Stadtreinigung Basel lässt Müllberge für einmal liegen
Müllberge gibt es in Basel eigentlich nicht, dafür sorgt die Stadtreinigung. Diesmal aber liess sie den achtlos weggeworfenen Müll einer Woche einfach liegen. Eine Sensibilisierungsaktion gegen Littering.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Eine Woche lang wurde der achtlos liegen gelassene Müll entlang des Rheinbords gesammelt und dann an der mittleren Brücke wieder ausgebreitet.
Essensreste, Körperflüssigkeiten, Zigi-Stummel, verdreckte Plastiksäcke – je höher die Sommersonne stieg, desto deutlicher roch man die Müllhaufen, noch bevor man sie sah. Einen ganzen Tag lang schmorten sie unter der Sonne.
Nicht etwa, weil die Basler Stadtreinigung sich nicht gekümmert hätte. Im Gegenteil: Ihre Mitarbeitenden hatten eine Woche an drei Littering-Hotspots entlang allen Müll sorgfältig in einer Mulde gesammelt. Nur um ihn dann einen Tag lang ebenso sorgsam wieder auszubreiten.
Dominik Egli, Leiter der Stadtreinigung, erklärt den Hintergrund: «Mit unserer Aktion <stattReinigung> wollen wir den Bürgern bewusst machen, wie viel Abfall achtlos liegen gelassen wird.»
Die Stadteinigung liess den Müll nicht einfach nur in der Sonne vor sich hin schmoren. An jeder der drei Sammelstellen harrten orangefarben gekleidete Mitarbeitende aus, die den Bürgern den Sinn der Aktion erklärten. Das Echo schwankte grossteils zwischen Betroffenheit und Verständnis.
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Littering kostet uns in Basel Jahr für Jahr zwischen fünf und sieben Millionen Franken. Wollen wir wirklich so viel Geld für die Achtlosigkeit anderer ausgeben?
Dominik Egli, Leiter der Stadtreinigung Basel.
Dominik Egli, Leiter der Stadtreinigung Basel.
Fünf bis sieben Millionen Franken
Egli erläutert: «Littering kostet uns in Basel Jahr für Jahr zwischen fünf und sieben Millionen Franken. Wollen wir wirklich so viel Geld für die Achtlosigkeit anderer ausgeben?» Müll, der wegen Überfüllung neben den öffentlichen Abfallkübeln landete, wurde in der Zeit wie gewohnt abtransportiert.
Egli: «Alles, was wir hier sehen, ist Abfall, bei dem jemand beschlossen hat, dass er ihn einfach liegen lässt.» An einem Mangel an Mülleimern liegt es in Basel nicht. Entlang des Rheinbords, das im Sommer intensiv genutzt wird, hat die Stadtreinigung längst zusätzlich zu den vorhandenen Mülleimern in regelmässigen Abständen noch grosse Container aufgestellt. Dennoch ist die Strecke, die die Mitarbeitenden der Stadtreinigung dort nach einer Woche aufschütten konnten, mit Abstand die längste.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Private haben die Aktion «Stopp dem Rheinwurf» gestartet. Entlang des Ufers kann man bereitgestellte Aschenbecher ausleihen, die man mit zum Strand nehmen kann.
Mehr Container, mehr illegal entsorgter Hausmüll
«Die Leute nehmen natürlich wahr, dass das Rheinbord besonders vom Littering betroffen ist, und fragen dann immer wieder nach, warum wir nicht mehr Container aufstellen», sagt Egli, «aber wir haben längst festgestellt, dass mehr Container nicht weniger Littering bringen.
Dafür bringen sie noch mehr illegal entsorgten Hausmüll.» Allein durch illegal entsorgten Hausmüll entstehen seinen Zahlen zufolge Kosten von zwei bis drei Millionen Franken zusätzlich zu den sieben Millionen, die das Littering kostet.
Insgesamt hat die Stadtreinigung 300 Kilometer Strassen und 500 Kilometer Trottoirs zu putzen, dazu kommen 300 000 Quadratmeter Plätze und das Leeren von tausend Abfalleimern. Gesamtkosten: 20 Millionen Franken.
Davon fallen nach Eglis Berechnungen etwa die Hälfte für das Entsorgen von illegal entsorgtem Abfall von der achtlos fallengelassenen Bierdose bis zum Hausmüll an, für den sich jemand die Gebühr für den Bebbi-Sagg sparen wollte.
Natürlich gibt es eigentlich Bussgelder, aber solange Polizei in der Nähe ist, lässt kaum jemand Müll fallen. Littering kostet in Basel 80 Franken Strafe, verbotenes Beseitigen von Haushaltsabfällen in Abfallbehältern 100 und auf der Allmend gleich 200 Franken.
Quelle: Alexandra von Ascheraden
Die Sensibilisierungsaktion «stattReinigung» sollte zeigen, wie gross das Littering-Problem in Basel ist. An den Sammelstellen harrten Mitarbeiter aus, die der Bevölkerung den Sinn der Aktion erklärten.
Dosen gegen Kippen
Nicht nur die Stadtreinigung kämpft übrigens dagegen an – auch so mancher Anwohner nervt sich. So entstand beispielsweise im Mai die Aktion «Stopp dem Rheinwurf». Drei jungen Anwohnern, die selber gern rauchend am Rheinbord sitzen, stiessen die überall herumliegenden Zigarettenstummel irgendwann sauer auf. So starteten sie ein Projekt, für das sie erfolgreich das nötige Geld über Crowdify einsammelten. «Eine Kippe im Rhein vergiftet 48 Liter Wasser», schreiben die Initiatoren dort.
Nun stehen entlang des Flusses Dosen frei zur Verfügung, die man mit hinunter ans Wasser nehmen kann. Vor dem Nachhausegehen leert man die darin gesammelten Kippen in den nächsten Container und stellt die Dose an eine Sammelstelle zurück.
Die drei Initiatoren sammeln mit Hilfe von Freunden trotzdem zurückgelassene Dosen täglich vom Strand. Es ist im Moment noch ein reines Privatprojekt, das die Stadtreinigung zwar begrüsst, aber nicht personell unterstützen will. Immerhin beobachtet man den Erfolg aufmerksam.