Strategie und Leadership als Schlüssel zum Erfolg
Wachsende Ansprüche der Bewohner, Bevölkerungswachstum, neue Technologien und knappe öffentliche Mittel zwingen die Verwaltung dazu, neue Wege zu gehen, um den vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden. Mit sorgfältiger Strategiearbeit und einer guten Portion Leadership kann der Wandel gelingen. Das Bevölkerungsamt Zürich ist diesen Weg konsequent gegangen.
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Nicht ohne Strategie: Im Zürcher Stadthaus, wo auch das Bevölkerungsamt angesiedelt ist, überlegt man sich genau, wohin die Reise gehen soll.
Von Silvana Marazzi und Roman Macchi *
Mit einer guten Strategie auf dem Papier ist der Erfolg nicht garantiert. Langjährige Erfahrung bei der Begleitung von Projekten zur Entwicklung und Umsetzung von Strategien braucht hat gezeigt, dass es für eine erfolgreiche Strategieumsetzung drei Voraussetzungen braucht:
- Eine sorgfältig operationalisierte Strategie: Strategien bleiben oft wolkig und sind für die Mitarbeitenden zu wenig konkret. Eine sorgfältig operationalisierte Strategie umfasst eine Strategielandkarte, welche die strategischen Ziele auf einer A4-Seite übersichtlich darstellt, ein Set von pragmatischen Messgrössen und Zielwerten, um die Strategie zu quantifizieren, und einen mehrjährig ausgelegten Umsetzungsplan.
- Ein systematisches Strategiemanagement: Wichtig ist, dass die Strategie «lebt» und in den Jahreszyklus einer Organisation eingebunden ist. Dazu gehören insbesondere eine jährliche Überprüfung und Aktualisierung der strategischen Planung, eine Einbindung der Strategie in die Mitarbeiterziele sowie eine regelmässige Kommunikation der Strategie an die Mitarbeitenden.
- Nachhaltige Leadership: Eine erfolgreiche Strategieumsetzung benötigt Überzeugung, eine kontinuierliche Aufmerksamkeit und eine motivierende Hartnäckigkeit des Top-Managements. Dies im Sinne von Leadership, das gemäss dem achtstufigen Leadership-Modell von John Kotter in drei Phasen unterteilt werden kann: Klima für den Wandel schaffen, Organisation aktivieren und einbinden, Veränderungen einführen und aufrechterhalten (siehe Grafik unten).
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Das achtstufige Leadership-Modell von John Kotter hilft bei der erfolgreichen Strategieumsetzung.
«Strategisches Management ist die Königsdisziplin des Managements»
Das Stadtzürcher Bevölkerungsamt arbeitet seit über zehn Jahren systematisch mit einer Strategie. Mittlerweile steht das Amt in der dritten Strategieperiode. Im Interview macht Amtsdirektor Sergio Gut deutlich, dass es für eine erfolgreiche Strategieumsetzung nicht nur griffige Instrumente, sondern auch eine gute Portion hartnäckige Leadership braucht, um das Feuer für die Strategie am Leben zu erhalten. Gelingt es, kann man ein innovativer hoheitlicher Dienstleister werden. Interview: Silvana Marazzi und Roman Macchi *
Das Bevölkerungsamt der Stadt Zürich umfasst das Zivilstandsamt, das Personenmeldeamt sowie das Bestattungs- und Friedhofamt mit rund 220 Mitarbeitenden. Diese registrieren, verwalten und bewirtschaften Personendaten, beurkunden Zivilstandsereignisse und organisieren würdevolle Bestattungen. Steigende Bevölkerungszahlen, knappe finanzielle Mittel, wachsende Ansprüche der Bewohner und der technologische Wandel stellten das Bevölkerungsamt vor grosse Herausforderungen.
Sergio Gut, Sie haben sich vor mehr als zehn Jahren entschieden, eine Strategie zu entwickeln und ein strategisches Management einzuführen. Was hat Sie dazu bewogen?
Die Zeit war reif. Ich hatte gerade eine spannende Verwaltungsmanagement-Ausbildung an der HSG abgeschlossen und war als neuer Direktor voll motiviert, eine Veränderung einzuleiten. Die Frage war, wie man eine öffentliche und hoheitlich tätige Verwaltungseinheit wie das Bevölkerungsamt der Stadt Zürich dazu bringen kann, noch kundenfreundlicher, effektiver und effizienter als bisher zu sein. Dies bei einer hohen Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Die Antwort war einfach: mit einer klaren Strategie und einer systematischen Umsetzung.
Im Unterschied zu privaten Unternehmungen müssen öffentliche Verwaltungen eine Vielzahl von Zielen verfolgen, die widersprüchlich sind: Die Verwaltung muss den demokratischen Volkswillen beachten und mit minimalem Kostenaufwand arbeiten. Sie soll Rechtsregeln strikte einhalten und natürlich flexibel auf die Bedürfnisse der einzelnen Bürger eingehen. Das Management in der öffentlichen Verwaltung bewegt sich folglich im Spannungsfeld von Gesetz und Betriebswirtschaft. Und weil die Ansprüche in alle Richtungen wachsen und sich immer wieder verändern, muss sich die Verwaltung permanent optimieren und den Erwartungen der unterschiedlichsten Stakeholder anpassen. Es handelt sich dabei um eine sehr lustvolle Managementaufgabe. Strategisches Management ist nicht nur ein probates Mittel, nachhaltig besser zu werden, sondern auch so etwas wie die Königsdisziplin des Managements.
