Tigermücken auf der Baustelle: Nein danke
Die Asiatische Tigermücke sticht aggressiv und das auch tagsüber. Das macht sie deutlich lästiger als unsere heimischen Mücken. Die invasive Mückenart muss von Amts wegen bekämpft werden, damit sie sich nicht festsetzt. Was auf der Baustelle zu tun ist, um keine Brutstätte für die lästigen Plagegeister zu bieten.
Heimische Stechmücken werden erst in der Dämmerung richtig lästig. Zum Glück ist es meist nicht mehr weit bis zum Feierabend, wenn die Plagegeister aktiv werden. Falls Stechmücken aber auch tagsüber ständig ihre Stechrüssel ausfahren und dann auch noch besonders stark schwellende und juckende Quaddeln zurücklassen, ist Gefahr im Verzug.
Dann
handelt es sich meist nicht um einheimische Arten, sondern um eingeschleppte
wie die Asiatische Tigermücke. Diese wird mit gutem Grund sogar von Amts wegen
bekämpft. In ihrem Herkunftsgebiet überträgt sie Dengue-, Chikungunya- und
Zikaviren. Bisher ist für die Schweiz kein Übertragungsfall nachgewiesen.
Sollte allerdings doch irgendwann eine Mücke infiziertes Blut saugen, könnte
sich das ändern. Die Behörden beobachten Befallsherde daher aufmerksam.
Spielzeugbagger als Brutstätte
Nach Europa kam die Mücke ohne grosses eigenes Zutun über Warentransporte. Gabi Müller, Leiterin Schädlingsprävention und -beratung der Stadt Zürich, berichtet: «Sind die Mücken erst einmal da, dann reichen ihnen schon kleinste Wasseransammlungen in Blumenuntertöpfen oder im Regen vergessenes Sandspielzeug als Brutstätte aus. Wenn sie sich erst einmal vermehren, wird es schnell ungemütlich, da sie häufig und aggressiv stechen und das auch tagsüber.»
Quelle: Pie Müller, Swiss TPH
Dolen in Befallszonen werden regelmässig auf Eier und Mückenlarven untersucht. Die Bekämpfung erfolgt mit Bti (Bacillus thuringiensis var. israelensis). Hier sind u.a. Mitarbeitende des Tropeninstituts in Basel im Einsatz.
Es handelt sich um einen schlauen Mechanismus, mit dem die
Mücken sicherstellen, dass ihr Nachwuchs nicht in einer austrocknenden Pfütze
vorzeitig abstirbt. Er schlüpft erst, wenn sicher ausreichend Wasser vorhanden
ist, dass er seine Entwicklung abschliessen kann, bevor es verdunstet ist. Das
Schlüpfen ist abhängig von der Tageslänge. Ab etwa Mitte September sind die
Tage bereits so kurz, dass keine Mücken mehr schlüpfen.
Pie Müller vom Schweizer Tropen- und Public Health-Institut
(Swiss TPH) in Basel beobachtet mit seinem Team seit acht Jahren die
Einschleppung der Tigermücke entlang der Hauptverkehrsachsen der Schweiz. Er
ist Mitgründer des Nationalen Mückennetzwerks. Er fasst die Situation so
zusammen: «Die Tigermücke wurde erstmals 2003 im Tessin nachgewiesen. Seit 2013
stellen wir entlang der Autobahnen Fallen auf. So konnten wir verfolgen, wie
die Mücke bequem per ‹Autostop› regelmässig auch nördlich der Alpen
eingeschleppt wird. 2015 war sie bereits in Basel angekommen.»
Hundertfach Mückenpost
Verdächtige schwarzweiss gestreifte Mücken kann und sollte man zur näheren Bestimmung einsenden (siehe Kasten). Über siebenhundert Mails mit Fotos und Briefe mit Insekten wurden alleine im 2021 aus der Region Nordwestschweiz ans Swiss TPH geschickt. Häufig stecken in den Umschlägen keine Tigermücken, sondern Japanische Buschmücken. Sie sind schwarzweiss wie die Tigermücken. Sie unterscheiden sich aber, da sie deutlich grösser sind als unsere heimischen Mücken. Die Experten haben sie jeweils schnell aussortiert.
Quelle: Gabi Müller
In Befallsgebieten werden Mückenfallen aufgestellt, um die Entwicklung der Population beobachten zu können. Die Bekämpfung der Mücken erfolgt von Amts wegen.
Deshalb gilt es auch auf der Baustelle, Wasseransammlungen
zu vermeiden und Wasser, das sich nach Regenfällen in Eimern und anderem
Arbeitsmaterial gesammelt hat, wegzugiessen. «Man muss wirklich alles im Auge
behalten, in dem sich Wasser ansammeln kann. Wir haben Tigermückenlarven in der
Schaufel eines Spielzeugbaggers gefunden, in Grillschalen, die nach der
Benutzung nicht umgedreht wurden. Sogar in Sonnenschirmständern ohne Schirm
konnte sich so viel Regen-wasser ansammeln, dass wir Larven fanden», berichtet
Gabi Müller von ihren Kontrollgängen in Befallsgebieten.
