Unwetter 2020: Rekordverdächtig geringe Schäden in der Schweiz
Überschwemmungen, Rutschungen, Murgänge und Sturzprozesse hatten 2020 in der Schweiz zu Schäden in der Höhe von rund 40 Millionen Franken geführt. Besonders betroffen waren die Region Luzern und das Tessin. Dies zeigt die jährliche Auswertung der Unwetterschadensdaten der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL.
Quelle: Ufficio dei corsi d’acqua, Dipartimento del territorio, TI
Nach heftigen Regenfällen (>400mm) am 3. Oktober 2020 lösten sich am 7. Oktober bei Camedo TI zirka 2000 Kubikmeter Fels- und Erdmaterial und blockierten die Transitstrasse durch das Centovalli.
Die WSL führt die Auswertung seit 49 Jahren durch; für das Jahr 2020 verzeichneten die Experten der WSL rekordwürdig geringe Unwetterschäden: Es rangiert unter den zehn Jahren mit den geringsten Schäden. Von den insgesamt knapp 40 Millionen Franken, gingen 82 Prozent der Schäden auf das Konto von Hochwasser, Oberflächenabfluss und Murgängen. Schäden durch Rutschungen (10%) und Sturzprozesse (8%) gab es relativ wenige. Ihr Anteil an den Gesamtschäden des letzten Jahres war jedoch überdurchschnittlich.
Das Gros der Schäden ereignete sich in den Monaten Juni, Juli, August und Oktober. Laut den Experten der WSL lässt sich die relativ geringe Schadenssumme hauptsächlich mit Ursachen erklären: Einerseits gab es wegen der langen Trockenperioden witterungsbedingt weniger Schäden, andererseits bewährten sich technische und organisatorische Massnahmen gegen Naturgefahren, welche Schäden verhinderten oder zumindest begrenzten.
Gewitterniederschläge im Juni verursachten im Tessin Überschwemmungen
Rund die Hälfte der Schadenssumme entstand in den Kantonen Tessin und Luzern und summierte sich an nur sechs Tagen auf. Im Tessin führten anfangs Juni vor allem um Lugano Gewitterniederschläge zu überschwemmten Kellern und Strassen. Weitaus grösser waren die Folgen der ergiebigen Niederschläge Ende August im Tessin und in den angrenzenden Gebieten des Kantons Graubünden: Es kam zu Überschwemmungen, Rutschungen und Steinschlägen. In Bissone und Gambarogno mussten mehrere Häuser evakuiert werden. Vielerorts kam es zu Unterbrüchen und Behinderungen des Strassen- und Bahnverkehrs und dutzende Personen waren von der Umwelt abgeschnitten.
Quelle: Feuerwehr Stadt Luzern
Heftige Gewitter am 1. und 2. Juli führten in der Region Luzern zu erheblichen Problemen, so auch an der Haldenstrasse beim Verkehrshaus in Luzern.
Im Raum Luzern verursachten Ende Juni und anfangs Juli heftige Gewitter grössere Schäden, meist Überschwemmungen aus Oberflächenabfluss. Wassermassen fluteten Keller, Tiefgaragen und Strassenunterführungen. In der Stadt Luzern verwüstete der Gerlisbergbach im Würzenbachquartier die Wohnungen eines Mehrfamilienhauses, zudem kam zu Verkehrsunterbrüchen wegen unter Wasser stehender Strassen. Erheblich waren die Schäden auch in Ruswil, wo mehrere Bäche über die Ufer traten.
Tief „Brigitte“ sorgte im Oktober für Rekordregen in der Schweiz
Anfang Oktober brachte das Tief „Brigitte“ Rekordregen über die Schweiz. Angesichts der gewaltigen Niederschlagssummen hielten sich die Schäden jedoch in Grenzen. Dieser Umstand sei massgeblich den sich bewährenden Schutzmassnahmen gegen Naturgefahren und der rechtzeitigen Vorbereitung der Einsatzkräfte zu verdanken gewesen, schreibt WSL. So wurde etwa im Kanton Uri die Autobahn gesperrt und die hochwasserführende Reuss zwischen Attinghausen und Flüelen über die Entlastungsanlage auf die A2 gelenkt. Dadurch blieben der Region grossflächige Überschwemmungen erspart. In Diesbach und Bettschwanden (GL) verhinderte das rasche Handeln der Feuerwehr, dass sich die Geschiebemassen des hochgehenden Diesbachs durch die Dörfer wälzten. Auch in Locarno war man vorbereitet und räumte das Gebiet in Seenähe bereits am Vortag der Überschwemmungen.
Trotz aller Schutzmassnahmen lassen sich nicht alle Unglücke verhindern. So kam im Oktober in Finhaut (VS) eine Person ums Leben, als ihr Auto von einem Steinschlag getroffen wurde. Allerdings war dies der einzige durch die erfassten Prozesse verursachte Todesfall im vergangenen Jahr. (mgt/mai)