Im Elbedome in virtuelle Welten abtauchen
Im deutschen Magdeburg befindet sich Europas grösstes 3D-Mixed-Reality-Labor: der Elbedome des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF). Unternehmen können hier ganze Städte, Maschinen und Anlagen im Massstab 1:1 realitätsnah erlebbar machen. Sein Einsatzgebiet ist vielfältig. Elbedome-Geschäftsstellenleiter Steffen Masik erklärt im Interview die Besonderheiten des Labors.
Quelle: Fraunhofer IFF
Unternehmen nutzen das Labor, um Planungsstände zu bewerten und Entscheidungsfindungsprozesse voranzutreiben.
Vergangenen Mai wurde das Labor für Simulationen nach aufwendiger Modernisierung (siehe Box) wiedereröffnet. Welche Neuerungen bietet das Visualisierungssystem nach der Renovierung?
Steffen Masik: Statt nur des Panoramas kann nun auch der Boden als Projektionsfläche verwendet werden. Somit lassen sich virtuelle Objekte in den Raum hereinholen und mit realen Elementen innerhalb des Elbedomes verbinden. Das neue stereoskopische Projektionssystem ermöglicht zusätzlich die dreidimensionale Wahrnehmung der Modelle. Nebenbei verfügt der Elbedome jetzt über eine erheblich hellere und höher auflösende Projektion sowie moderne Rechentechnik zur Bilderzeugung und Simulation.
Können Sie beschreiben, wie die Technologie funktioniert? Wodurch zeichnen sich 3D-Mixed-Reality-Anwendungen aus?
Die Projektion erfolgt mithilfe von 25 hochauflösenden und taglichthellen Stereo-Projektoren auf Boden und Panorama sowie gegebenenfalls auf weitere Gegenstände im Raum. Ein automatisiertes Kalibrierungssystem hilft uns, schnell auf geänderte Projektionsparameter umzustellen. Mixed-Reality-Anwendungen verbinden reale Objekte wie Arbeitsplätze, Roboter oder Steuerungen mit virtuellen Elementen, beispielsweise einer Maschine, Anlage oder einer ganzen umgebenden Fabrik. Durch ein hochgenaues Trackingsystem sind Ergonomieuntersuchungen an den realen oder virtuellen Prototypen von Arbeitsplätzen, Anlagen oder Maschinen möglich.
Für welche Aufgaben eignet sich der Elbedome besonders?
Der Elbedome besitzt eine Panorama- und Boden-Projektionsfläche von über 450 Quadratmetern. Durch diese gewaltigen Dimensionen eignet er sich besonders für die Darstellung grosser Objekte wie zum Beispiel Maschinen, Anlagen, Fabriken oder ganze Städte. Die Grösse des Raums erlaubt es weiterhin, auch grosse Objekte als Hologramme in den Raum zu projizieren und den Betrachtern den Eindruck zu vermitteln, sich inmitten der virtuellen Welt zu befinden. Ebenso stellt der Elbedome genug Raum für die Beteiligten von industriellen Planungen zur Verfügung oder kann als Marketinginstrument bis zu 30 Besucher gleichzeitig virtuelle Welten erleben lassen.
Wofür nutzen Unternehmen virtuelle Welten typischerweise?
Virtuelle Realitäten werden in produzierenden Unternehmen genutzt, um Planungsstände zu bewerten, Entscheidungsfindungsprozesse voranzutreiben sowie Qualifikations-, Kommunikations- und Marketingmaßnahmen zu unterstützen. Beispielsweise ist die Planung einer Fabrik ein hochkomplexer Prozess. Hier arbeiten verschiedene Berufsgruppen interdisziplinär zusammen und müssen einander verstehen. Virtuelle Realitäten helfen dabei, unterschiedliche Daten zu kombinieren und verschiedene Sichtweisen zu vereinen.
Im Mixed-Reality-Labor arbeiten Sie an den Fragen der Zukunft. Welchen Zukunftsthemen widmen sie sich vor allem? Auf die Entwicklung welcher Technologien und Anwendungen legen Sie den Fokus?
Das Fraunhofer IFF forscht vorrangig an Lösungen, wie Unternehmen ihre Produktion sicherer, effizienter und nachhaltiger gestalten können und entwickelt somit die Arbeitssysteme der Zukunft. Der Elbedome unterstützt diese Themen als Anwendungslabor und stellt eine einzigartige Schnittstelle zu industriellen Forschungspartnern bereit. Der Fokus für den Elbedome liegt dabei in der Verarbeitung und Visualisierung von großen Planungs- und Simulationsdatensätzen sowie Echtzeitdaten aus der Produktion und der intuitiven Interaktion mit den daraus entstehenden cyberphysischen Systemen. Doch auch aktuelle Anwendungen aus den Bereichen Architektur, Städteplanung oder Medizin zeigen, dass die Einsatzmöglichkeiten des Elbedomes weit über den industriellen Bereich hinausgehen und hier nahezu keine Grenzen gesetzt sind. (PD/mai)
Projektoren und Infrarot-Tracking
Im Elbedome werden virtuelle Inhalte auf einer 360-Grad-Leinwand und eine Boden-Projektionsfläche von über 450 Quadratmetern hochaufgelöst und holografisch dargestellt. Möglich machen dies 25 modernste Projektoren. Dies alles vermittelt dem Betrachter den Eindruck, sich inmitten der virtuellen Welt zu befinden. Dafür, dass auch entsprechend interagiert werden kann sorgen unter anderem Infrarot-Trackingsysteme.
Dank seiner Dimensionen eignet sich das Labor für Gruppen von bis zu 30 Personen, vor allem ermöglicht das System dadurch die Darstellung grosser Objekte im Massstab 1:1. Der Dome oder vielmehr der kuppelförmige Raum ist vier Hoch und hat einen Durchmesser von 16 Metern.
Er ist vergangenen Mai wiedereröffnet worden, nachdem er über zehn Jahre in Forschung und Entwicklung für zahlreiche Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen im Einsatz gestanden hatte. Eine Modernisierung der Technik war nötig geworden. In seine Erneuerung sind über 2,5 Millionen Euro investiert worden. (PD/mai)