Trick zum Schutz der Eier
Die Tigermücken haben dabei einen raffinierten Trick. Sie legen ihre Eier nicht etwa in sonnige Gartenteiche, in denen es Räuber wie Libellenlarven oder Fische gibt. Stattdessen bevorzugen sie kleine Wasseransammlungen im Schatten. Anders als die heimischen Mücken legen sie ihre Eier an den Rand oberhalb des Wasser-spiegels. «Die robusten Eier können dort lange überdauern und sogar überwintern. Larven schlüpfen erst, wenn es regnet und der Wasserspiegel bis über die Eiablagestelle steigt», erklärt Gabi Müller.
Wenn die eingesendete Mücke tatsächlich eine Tigermücke ist,
inspizieren die Behörden den Fundort, stellen Fallen auf, kontrollieren
Wasseransammlungen auf Larven und Eier und unterstützen bei der Bekämpfung.
Auch auf sämtlichen umliegenden Grundstücken müssen in solchen Fällen dann alle
stehenden Wasseransammlungen entfernt, abgedeckt oder mindestens wöchentlich
geleert werden. Nur so kann verhindert werden, dass sich eine dauerhafte
Population bildet.
Bekämpfung in Dolen mit Bti
Pie Müller und seine Kollegen übernehmen das Monitoring, wenn rund um Basel tatsächlich Tigermücken festgestellt werden, Gabi Müllers Team übernimmt diese Aufgabe in Zürich. In den Dolen wird von den Fachleuten mit Bti (Bacillus thuringiensis var. israelensis) bekämpft. Auf Privatgrund genügt meist das regelmässige Leeren aller Wasseransammlungen. Dazu gehört aber auch, Dachrinnen regelmässig zu reinigen oder grosse Asthöhlen, in die es hineinregnen kann, mit Sand aufzufüllen.
Quelle: Gabi Müller
Baumhöhlen sollten in gefährdeten Gebieten mit Sand aufgefüllt werden, damit sie nach dem nächsten Regen nicht zur Mückenbrutstätte werden.
Der konsequente Einsatz aller betroffenen Grundstückseigentümer kann sich lohnen, wie Gabi Müller aus eigener Erfahrung weiss: «Wir haben in Wollishofen durch konsequente Kontrolle und die engagierte Mithilfe der Bevölkerung eine Befallszone in nur zwei Jahren auslöschen können.» Beim Monitoring konnten im Herbst des zweiten Jahres nur noch wenige Herde festgestellt werden.
2020 und 2021 wurden schon keine Tigermücken mehr gefunden. Es werden aber sicherheitshalber weiterhin Fallen aufgestellt, damit ein Wiederaufflammen der Vermehrung rechtzeitig bemerkt würde. Die Bekämpfung der Tigermücke ist allerdings nur erfolgreich, wenn alle Anwohnerinnen und Anwohner mitziehen. In Wollishofen ist dies offenbar gelungen.
Die Unterschiede
Die besonders gefährliche Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ist nicht grösser als ein 5-Rappenstück. Sie hat fünf weisse Ringe an den Hinterbeinen, auch das Ende der Hinterbeine ist weiss. Auf dem Rücken befindet sich eine einzelne weisse Linie.
Die Japanische beziehungsweise Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus) ist deutlich grösser als unsere heimischen Stechmücken. Sie hat nur drei weisse Ringe an den Hinterbeinen. Das Ende der Hinterbeine ist schwarz. Auf dem Rücken hat sie drei gelbliche Längsstreifen.
Das ist zu beachten bei Meldungen von Tigermücken
Das Monitoring wird schweizweit im Auftrag des Bundesamtes
für Umwelt (Bafu) über vier regionale Meldestellen koordiniert. Ziel der
Experten ist es, sich einen Überblick zu verschaffen, wo sich die Tigermücke
bereits festgesetzt hat. Nur so können Bekämpfungsaktionen sinnvoll koordiniert
werden.
Jeder kann und soll Sichtungen online melden. Die
Expertinnen benötigen erst einmal ein brauchbares Foto des Insekts. Zudem wird
empfohlen, die Mücke für möglicherweise nötige weitere Abklärungen
aufzubewahren. Notfalls werden die Mücken plattgeschlagen, idealerweise aber
unter einem Glas eingefangen und kurz tiefgefroren.
Wenn nötig kann man die getötete Mücke dann in einen mit
Watte ausgepolsterten und mit Frischhaltefolie versiegelten Deckel einer
Pet-Flasche verpacken. Auf diese Weise passt sie noch in einen gepolsterten
Umschlag und der Versand kann mit gewöhnlichem Briefporto erfolgen. Die
Entomologen haben dabei ein Anliegen: Bitte nie eine Mücke mit Klebestreifen
fixieren. Wenn die Experten sie für die Untersuchung mit der Stereo-lupe
abnehmen müssen, verliert sie Schuppen und Beine und kann häufig nicht mehr
bestimmt werden. Die Expertinnen versuchen dennoch ihr Möglichstes. Gabi Müller
erzählt: «Einmal hat mir eine Dame eine Mücke geschickt, die sie erschlagen und
dann ins WC geworfen hatte. Als ihr einfiel, dass sie sie uns vorlegen könnte,
hat sie sie wieder herausgefischt. Aber es fehlten so viele Teile, dass ich mit
den Überresten leider nichts mehr anfangen konnte.» (ava)
Meldungen werden entgegengenommen unter: www.muecken-schweiz.ch