Spesenskandal im Genfer Stadtrat
Weil es für Stadträte in Genf keine klaren Regeln für berufliche Unkosten gibt und keine fundierte Überprüfung der Spesen stattfindet, haben die Magistraten tüchtig zugelangt. Allen voran CVP-Politiker Guillaume Barazzone: 2017 liess er sich 42 000 Franken auszahlen – davon 17 000 fürs Diensthandy. Nun zeigt er sich reuig und will rund 50 000 Franken zurückzahlen.
Quelle: Asmus Koefoed (CC BY-SA 3.0)
In Genf spritzt nicht nur der Jet d'Eau: Ein Genfer Stadtrat setzte eine Flasche Champagner und Cocktails, die er zu später Stunde in einer Karaokebar konsumierte, auf die Spesenrechnung.
Der Genfer Rechnungshof prangert die Auswüchse bei den Spesen der Genfer Stadtregierung an: Im Verlaufe seiner Untersuchung machte er Ausgaben aus, die «keinen beruflichen Zusammenhang hatten», sagte Richterin Isabelle Terrier vor den Medien. Der Prüfungsbericht kritisiert allen voran CVP-Nationalrat Guillaume Barazzone, der seit 2012 in der Stadtregierung von Genf sitzt.
Barazzone war laut dem Prüfungsbericht dasjenige Exekutivmitglied, das im letzten Jahr mit 42 00 Franken am meisten Spesen machte. Von dieser Summe entfallen über 17 000 Franken auf Mobiltelefon-Kosten, «ein Betrag, der fünfmal höher ist als im Mittel seiner anderen Kolleginnen und Kollegen», unterstrich Terrier.
«Geschäftsessen» an Weihnachten
Barazzone und Esther Alder (Grüne), die über einen Parkplatz im Stadtzentrum sowie ein Abonnement der Verkehrsbetriebe verfügt, nahmen 2017 zudem je über 100 Mal das Taxi für 3000 Franken pro Kopf. Gewisse Taxifahrten erfolgten spät in der Nacht und führten zu privaten Adressen, so Terrier.
Als weitere Beispiele für nicht gerechtfertigte Vergütungen nannte die Richterin späte Nachtessen an ungewöhnlichen Orten für öffentliche Funktionen, so etwa an Touristenorten im Ausland oder in Imbissstuben am Strand. Auch soll es vorgekommen sein, dass Mitglieder der Genfer Stadtregierung an Feiertagen wie zum Beispiel dem 25. Dezember auf Kosten der Steuerzahler Spesen machten.
Weitere Auslagen betrafen starke alkoholische Getränke, ebenso wie eine edle Champagnerflasche. Der Rechnungshof kritisiert, dass die Stadt Genf keine klaren Regeln für berufliche Unkosten festgelegt hat. Ausserdem gebe es keine fundierte Überprüfung der Ausgaben.
Quelle: www.parlament.ch
Telefonierte 2017 für 17 000 Franken mit dem Diensthandy und verwechselte anscheinend öfter private und geschäftliche Kreditkarten: Der Genfer CVP-Stadt- und Nationalrat Guillaume Barazzone.
Spätnächtliche Regierungsaktivitäten in der Karaokebar?
Die Genfer Stadtregierung trat im Anschluss an die Präsentation des Berichts des Rechnungshofes in corpore selber vor die Medien. Barazzone räumte dabei «ungewollte Fehler ein». Der 36-jährige Politiker erklärte, er habe einen «intensiven, aber keinen übermässigen Gebrauch» seines Mobil-Telefons, das sein wichtigstes Arbeitsinstrument sei.
Nachdem er seine Spesen seit seinem Eintritt in die Stadtregierung 2012 analysiert habe, habe er beschlossen, 51 896 Franken zurückzuzahlen. Barazzone sortierte diejenigen Quittungen aus, die mit Aktivitäten zwischen 01.00 und 06.00 Uhr verbunden waren, wie er sagte. Der CVP-Politiker gestand ein, dass darauf eine Flasche Champagner und drei Cocktails in einer Karaokebar figurierten. Die Fehler seien auch entstanden, weil er seine privaten und beruflichen Kredikarten verwechselt habe, die sich sehr ähnlich sähen.
Erst vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass sich Barazzone – ähnlich wie der Genfer FDP-Regierungsrat Pierre Maudet – in die Vereinigten Arabischen Emirate zu einem Formel-1-Rennen hatte einladen lassen.
Der Genfer Stadtpräsident Sami Kanaan (SP) bedauerte den «sehr harten, unangebrachten und kontraproduktiven Ton» des Berichts des Rechnungshofes. Trotzdem werde sich die Stadtexekutive die Empfehlungen zu Herzen nehmen. Mehrere Massnahmen seien bereits umgesetzt worden, darunter die Ausarbeitung eines neuen Reglementes für Berufsauslagen der Exekutivmitglieder. (sda/aes)