Nach der Strategieentwicklung geht es an die Umsetzung. Welche Hürden hatten Sie am Anfang zu bewältigen, damit die Umsetzung der Strategie gelang?
Ehrlich gesagt, kann ich mich gar nicht an grosse Hürden erinnern. Ich war als Direktor fest von der Strategieausrichtung überzeugt. Meine Geschäftsleitung unterstützte mich engagiert. Das Kader und die Belegschaft haben wir mittels Workshops in den Strategieprozess eingebunden. Alle konnten sich einbringen und wurden so zu Beteiligten. In der ersten Strategieperiode hatten wir rund einen Drittel des Personals in unterschiedlichen Arbeitsgruppen für die Strategieumsetzung aktiv an Bord. Durch kontinuierliche Information und Einbezug in die Umsetzung konnten wir eine hohe Verbindlichkeit in Bezug auf die Strategie schaffen.
Im Nachhinein betrachtet, waren wir etwas gar zackig unterwegs. Ein grosses IT-Projekt hatte viele interne Ressourcen benötigt und so Kapazität besetzt, die für die Umsetzung der Strategie wichtig gewesen wäre. Als Direktor habe ich diese Überforderung ernst genommen und signalisiert, dass wir die Umsetzung der Strategie auch langsamer angehen können. Meine Bereitschaft auf diese Bedenken einzugehen, war intern ein entscheidendes Signal, um das Commitment der Organisation beizubehalten. Ja, sogar noch zu erhöhen.
Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht das Thema «Leadership» n der Strategieumsetzung?
Es braucht eine klare Vision und die passende Strategie, die den Weg zum Ziel nachvollziehbar abbildet, sowie Managementinstrumente, die die Umsetzung steuern. Und dann braucht es viel Kommunikation und hartnäckiges Dranbleiben, sprich Leadership, um das Feuer für die Strategie am Leben zu halten. Wir führen beispielsweise mit neuen Mitarbeitenden eine Strategieschulung durch, um sie rasch einzubinden. Wichtig ist auch das Feiern von Erfolgen in der Umsetzung. Das gibt der gesamten Organisation Schwung – von der Geschäftsleitung bis zur Basis, sofern alle auch in die Umsetzung eingebunden sind. Leadership heisst aber auch, die grossen Veränderungsthemen rechtzeitig zu platzieren und über lange Sicht hinweg Sensibilität und somit Veränderungsbereitschaft zu schaffen. So sind uns auch grosse Vorhaben gelungen, wie beispielsweise die Umsetzung von E-Government oder die Reduktion der Anzahl Kreisbüros in der Stadt Zürich.
Wie hat das Strategiemanagement die Führung und die Organisation über die vergangenen Jahre geprägt?
Wirkungsvolle Werkzeuge wie beispielsweise eine Strategielandkarte helfen uns in der Geschäftsleitung, uns über die Strategie auszutauschen und diese intelligent und einfach zu kommunizieren. Ein wichtiger Nebeneffekt des Strategiemanagements ist, dass die Mitarbeitenden sich in den Arbeitsgruppen positionieren und auf sich aufmerksam machen können. Die Strategie ist für uns deshalb auch eine geeignete Plattform für das Talentmanagement. Das wiederum steigert die Begeisterung bei den Mitarbeitenden und sorgt für langfristige Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung.
Wie hat sich die Aussensicht der wichtigsten Anspruchsgruppen auf das Bevölkerungsamt verändert?
Eigenlob stinkt, sagt der Volksmund zu Recht. Wir bekommen aber tatsächlich viele Blumen. Regelmässige Kundenund Mitarbeiterumfragen, Resultate aus Leadership-Einschätzungen, Rückmeldungen aus gezielten Interviews mit Politik, Aufsichtsbehörden, Lieferanten zeigen uns deutlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich denke, wir sind professioneller, kundenorientierter, innovativer geworden und vor allem als Gesamtorganisation fit für Veränderungen. Das lässt sich alles messen und ausweisen.
Bei der erstmaligen Strategieentwicklung und bei den insgesamt zwei Strategiereviews haben Sie mit einer Consultingfirma zusammengearbeitet. Welche Rolle spielen externe Berater im Strategieprozess?
Ich denke es ist wichtig, dass sich das Management auf die Inhalte im Strategieprozess konzentrieren kann. Ein externer Sparringpartner ist sehr sinnvoll, um uns aus der Komfortzone zu holen und den nötigen Aussenblick sicher zu stellen. Eine entscheidende Rolle spielt natürlich auch die methodische Begleitung um sicherzustellen, dass die Resultate effektiv erreicht werden und sich die Instrumente in der Praxis bewähren.
* Silvana Marazzi ist Senior Consultant, Roman Macchi Associate Partner beim Beratungsunternehmen BCP Business Consulting Partner AG in Basel.
Luzerner Management Forum für die öffentliche Verwaltung
Am 5. Luzerner Management Forum für die öffentliche Verwaltung unter dem Motto «Leadership in Politik und Verwaltung – gestalten statt verwalten!» vom 22. November 2018 berichtet Sergio Gut über die spannende Reise des Bevölkerungsamts der Stadt Zürich von der Amtsstube zur performanceorientierten Organisation. Das Kommunalmagazin ist Medienpartner der Veranstaltung.