Zürich: ERZ-Affäre bis Ende Jahr aufgeräumt
Nachdem die Dienstabteilung Entsorgung + Recycling der Stadt Zürich (ERZ) in den letzten Jahren mit einem Emu-Gehege, einem eigenen Oldtimer-Museum und teuren Dienstfahrzeugen von sich reden gemacht hatte, wird zurzeit aufgeräumt. Heute präsentierte Stadtrat Richard Wolff den Zwischenstand der ERZ-Affäre.
Heute wurde über die Massnahmen Geschäftsleitung sowie die Leitungen von Personal, Buchhaltung und Kommunikation wurden neu besetzt. Für die Beteiligungen wurden neue externe Verwaltungsrätinnen bestimmt. Der intern genutzte Badeteich wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Im Mai 2017 wurde Urs Pauli, damals Direktor der Dienstabteilung Entsorgung + Recycling der Stadt Zürich (ERZ), vom Stadtrat fristlos entlassen. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, im Jahr 2012 widerrechtlich ein teures Dienstfahrzeug angeschafft und dieses auch privat genutzt zu haben. Ein externer Untersuchungsbericht sorgte rund zwei Jahre später für weiteres Aufsehen: Er zeigte auf, dass man bei der ERZ eine Parallelwelt aufgebaut hatte, die sich erfolgreich vom Rest der Stadtverwaltung abgesondert hatte und eigene Regeln und Gepflogenheiten kultivierte. Städtische Regeln wurden vom damaligen ERZ-Direktor Urs Pauli generell als hinderlich betrachtet, hiess es im Bericht.
Emus und drei Schwarze Kassen
Der Bericht offenbarte, dass ERZ ein Oldtimer-Museum für historische Kehrichtwagen unterhielt und eine Badelandschaft in einem ehemaligen Klärbecken baute. Ausgediente Fahrzeuge wurden intern verkauft, wobei der Erlös in drei Schwarze Kassen floss. Eine Kasse war für das interne „Grillteam“ bestimmt. In einem Safe lagen zudem 215'000 Franken in bar. Zudem hatte sich ERZ fünf Emus angeschafft und hielt sie sich in einem Gehege beim eigenen Weiterbildungszentrum "ara glatt". – Mittlerweile sind die Vögel umgezogen, sie sind bei verschiedenen privaten Haltern untergekommen.
Nachdem nun seit rund fünf Jahren die Unregelmässigkeiten rund um ERZ untersucht und aufgearbeitet werden, präsentierte heute Stadtrat Richard Wolff (AL) an einer Medienkonferenz den Zwischenstand der Massnahmen. Der Vorsteher des Tiefbau- und Entsorgungsdepartement beschrieb die frühere patronale ERZ-Betriebskultur am Beispiel der Verwaltungsratsmandate. So habe ERZ den Stadtrat erstens zu ungenau über seine Beteiligungen informiert. Zweitens seien die Verwaltungsratssitze von auserwählten ERZ-Angestellten besetzt worden. – Ende Jahr soll die Affäre um ERZ aufgeräumt sein.
Ausschliesslich Frauen im neuen Verwaltungsrat
Wie Wolff erklärt, hat die Stadt daraus Lehren gezogen. Neu seien externe Verwaltungsrätinnen - ausschliesslich Frauen - in die verschiedenen Beteiligungen von ERZ ernannt worden. Zu diesen Beteiligungen zählen unter anderem Biogas Zürich AG und Fernwärme Zürich AG. Der neue ERZ-Direktor Daniel Aebli sei in keiner dieser Beteiligungen vertreten, so Stadtrat Wolff – „im Unterschied zu seinem Amtsvorgänger Urs Pauli“.
Nebst der Aufarbeitung bei den Beteiligungen wurde ERZ in drei weiteren Aspekten umgekrempelt. Es sind dies die Organisation, die Kultur und die Projekte: Bei den Projekten handelt es sich unter anderem um den defizitären Werkstattbetrieb. Der Betrieb wurde im 2019 veröffentlichten Untersuchungsbericht kritisiert, weil er auch externe Aufträge annahm. Auf den 30. Juni 2020 wird der Teilbetrieb von Holzbau, Malerei und Metallbau geschlossen.
Insgesamt würden durch die Teilschliessung 2,9 Millionen Franken eingespart, so Aebli. Von diesen und anderen Kosteneinsparungen sollen die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Zürich über tiefere Gebühren profitieren.
Grillieren am Teich
Erfreuliche Nachrichten konnte ERZ-Direktor Aebli zum internen Badeteich verkünden. Zwar werde dieser nicht mehr mit Frischwasser versorgt, dafür aber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ab 2021 kann er für externe Anlässe gebucht werden, zum Beispiel für Grillanlässe.
Die meiste Zeit habe aber die Einführung einer neuen Kultur innerhalb ERZ gefordert, erklärte Aebli. Mit dem neuen Selbstverständnis, ein Teil der Stadtverwaltung zu sein, habe sich schon viel verändert. „Das ERZ ist kein Betrieb mehr, der von einem Patron geführt wird“, sagte Aebli.
Fünf Massnahmen sind noch in Arbeit. Ausstehend sind noch die Erarbeitung eines Leitbilds, der Aufbau von Eignerstrategien für alle Beteiligungen und die Frage einer Aktienkapitalerhöhung an der ZAV Recycling AG. Ausserdem müssen noch die IT und die Telefonie in die städtische Infrastruktur integriert werden. Zudem benötigen die Personalrestaurants in den Werken Werdhölzli und Hagenholz eine Lösung sowie das Ausbildungszentrum "ara".
Ganz vorbei sind die Nachwehen der ERZ-Affäre noch nicht. Die Untersuchungen der parlamentarischen Untersuchungskommission PUK und der Staatsanwaltschaft Zürich laufen weiter. (mai/sda)