Veloförderung: Es hat noch Luft nach oben
Zwischen den Schweizer Agglomerationen bestehen deutliche Unterschiede in der Velonutzung. Im St. Galler Rheintal und in Burgdorf werden zum Beispiel mehr als 13% aller Etappen der Einwohnerinnen und Einwohner mit dem Velo zurückgelegt. In einigen Westschweizer Agglomerationen sind es dagegen weniger als 1% oder 2%.
Das besagt die Studie «Veloverkehr in den Agglomerationen – Einflussfaktoren, Massnahmen und Potenziale». Diese wurde durch ein Team aus Veloverkehrsexperten und Forschenden der Büro für Mobilität AG (Bern), der Interface Politikstudien GmbH (Luzern) und der Hochschule Luzern zwischen 2012 und 2015 erarbeitet.
Diverse Gemeinden haben Nachholbedarf
Experten in Gemeinden von 35 Agglomerationen haben in Interviews bewertet, in welcher Intensität und Qualität diverse Massnahmen zur Förderung des Veloverkehrs umgesetzt wurden. In den Agglomerationen der bekannten Schweizer «Velostädte» (zum Beispiel Winterthur, Burgdorf, Basel) wurde die Förderpolitik stark positiv beurteilt. Nachholbedarf wird in einigen Gemeinden in der lateinischen Schweiz gesehen. Alle Experten erwarten für die Zukunft eine positive Entwicklung der Velonutzung in ihrer Agglomeration.
Die heute «klassenbesten» Agglomerationen (darunter Burgdorf, Winterthur, Chur, Biel) können die Velonutzung gemäss der Untersuchung mit den bisherigen Massnahmen nur noch wenig steigern. Für eine deutliche Steigerung brauche es ein weitaus höheres Intensitäts- und Qualitätsniveau der Veloverkehrsförderung.
Veloverkehr könnte zwischen 20% und 100% gesteigert werden
In vielen anderen Agglomerationen sind laut den Studienverfassern mit den in der Schweiz bewährten Fördermassnahmen noch Steigerungsraten zwischen 20% und 100% möglich (zum Beispiel Baden-Brugg, Bellinzona, Genf, Thun und Zürich). Jene Agglomerationen mit dem grössten Nachholbedarf könnten den Veloverkehr sogar mehr als verdoppeln (z.B. Fribourg, La Chaux-de-Fonds, Lausanne, Lugano).
Für eine erfolgreiche Veloverkehrsförderung braucht es massgeschneiderte Konzepte und Massnahmen für jede Agglomeration, wie die systemische Untersuchung in den Fallbeispielen Luzern und St. Gallen ergeben hat.
Die Forschungsarbeit gibt grundsätzliche Handlungsempfehlungen mit drei strategischen Stossrichtungen:
- In Agglomerationen mit einer geringen Velonutzung aber insgesamt günstigen Rahmenbedingungen, sollte es primär darum gehen, sich in der Veloverkehrsförderung an den «besten» Schweizer Agglomerationen zu orientieren.
- In Agglomerationen mit ungünstigen Rahmenbedingungen (etwa wegen der Topografie oder der Witterung) sollte versucht werden, diese Hemmnisse durch spezifische Massnahmen zu kompensieren (zum Beispiel mit Steigungshilfen, E-Bike-Förderung, Winterdienst).
- Für die «klassenbesten» Agglomerationen braucht es Mut für eine höhere Massnahmenintensität sowie neue, innovative Fördermassnahmen (zum Beispiel Veloschnellrouten, grüne Welle für Velos). Dabei kann man sich beispielsweise auch an ausländischen Städten (in Holland, Dänemark, Deutschland etc.) orientieren. (mgt/mrm)
Abbildung 1 (zum Vergrössern klicken): Anteil der Veloetappen an allen Etappen der Einwohner je Agglomeration im Jahr 2010 (gemäss Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2010)
Abbildung 2 (zum Vergrössern klicken): Velonutzung und Steigerungspotenziale in den untersuchten Agglomerationen (Anteil der Veloetappen an allen Etappen, gemäss eigene Modellschätzungen)