Standortförderung in der Schlossregion Lenzburg
Im letzten Jahr entwickelte der Gemeindeverband «Lebensraum Lenzburg Seetal» eine Standortförderstrategie für seine 26 Mitgliedsgemeinden − ein Prozess, der als exemplarisch bezeichnet werden darf. Alle Gemeinden wurden ins Boot geholt, und die Umsetzung ist bereits angelaufen.
Quelle: Lutz Fischer-Lamprecht (CC BY-SA 4.0)
Was für Lenzburg als Zentrumsgemeinde gut ist, nützt in den meisten Fällen auch den kleinen Gemeinden in der Region.
Von Oliver Bachmann*
Der Gemeindeverband «Lebensraum Lenzburg Seetal» (LLS) setzte sich das Ziel, eine aktive, breit abgestützte Standortförderstrategie und gleichzeitig massgeschneiderte Strukturvorschläge für ihre zeitnahe Umsetzung zu erarbeiten. Den Entwicklungsprozess, der im März 2017 startete, gab der beigezogene Fachmann für Standortförderung präzis vor und übernahm auch die Moderation.
Die Inhalte hingegen waren offen. Sie wurden von den Teilnehmenden in drei Workshops erarbeitet und durch den Moderator laufend aufbereitet. «Eingebunden waren Leute aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Dabei waren kleine, aber auch international tätige Unternehmen vertreten. So haben wir ein vielfältiges Abbild der Region erhalten», sagt Daniel Mosimann, LLS-Präsident und SP-Stadtammann von Lenzburg.
Eine Woche vor dem nächsten Workshop hatten jeweils alle Teilnehmenden die entsprechenden Unterlagen − eine wichtige Massnahme, um sie auf den nächsten Schritt einzustimmen und so ihre aktive Mitwirkung zu unterstützen.
Tempo und Dichte des Prozesses, die präzise Strukturierung und Führung der Workshops sowie die hohen Anforderungen des komplexen, wichtigen Themas lösten bei den Teilnehmenden einen «Flow» aus. Sie spürten, dass sie ihre kostbare Zeit gut investierten: in die Zukunft der Region − den gemeinsamen Lebens- und Arbeitsraum, der auch den Bedürfnissen kommender Generationen gerecht werden soll.
Gemeinsame Ziele definieren
In den Workshops stellten sich die Teilnehmenden grundsätzliche Fragen zum regionalen Raum. Substanzielle Themen, Chancen und Probleme wurden diskutiert. Wirtschaftsexperten und Gemeindevertreter betrachteten ihre individuellen Perspektiven im Gesamtzusammenhang und entwickelten gemeinsame Positionen.
Gleichzeitig bildete der Wissensaustausch für Exekutivmitglieder und Wirtschaftsvertreter eine grosse Chance, sich kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen − denn die Vernetzung ist ein wichtiges Nebenprodukt der Standortförderung.
Ende Mai 2017 − nach drei Monaten – lagen die gemeinsamen Ziele für den regionalen Standort und 30 priorisierte Massnahmenvorschläge vor, dazu ein strukturelles Gerüst, das den Weg für die Umsetzung der erarbeiteten Vorschläge ebnet.
Quelle: Oliver Bachmann, Metron AG
Die neun wichtigsten Erfolgsfaktoren für gelungene Standortförderungen.
Viel Überzeugungsarbeit
Daraufhin präsentierten die Verantwortlichen ihre Standortförderungsstrategie dem Vorstand von LLS, in dem die Ammänner der 25 Verbandsgemeinden Einsitz haben. Jene Gemeindevertreter, die am Standortförderungsprozess beteiligt gewesen waren, hatten einen Wissensvorsprung. Nun galt es, dieses Wissen weiterzugeben. Man wollte die Gemeinden nicht überreden, sondern überzeugen.
Es galt klarzustellen: Es nützt auch der Gemeinde mit 700 Einwohnern etwas, wenn in den grösseren Gemeinden Arbeitsplätze geschaffen werden. Denn wer in der Region arbeitet, wohnt auch gern in der Region, und wenn neue Familien ins Dorf ziehen, kann die Schule erhalten werden. Unverzichtbar für die breite Akzeptanz der Standortförderstrategie war schliesslich auch das grosse Engagement des Verbandspräsidenten.
Erstes Projekt: Datenbank
Ein wichtiges Resultat der Standortförderstrategie ist die Schaffung einer 60-Prozent-Stelle für die Standortförderung der Region, die seit 1. Februar 2018 besetzt ist. Gleichzeitig entstand die regionale «Kerngruppe Standortförderung» die sich aus Vertretern von Politik und Wirtschaft zusammensetzt.
Eines der ersten Projekte ist die Erhebung aller in den Gemeinden noch vorhandenen Flächen und leerstehenden Gebäude (Industrie- und Gewerbe). Diese Informationen werden in die Immobiliendatenbank des Kantons eingespeist. Die Datenbank erlaubt es, schnell auf Anfragen zu reagieren. Ausserdem wird die aktive Vernetzung der verschiedenen Player in der «Schloss- und Genussregion» vorangetrieben − von Nahrungsmittelproduzenten, Landwirten und Gastronomen.
Fester Bestandteil der Standortförderstrategie ist auch das Controlling: Die Teilzeitstelle für die Standortförderung ist vorerst nur befristet bewilligt worden. Nach zwei Jahren wird der Erfolg der Massnahmen überprüft und im Gemeindeverband zur Diskussion gestellt.
* Oliver Bachmann war bis 2017 bei der Standortförderung des Kantons Aargau tätig. In dieser Funktion moderierte er Prozess und Workshop für den Lebensraum Lenzburg Seetal. Heute arbeitet er bei der Metron AG in Brugg AG und unterstützt Gemeinden, Regionen und Kantone beim Aufbau und Betrieb von Standortförderungen.
Tipps für Gemeinden und Regionen
Was rät Daniel Mosimann, Präsident Lebensraum Lenzburg Seetal und Stadtammann von Lenzburg, anderen Regionen oder Gemeinden in derselben Situation?
- Es ist wichtig, dass der Prozess von einem externen Fachmann für Standortförderung begleitet wird.
- Eine möglichst breite Palette von Leuten der Region beiziehen, die mitdenken und mitarbeiten.
- Ganz wichtig ist, dass das Konzept und die Umsetzung so ausgelegt sind, dass alle Gemeinden der Region davon profitieren.
- Es braucht viel Überzeugungsarbeit.