Smart City Ulm: Die digitale Stadt der Zukunft
Partizipation wird als wichtiger Baustein von Smart Cities gehandelt. Will eine Gemeinde oder Stadt schlauer werden, funktioniert das nicht ohne den Einbezug der Bevölkerung, davon sind die Experten überzeugt. Die Deutsche Universitätsstadt Ulm zeigt, wie ein mehrjähriges partizipatives Projekt den Weg zur zukünftigen, digitalen Stadt aufzeigen kann.
Quelle: Nadine Siegle
Wo gibt es freie Parkplätze? Die «UlmApp» weiss es – und informiert auch gleich noch über die umliegenden Sehenswürdigkeiten und Restaurants.
«Digitalisierung soll kein Selbstzweck sein. Sie soll zum Wohl der Menschen genützt werden», diese und ähnliche Phrasen hört man heute immer und überall, wenn über den technologischen Fortschritt und gerade auch über die Zukunft der Gemeinden und Städte gesprochen wird. Sind das alles nur abgedroschene Floskeln? Nein, sagte SP-Stadtrat Peter Jans, Direktionsvorsteher Technische Betriebe der Stadt St. Gallen, an der «Fibre to the home» (FTTH) Conference.
Gesellschaftliche Prozesse moderieren
Dass das «Wohl der Menschen» gerne auf allen politischen Seiten in Wahlkampfreden eingebaut wird, soll nicht heissen, dass es keine Bedeutung hat. «Der Begriff vom Wohl der Menschen gehört zu den bedeutenden Treibern der Politik. Politiker – zumindest in der Exekutive – müssen stets daran arbeiten, dass möglichst viele Bürger sich wohl fühlen können», ist Jans überzeugt.
Die Politik müsse die gesellschaftlichen Prozesse so moderieren, dass Lösungen auf aktuelle Fragen gefunden und Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden können. «Doch was ist das Wohl der Menschen heute, in einer Welt, die sich immer mehr vernetzt? In einer Welt, in der wir uns global informieren, global reisen, aber in der wir uns gleichzeitig nach dem Lokalen, dem Überschaubaren sehnen?», gibt er zu bedenken.
Sind alle dabei?
Soll das Wohl der Menschen im Zentrum einer Entwicklung stehen – oder bei dieser mindestens nicht ausser Acht gelassen werden –, so muss man sich die Frage stellen, was der Bevölkerung wirklich etwas bringt. Nur weil die Möglichkeiten plötzlich unbegrenzt scheinen, müsse man den Menschen nicht alles aufs Auge drücken, betont Jans.
Die öffentliche Hand könne den Weg zur intelligenten Stadt nicht verordnen. «Wir müssen uns stets die Frage stellen, ob wir bei solchen Entwicklungen wirklich alle mitnehmen oder ob wir vielleicht einen Teil der Bevölkerung abhängen.»
Die Bevölkerung bestimmt, was sie als nützlich erachtet
Hier sieht Jans einen grossen Unterschied zur Privatwirtschaft: Im Gemeinwesen müsse die Frage «Was nützt es dem Bürger?» viel höher gewichtet werden als die Frage «Was verträgt der Markt?». Nicht alles was machbar sei, diene auch dem Wohl des Menschen. «In einer Demokratie sagt die Bevölkerung selbst, was sie für nutzbringend empfindet und was nicht.» Er sei deshalb überzeugt, dass in der Entwicklung zur Smart City ein prozesshafter und partizipativer Weg nötig sei.
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Die Digitalisierung ist mehr als reine Technik. Sie bedeutet auch soziales Zusammenleben. Smart Cities bringen eine Vernetzung der Menschen untereinander mit sich.
Christian Geiger, Geschäftsstelle Digitale Agenda, Ulm
Christian Geiger, Geschäftsstelle Digitale Agenda, Ulm
Aus dem Nähkästchen plaudern
Was bedeutet das aber in der Praxis? Der Verband «openaxs», der sich für eine flächendeckende, offene Breitband-Telekom-Infrastruktur in der Schweiz einsetzt, hat mit dem Konferenzthema «Smart City» sicherlich den Nerv der Zeit getroffen. Heute geht fast keine Tagung mehr über die Bühne, ohne dass die Digitalisierung und der damit verbundene Wandel in der Gesellschaft thematisiert wird. Doch solche Veranstaltungen laufen schnell Gefahr, zu einer Plattform für viel Theorie und Visionen zu werden und die Praxis etwas zu vernachlässigen.
Glücklicherweise ist in aller Regel mindestens ein Referat für einen Praktiker reserviert, der aus dem Nähkästchen plaudert und am eigenen Beispiel aufzeigt, wie die Digitalisierung und das Thema Smart City angegangen werden. An der FTTH Conference fiel die Wahl auf Christian Geiger, der sich seit 2013 für die Stadt Ulm in Baden-Württemberg mit der Digitalisierung beschäftigt.
Von der Theorie zur Strategie
«Digitalisierung ist mehr als reine Technik. Sie bedeutet auch soziales Zusammenleben», betont Geiger bereits zu Beginn. Smart Cities würden stets eine Vernetzung der Menschen untereinander mit sich bringen. Und um mit dieser Entwicklung umgehen zu können, brauche man eine Strategie. Deshalb macht sich die Stadt Ulm, die rund 122 000 Einwohner zählt, derzeit Gedanken über die «Digitale Agenda». Eine Geschäftsstelle mit demselben Namen ist dafür im Aufbau. «Sie wird einerseits die Strukturierung und andererseits den Kontakt nach aussen hin übernehmen», so Geiger. (...)