Teilrevision Winterthurer BZO: Stadt macht Rückzieher bei Grünflächenziffer
Die geforderte Grünflächenziffer in der revidierten Bauzonenordung von Winterthur - zum Beispiel 55 bis 65 Prozent in Wohnquartieren - hatte für Verunsicherung und heftige Kritik gesorgt. Nun krebst die Stadt zurück, das Thema soll nun noch einmal im Rahmen der Gesamtrevision "fundiert geprüft" werden.
Die Stadt Winterthur soll künftig mehr Grünflächen aufweisen. Dies ist eines der Ziele, das mit der revidierten Bauzonenverordnung (BZO) erreicht werden sollte.Sie sah vor, dass Wohngebiete künftig einen Grünflächenanteil von zwischen 55 und 65 Prozent aufweisen, Zentrums- und Arbeitsplatzonen einen Anteil von zwischen 30 und 40 Prozent. Dieses Ansinnen sorgte für heftige Kritik seitens Bürgerlichen und der Grünen, bei Betroffenen für Unmut. "Stadt schockt Architekten und Bauherrinnen mit strengeren Auflagen" titelte der Landbote dieser Tage. Zig Wohnbauprojekte müssten auf Eis gelegt werden, berichtete die Zeitung. Es gebe keinen Leitfaden, wird ein betroffener Architekt im Artikel zitiert. Man habe keine Ahnung, wie die Grünflächenziffer genau berechnet werde. "Und auch nicht, ob und wo es allenfalls noch Spielraum gäbe." - Die neuen Limiten sollten nicht nur für neue, sondern auch für hängige Baugesuche gelten.
Grünflächenziffer bezeichnet nur unversiegelten Grund
Hintergrund des Ärgers: Mit der revidierten BZO sollen verschiedene Baubegriffe vereinheitlicht werden, entsprechend der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB). In diesem Zusammenhang sollte der Begriff "Grünflächenziffer" eingeführt werden und den Begriff "Freiflächenziffer" ersetzen. Die Krux daran: Während die Freiflächenziffer sämtlichen unbebauten Grund umfasst - darunter fallen zum Beispiel auch ein Kinderspielplatz oder Wege -, umfasst die Grünflächenziffer lediglich sämtlichen unversiegelten Grund. Die anvisierten Prozentsätze sind somit recht ambitioniert - und schwer bis kaum umsetzbar.
In der Vernehmlassung wie auch in der politischen Diskussion habe sich gezeigt, dass die für Winterthur vorgeschlagenen prozentualen Anteile pro Zone als zu hoch eingeschätzt werden teilte die Stadt vor dem Wochenende mit . Es werde befürchtet, dass die Grünflächenziffer im Widerspruch zur gewünschten Innenverdichtung steht und die Bewilligungsfähigkeit bestehender und künftiger Bauprojekte in Frage stellt. Deshalb beschloss der Stadtrat, die Grünflächenziffer aus der laufenden BZO-Teilrevision auszuklammern.
Die restliche Vorlage soll bis spätestens 31. März ans Stadtparlament überwiesen werden.Die vorgeschlagenen Änderungen sind zwar noch nicht rechtskräftig, sie müssen aber wegen ihrer Vorwirkung gemäss kantonalem Planungs- und Baugesetz bei der Bewilligung von Bauvorhaben bereits angewandt werden. Anfangs vorletzter Woche forderte schliesslich eine Mehrzahl der Fraktionen des Stadtparlaments in einer gemeinsamen Erklärung den freiwilligen Rückzug der aktuell aufliegenden BZO-Teilrevision.
Grünflächenziffer erst wieder in der umfassenden Revision der BZO ein Thema
Der Winterthurer Stadtrat habe diese Forderung ernst genommen und die Optionen gründlich abgewägt, teilt die Stadt weiter mit. Er habe entschieden, die Grünflächenziffer aus der laufenden BZO-Teilrevision zurückzuziehen. - Weil sich die Kritik sich mehrheitlich auf die Grünflächenziffer bezieht und laut Stadt andere Punkte kaum umstritten sind, erachtet der Stadtrat einen Rückzug der gesamten Vorlage nicht als sinnvoll. Er will nun bis spätestens Ende März einen entsprechenden Antrag ans Stadtparlament beschliessen, gemäss welchem das Thema der Grünflächenziffer im laufenden Verfahren nicht mehr verfolgt und erst im Rahmen der umfassenden BZO-Revision wieder aufgenommen werden soll. Damit entfällt auf diesen Zeitpunkt hin auch die Vorwirkung zur Grünflächenziffer wieder. Konkret bedeutet dies, dass sich die Vorwirkung höchstens zwei Monate auf Bauherrschaften, Eigentümer und Planer auswirkt.
Ein Grossteil der kleineren Bauprojekte sei von der Grünflächenziffer nicht betroffen und bei einem weiteren Teil könnten die Bestimmungen der aufgelegten Vorlage eingehalten werden, hält die Stadt in ihrer Communiqué fest. Neu eingehende Gesuche, die betroffen seien, könnten nach Ablauf der Vorwirkung beurteilt werden und lägen immer noch innerhalb der gesetzlichen Fristen. Weiter verweist die Stadt darauf, dass in den wenigen verbleibenden Fällen, die in Konflikt mit den aufgelegten Vorgaben stehen, eine Prüfung der Baugesuchsunterlagen trotzdem erfolgen kann. Mit Einverständnis der Bauherrschaft könne mit der Bewilligung des Baugesuchs zugewartet werden, bis die Weisung ans Parlament durch den Stadtrat beschlossen worden sei. Diese «Wartefrist» beträgt laut Staadt wenige Wochen.
Somit soll das Thema "Grünflächenziffer" nun im Rahmen der geplanten Gesamtrevision der BZO zusammen mit anderen Fragen der Innenverdichtung nochmals "fundiert geprüft" werden. (mai/mgt)