15:24 KOMMUNAL

Über 1300 Baumarten in Städten: Ein gefundenes Fressen für Schädlinge?

Teaserbild-Quelle: Reinhard Lässig

Städte als Horte der Biodiversität? Während in Schweizer Städten über 1300 Baumarten gedeihen, sind es in den Wäldern nur 76. Dies geht aus einer Untersuchung der Eidgenössischen  Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hervor. Sie zeigt auch, dass damit eingeschleppte Waldschädlinge oder -krankheiten in der Stadt wesentlich mehr potenzielle Wirte finden – und  sich von dort in die Wälder ausbreiten könnten.

Bäume auf dem Sechseläutenplatz

Quelle: Peter Longatti

Die Bäume auf dem Sechseläutenplatz in Zürich sind im Baumkataster eingetragen. Es sind nicht-einheimische Rot-Eichen (Quercus rubra) und Dornenlose Gleditschien (Gleditsia triacanthos f. inermis), beides nordamerikanische Arten.

Für die Studie verglichen der Waldschutzexperte Benno Augustinus und seine Kollegen auf der Grundlage der Baumkataster die Baumarten-Zusammensetzung in 26 Schweizer Städten mit jener der umliegenden Wälder - und konnten so Informationen zu über 500'000 Stadtbäumen berücksichtigen. Dabei stellten sie fest, dass der Artenreichtum in den Städten enorm hoch ist: Während hier 1300 Baumarten gedeihen - die meisten nicht einheimisch - sind es in umliegenden Wäldern lediglich 76.
Auch wenn diese «verblüffende Vielfalt» laut WSL etwas relativiert werden muss, weil meist zahlenmässig einige wenige Arten wie Ahorne und Linden in Städten dominierten, meint Augustinus, dass sich der Vergleich von städtischen und umliegenden Waldbäumen gelohnt hat. «Denn Städte gelten gemeinhin als arm an Vielfalt und Wälder als reich.» - In Wäldern, die in einem Umkreis von zehn Kilometern von Städten entfernt liegen, gibt vor allem Fichten und Buchen – dann komme lange nichts, heisst es in der Medienmitteilung.

Das Forschungsteam hat berechnet, wo potenziell gefährliche Waldschädlinge respektive Qurantäneschädlinge die meisten passenden Wirte finden. Quarantäneschädlinge sind Schädlinge, die in der Schweiz gar nicht oder nur lokal auftreten und heftige Schäden anrichten können, für sie gilt eine Melde- und Bekämpfungspflicht. Ein Beispiel ist der Asiatische Laubholbockkäfer: Er befällt unterschiedlichste Laubholzbäume und kann sie laut Bundesamt für Umwelt innert weniger Jahre zum Absterben bringen. Entsprechend hoch sind die wirtschaftlichen und ökologischen Schäden für betroffene Gebiete.

Die meisten invasiven Arten durch den Handel eingeschleppt

Asiatische Laubholzbockkäfer

Quelle: Reinhard Lässig

Der Asiatische Laubholzbockkäfer ist ein Quarantäneorganismus, weil er viele Laubholzbaumarten befallen kann.

Augustinus und seinen Kollegen kamen zum Schluss, dass Städte wegen ihrer Baumvielfalt besonders interessant für eingeschleppte Schädlinge sind: Sie finden hier prozentual mehr Wirte als im Wald. Das ist laut WSL insofern relevant, weil die meisten invasiven Arten durch Handel eingeschleppt werden, der wiederum in städtischen Gebieten stattfinde, nicht in der Mitte des Waldes. Durch den internationalen Waren- und Personenverkehr würden immer mehr Wald- oder Landwirtschaftsschädlinge quer durch die Welt transportiert. 

In der Praxis bedeutet dies, dass Stadtbäume Einfallstore für invasive Waldschädlinge sein können. Soll der Wald vor ihnen geschützt werden, sollte laut den Wissenschaftlern in der Stadt nach ankommenden Schädlingen Ausschau gehalten werden. «Dabei hilft es sehr, wenn auch die Bevölkerung die Augen nach kranken Bäumen offenhält», sagt Augustinus. Zusätzlich könnte man auch die städtischen Bäume besser schützen, indem man auf die Expertise der Forstbetriebe setze. «Man kann unsere Studie auch als Aufruf zu mehr Zusammenarbeit zwischen Förstern und Managern von städtischem Grün sehen.» (mgt/mai)

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