Verkehr: Tempo 30 in Zürich bis 2030
Wer in der Stadt Zürich mit dem Auto unterwegs ist, wird vermehrt auf die Bremse treten müssen: Auf Stadtzürcher Strassen soll künftig Tempo 30 gelten. Der Stadtrat will damit die Bevölkerung vor übermässigem Strassenlärm schützen. - Die Umsetzung des neuen Temporegimes ist etappenweise geplant.
Kanton und Stadt seien verpflichtet, Sanierungen
vorzunehmen, wo die Immissionsgrenzwerte gemäss eidgenössischer
Lärmschutzverordnung (LSV) überschritten werden, heisst es in der
Medienmitteilung des Sicherheitsdepartements. Massnahmen an der Quelle oder
vielmehr, dort wo der Lärm auf der Strasse haben für den Stadtrat erste
Priorität. Temporeduktionen seien eine wirksame Massnahme.
Wie diese Pläne konkret realisiert werden sollen, will
der Stadtrat zu gegebener Zeit bekannt geben. Klar ist hingegen bereits, dass
es noch einige Zeit dauern wird, bis die Strassen ruhiger geworden sind. Bei
der Stadt rechnet man damit, dass es erst 2030 so weit sein dürfte. Zudem sind
schon viele Verkehrswege in der Stadt akustisch beruhigt worden: In den Jahren
2012 und 2013 waren bereits zahlreiche Tempo-30-Strassen eingeführt worden.
Laut Stadt haben davon bislang 35'000 Anwohner profitiert. Nun sollen
diejenigen 105'000 mehr Ruhe erhalten, die nach wie vor übermässigem Lärm
ausgesetzt sind.
Mehrkosten: Zürcher Verkehrsverbund in der Pflicht?
Anders als bisher soll neu auch auf Strassen Tempo-30
gelten, auf denen Busse unterwegs sind. Sich daraus ergebende negative
Auswirkungen wie längere Reisezeiten, will der Stadtrat mit flankierenden
Massnahmen abfedern. Dies soll unter anderem mit Hilfe von Lichtsignalanlagen
geschehen, mit einem eigenen Trassee, mit Fahrbahnhaltestellen oder dem
Vermeiden von Rechtsvortritt geschehen. Wo solche Massnahmen nicht ausreichen,
soll zusätzliche Busse die Situation entschärfen, was allerdings Mehrausgaben
für den Öffentlichen Verkehr zur Folge haben wird.
Laut Stadtrat lässt sich die Funktion des Öffentlichen
Verkehrs nur unter Berücksichtigung des Lärmschutzes sichern, wenn zusätzliche
Mittel bereitgestellt werden. Der Kanton stellt diese aktuell jedoch nicht zur
Verfügung. Der Stadtrat sieht hier den Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) in der
Pflicht und ist aber bereit, bis zur Klärung dieser Grundsatzfrage die Mehrkosten
mit einer städtischen Übergangsfinanzierung zu tragen.
Etappenweise Umsetzung der Tempo-30-Massnahmen
Konkretisiert und umgesetzt werden soll das neue Temporegime
etappenweise: In einem ersten Schritt will der Stadtrat diejenigen Strecken
planen und festlegen, die sich lediglich gering auf den öffentlichen Verkehr
auswirken. Für jeden Streckenabschnitt müsse in einer Einzelfallbetrachtung ein
Verkehrsgutachten erstellt werden. Daraus können gemäss Stadtrat auch
Abweichungen zu geplanten Temporegime-Vorhaben resultieren.
In einem zweiten Schritt werden die übrigen Strecken
bearbeitet. Dies sind Strecken, auf denen die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30
Stundenkilometer spürbare Zeitverluste für den öffentlichen Verkehr zur Folge
hat und von denen eine grössere Anzahl Fahrgäste betroffen ist. Auf den
Strassenabschnitten, wo niemand von übermässigem Strassenlärm betroffen ist,
soll in der Stadt Zürich weiterhin Tempo 50 gelten.
VCS begrüsst Entscheid, ACS ist dagegen
Über die positiven Auswirkungen der Massnahmen sind sich
nicht alle einig. Der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) begrüsst die Ankündigung
des Zürcher Stadtrates und kritisiert gleichzeitig das Tempo, mit dem der
Entscheid gefällt worden ist. „Das hat viel zu lang gedauert“, betonte der VCS
in einer Mitteilung. Der Stadtrat habe diesen Entscheid rund zehn Jahre vor
sich hergeschoben. Lärmschutz sei in dieser Zeit nur in homöopathischen Dosen
verordnet worden.
Derweil passt dem Automobil Club der Schweiz (ACS) der
Entscheid nicht: Autofahrer seien in der Stadt Zürich nicht mehr erwünscht. Bei
flächendeckendem Tempo 30 bestehe zudem die Gefahr, dass sich der Verkehr weg
von den Hauptachsen in die Quartiere verlagere. Dazu wären Velofahrer teils
schneller unterwegs als Autos, was der Verkehrssicherheit abträglich sei.
Winterthur plant flächendeckend Tempo 30
Ähnliche Pläne wie Zürich hegt Winterthur. Vergangene Woche hatte Winterthur bekannt gegeben, dass auf den meisten Strassen Tempo 30 eingeführt werden soll. Zunächst soll bis 2025 auf den Strassen um die Altstadt und in den Quartierzentren Tempo 30 eingeführt werden. Danach folgen die Strassen rund um die Zentren. – Und in den Wohnquartieren soll das Tempo auf 20 Stundenkilometer beschränkt werden. (sda/mai)