dies, nachdem im Vormonat noch ein deutlicher Anstieg verzeichnet werden konnte. – Dass die Jugendarbeitslosigkeit im Juli und August ansteigt, ist üblich, da in diesen Monaten viele Lehrlinge auf den Arbeitsmarkt kommen. Danach flacht die Quote in der Regel wieder ab. - Es sei zu hoffen, dass dieses "übliche Muster" sich nun trotz Corona fortsetze, so Zürcher.
Im September 2020 mehr Arbeitslose als im Vorjahr
Diesen September waren nun 148'560 Personen bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) als arbeitslos gemeldet. Damit lag die gesamte Zahl der Arbeitslosen massiv über jener vom September 2019. Die Quote hatte letztes Jahr um diese Zeit noch bei rekordtiefen 2,1 Prozent gelegen, die Zahl der Arbeitslosen bei unter 100'000. „Das war damals wahrscheinlich die ultimative Sockelarbeitslosigkeit“, kommentierte dies Zürcher.
Allerdings relativiert Zürcher diesen Anstieg innert Jahresfrist: Die aktuelle Quote sei keineswegs „noch nie dagewesen“. Denn tatsächlich lag die Quote zum Beispiel im September 2009 - damals im Nachgang zur Finanzmarktkrise - bei 3,9 Prozent und damit klar über dem aktuellen Niveau.
Keine Anzeichen für eine Massentlassungs-Welle
Das Seco geht davon aus, dass im Jahresschnitt 2020 eine
Quote von unter 3,5 Prozent erreicht werden dürfte. Laut Zürcher gibt es nach
wie vor keine Anzeichen für eine anrollende Massenentlassungs-Welle. Zudem
seien die aktuellen Arbeitslosenzahlen auch durch einen regulatorischen Effekt
aus der Corona-Zeit in die Höhe getrieben worden. Konkret wurden
Langzeitarbeitslose vorübergehend nicht ausgesteuert. Davon hätten rund 15'000
Personen profitiert, sagte Zürcher. Diese fallen nun nach und nach aus der
Statistik, auch wenn sie keinen neuen Job finden.
Kurzarbeit nimmt weiter ab
Die abnehmende Kurzarbeit setzt ein weiteres positives Signal. Offiziell liegen allerdings erst die Werte für den Juli vor. Damals waren laut den Angaben knapp 350'000 Personen von der Kurzarbeit betroffen, dies nachdem es im Juni rund eine halbe Million gewesen sind. Im April, auf dem Höhepunkt der Corona-Krise, waren es 1,3 Millionen gewesen.
Laut einer Schätzung des Seco hätte die Arbeitslosenquote ohne das Instrument der Kurzarbeit in der Krise auf über 20 Prozent steigen können. Gekostet hat die Kurzarbeit bislang im Jahresverlauf 7,3 Milliarden Franken, wie Zürcher weiter sagte. Im Übrigen verneinte er, dass es wegen der Kurzarbeit nun zu einem falschen Strukturerhalt kommt: Es gebe nämlich allmählich wieder eine Verlagerung zu den traditionellen Kurzarbeit-Branchen Uhren und Maschinenindustrie, die unter der schleppenden internationalen Konjunktur leiden und wo sich der Strukturerhalt daher lohne. "Nur wegen der Kurzarbeitszeitentschädigung alleine überlebt keine marode Firma." (mai/sda)