Waldbrände mit einer Aerosolwolke löschen
Aus der Luft mit weniger Wasser grossflächiger und effizienter Waldbrände löschen: Möglich machen wollen dies Fachleute vom deutschen Fraunhofer-Instituts und einem Start-up mit einer Aerosolwolke, die nahe am Brandherd abgesetzt wird.
Quelle: Illustration erstellt mit ChatGPT
Künftig sollen Waldbrände aus der Luft mittels Aerosolwolken gelöscht werden - so die Idee Fachleute vom Fraunhofer-Institut.
Mit dem Klimawandel verändern sich die Waldbrände: Sie werden heisser und breiten sich schneller aus. So brannte vergangenes Jahr alleine in Kanada eine Fläche von rund 185 000 Quadratkilometern; das entspricht etwas mehr als der Hälfte der Fläche von Deutschland. Mit solch heftigeren Waldbränden braucht es auch neue Lösungen. Denn die heutige Technik der luftgestützten Brandbekämpfung stammt mehrheitlich aus den 70er- und 80er-Jahren: Noch immer fliegen Helikopter oder Flugzeuge mit Löschwasser-Buckets über die brennenden Wälder. Bei einer Flughöhe von 40 bis 50 Metern öffnen die Piloten den Boden des Eimers. Weil aber Winde und Thermik das Löschwasser verwehen und somit grossflächig verteilen, wird dabei aber nur eine vergleichsweise geringe Menge Flammen bekämpft.
«Wir können Feuerwehren bessere und nachhaltigere Löschmethoden an die Hand geben und die Löschwassermenge mit verbesserter Abwurfpräzision durch digital gestützte Steuerung zielgenau einsetzen», ist Dirk Schaffner vom deutschen Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI) überzeugt. Er arbeitet zusammen mit Kollegen vom EMI sowie mit dem Projektpartnern vom deutschen Start-up Caurus Technologies GmbH an einer neuartigen Technologie, mit der sich grossflächige Feuer effizienter aus der Luft bekämpfen lassen sollen.
Mit Myriaden von Wassertröpfchen Waldbrände bekämpfen
Dabei geht es auch um einen speziellen Öffnungsmechanismus, der für eine deutlich effizientere Löschwolke sorgt. Dieser ermögliche sowohl möglichst kleine, feine Wassertröpfchen als auch die präzise Platzierung der Löschwolke nahe am Brandherd, schreibt das Fraunhofer-Institut in seiner Medienmitteilung. Wie es weiter heisst, beeinflussen diese Faktoren den Löscherfolg entscheidend. Dies, indem sie helfen, die Temperatur des Feuers schnell zu senken und unter den Entzündungspunkt zu bringen sowie dem Feuer breitflächig den benötigten Sauerstoff zu entziehen. «Durch den Mechanismus können wir gezielt eine Wasser-Aerosol-Wolke erzeugen, die in einer Höhe von einigen Metern über oder in den Flammen aktiviert wird», führt Schaffner aus. «Das Wasser wird so nicht vorher auseinandergetrieben, sondern in einem Sack bis knapp über dem Brand zusammengehalten. Nahezu 100 Prozent der Wassermenge landen zielgenau in den Flammen.»
Mit der Wasser-Aerosol-Wolke gelingt es, dem Feuer sehr schnell die Hitze zu entziehen: «Die Wärmetransferrate, mit der man Energie aus einem System nehmen kann, ist oberflächenabhängig. Je mehr Oberfläche das aufnehmende Medium zur Verfügung stellt, desto schneller wird die Wärmeenergie aus dem brennenden in das aufnehmende Medium transferiert. Und die Aerosol-Wolke weist eine extrem hohe Oberfläche auf», sagt Schaffner. Mit einer Aerosol-Wolke lasse sich also eine deutlich höhere Wärmetransferrate erreichen als mit einem Block Wasser. Auch die Verdrängung von Sauerstoff funktioniere sehr gut, wodurch sich der Verbrennungsprozess abschwäche. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Kompatibilität mit erfolgreichen bestehenden Löschtaktiken am Boden und der Sicherheit aller Einsatzkräfte.
Ein fünf- bis zehnfach grösseres Feuer löschen
Zwar kommt die neue Technologie oder vielmehr die Aerosolisierung von Wasser heute bereits in Hochdruck-Dispersionsdüsen, welche die Feuerwehr am Boden nutzt, zur Anwendung. Allerdings setzt sie das Forschungsteam von EMI und Caurus Technologies nun erstmals in der Luft ein und erweitert damit die Einsatzgebiete. Wie Schaffner erklärt, kann mit dem neuen Verfahren pro eingesetztem Liter Wasser ein fünf- bis zehnfach grösseres Feuer gelöscht werden. Ein Vorteil, weltweit knapper werdender Wasserressourcen.
Auch die Sicherheit der Einsatzkräfte sei gewährleistet, da sie nicht unnötig nah an die Brandherde heranfliegen müssten und höhere Abwurfdistanzen einhalten könnten, ist in der Medienmitteilung zu lesen. Als weiteren Pluspunkt wird angeführt, dass die neue Löschmethode zur Reduktion von CO2 beiträgt, da Vegetationsbrände sich deutlich schneller eindämmen liessen. – Denn: Waldbrände sind ein enormer CO2-Verursacher: Im Durchschnitt sind in den letzten zwei Jahrzehnten gemäss Fraunhofer-Institut jährlich 6,9 Gigatonnen CO2-Emissionen durch Waldbrände freigesetzt. Das entspreche mehr als dem Doppelten der Emissionen aller 27 Mitglieder der Europäischen Union im gleichen Zeitraum.
Erste Prototypen des innovativen Löschverfahrens wurden bereits erfolgreich getestet. Zurzeit arbeiten die Projektpartner an einem Demonstrator. (mai/mgt)