Wasserversorgung und Klimawandel: Quellen digital überwachen
Wie wichtig Wasser ist, zeigen die zunehmend trockenen, heissen Sommer. Dabei fragt sich, was dies künftig für die Wasserversorgung in der Schweiz bedeutet. Ein neues, unter anderem an der Fachhochschule Rapperswil entwickeltes System, mit dem Quellen digital überwacht werden können, soll Antworten liefern.
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40 Prozent des Trinkwassers in der Schweiz stammt aus Quellen.
Aktuell kümmern sich Brunnenmeister der rund 2500 Wasserversorgungsorganisationen in der Schweiz um die Überwachung. Allerdings erfolgen die dafür nötigen Messungen unregelmässig und manchmal je nach Schnee- und Wetterlage auch über mehrere Monate gar nicht. Das stellte bislang kein Problem dar, denn die Quellen liefern in der Schweiz seit Jahrhunderten zuverlässig Wasser; rund 40 Prozent des Trinkwassers ist Quellwasser. Ob dies so bleibt, ist wegen des Klimawandels unsicher.
Die Schwestern Daniela und Jeannette Lippuner arbeiten darum an einem Quellwasser-Monitoring-System, das datenbasierte Vorhersagen ermöglicht. Mit ihrer Uli Lippuner AG sind sie schweizweit fürWasserversorger tätig, sie bauen Anlagen, beraten Gemeinden und analysieren die Wassersituation vor Ort. Weil Planungssicherheit bei der Wasserversorgung laut Jeannette Lippuner immer wichtiger wird, wollen sie das Quellwasser-Monitoring digital automatisieren. Dies, damit Gemeinden «jederzeit die echten, aktuellen Quellabflüsse mit ihren Planungsannahmen vergleichen und wenn nötig, Massnahmen ergreifen können.»
Dazu haben die Lippuners mit dem IET Institut für
Energietechnik der OST – Ostschweizer
Fachhochschule ein Open-Hardware-Sensor-System namens «WABEsense» entwickelt.
Das System misst direkt an der Quelle, in der im Boden versenkten Brunnenstube. «Gemessen werden der
Druck sowie die Temperatur des Wassers – über den Druck lässt sich die Wassermenge jederzeit exakt
bestimmen», erklärt IET-Physiker Juan Pablo Carbajal, der das Mess-System mit günstigen Industrie-Standard-Komponenten
entwickelt hat. Die
Temperatur gibt Aufschluss über mögliche Qualitätsschwankungen im Wasser.
Wie Jeannette Lippuner erklärt, lassen sich Daten während sechs bis zwölf Monaten im Zehn-Minuten-Takt erfassen und dann zum Beispiel mit entsprechenden Wetterdaten kombinieren. Dies, um verschiedene Zusammenhänge auch über Monate hinweg besser zu verstehen und damit immer bessere Vorhersagen für die künftige Wasserversorgung treffen zu können. Daran ist auch das Bundesamt für Umwelt interessiert: Es unterstützt das Projekt finanziell.
Pioniergemeinde Schiers kennt ihr Wasser
Quelle: zvg
Jeannette Lippuner und Daniela Guardia-Lippuner installieren das Monitoring-System im Brunnenhaus direkt an der Quelle.
Eine der Pioniergemeinden für das neue
Quellwasser-Monitoring ist die Bündner Gemeinde Schiers: Ein grosser Teil ihrer
Trinkwasserversorgung stellen sieben Quellen sicher. Ergänzt wird das
Quellwasser bei Bedarf mit Wasser aus dem Grundwasser-Pumpwerk.
Neben der Bevölkerung muss die Gemeinde mit der lokalen Wasserversorgung auch das örtliche Spital und Industrie beliefern. Entsprechend innovativ ist die Gemeinde laut dem stellvertretenden Brunnenmeister Andrea Wieland unterwegs. «Wir probieren immer neue Technologien aus und messen zum Beispiel die Wasserverfügbarkeit in unseren Hydranten, machen digitale Messungen im gesamten Wassernetz und erfassen für jede Immobilie die Menge, Temperatur und Geschwindigkeit des Wassers.» Weil das Quellwasser von selbst aus den umliegenden Bergen fliesst und wenig Hygienebehandlung benötigt, will die Gemeinde laut Wieland einen möglichst hohen Anteil der Wasserversorgung mit Quellwasser decken. Zwei der sieben Quellen sind derzeit mit dem Lippuner-Messsystem ausgestattet.
Menge und Temperatur des Quellwassers variieren
Derzeit werden insgesamt an elf Quellen Daten erfasst und bereits im aktuellen Pilotbetrieb hat sich gezeigt, dass es unerwartete Schwankungen gibt. «In den Daten aus unseren Test-Systemen sehen wir, dass sich Quellen häufig nicht so gleichmässig verhalten, wie es die bisherigen Annahmen vermuten liessen», sagt Jeannette Lippuner. Sowohl die Menge als auch die Temperatur und damit die Qualität des Quellwassers variieren.
In einem nächsten Schritt sollen die Mess-Daten der Test-Systeme mit Wetter-Daten aus der Vergangenheit kombiniert werden. Dies, um genauere Prognosen für die einzelnen Quellen anhand aktueller Wetter- und Klimavorhersagen zu berechnen zu können. (mai/mgt)
Quelle: zvg
Jeannette Lippuner und Daniela Guardia-Lippuner können die Daten überall auswerten, auch vor Ort an der Quelle.