08:45 KOMMUNAL

Smart City: Der Mensch in der intelligenten Stadt

Teaserbild-Quelle: Chinnapong/Shutterstock

Smartphone, Smartwatch, Smart City. Alles wird smart. Doch was bedeutet das? Diese Entwicklung beinhaltet nicht nur technische Fragen. Denn auch der Mensch verändert sich mit der Digitalisierung. Dabei entstehen neue Bedürfnisse und Erwartungen der Bürger an ihren Lebensraum.

Surfen mit Smartphone und Laptop

Quelle: Chinnapong/Shutterstock

In Zukunft müssen Menschen kaum noch aus dem Haus. Fast alles kann problemlos mit einem Knopfdruck von Zuhause aus erledigt werden.

«Der grösste Taxianbieter der Welt hat keine eigenen Autos, und der weltweit grösste Hotelver­mittler keine Betten. Vielleicht benötigt die Bankenwelt von morgen gar keine Banken mehr», sagte SP-Stadtrat Peter Jans, Direktionsvorsteher Technische Betriebe der Stadt St. Gallen, an der «5. Nationalen Smart City-Tagung».

Nachhaltigkeit im Fokus

Mit der Vernetzung und Digitalisierung ver­ändert sich die Welt. Sie wird komplexer, aber auch nachhaltiger. Wenn über die zukünftige – und zukunftsfähige – Stadt, die intelligente Stadt gesprochen wird, ist Nachhaltigkeit Programm.

So soll durch die intelligente Vernetzung von Technologien, Dienstleistungen, Ge­bäuden und Prozessen, von Anspruchs­gruppen und Infrastruktursystemen ein ressourcenschonender, nachhaltiger Siedlungsraum mit hoher Lebensquali­tät für die Bewohner entstehen. Und genau das möchte die Stadt St. Gallen werden: eine Smart City.

Erste Etappe: die Infrastruktur

Der Übergang zum schlauen St. Gal­len ist in vollem Gang. Mit der systema­tischen Nutzung von Daten und Algo­rithmen wird die Infrastruktur verbessert und kann dadurch künftig effizienter genutzt werden. «Wir stehen aber erst am Anfang dieser Entwicklung. Und vie­les, was möglich wird, können wir uns noch nicht einmal vorstellen», sagt Jans. Die primäre Aufgabe liege nun da­rin, die Infrastruktur für diese Entwick­lungen bereit zu stellen.

Kredit für «Smartnet» gesprochen

In St. Gallen wird das flächendeckende Glasfasernetz kombiniert mit dem «Smartnet», einer strahlungsarmen Funk­technologie, die Basis für die Smart City bilden. Bis Ende 2016 konnten fast 90 Prozent aller St. Galler Haushalte und Geschäfte mit Glasfaser erschlossen wer­den.

Nachdem das Pilotprojekt zum Test des Smartnets positive Ergebnisse zeigte, wird dieses Funknetz nun ebenfalls flä­chendeckend eingeführt. Das Stadtpar­lament hat im August 2016 einen entsprechenden Kredit von 186'000 Fran­ken und jährliche Ausgaben von 73'400 Franken für den Betrieb des Smartnets genehmigt.

Gegenstände miteinander vernetzen

«Mit dem Smartnet können auch bewegte Dinge einfach und kos­tengünstig mit der digitalen Welt ver­knüpft werden», erklärt Jans. Mit dieser Form der intelligenten Vernetzung – dem «Internet der Dinge» – könnte beispiels­weise die Belegung von Aussenparkplätzen erfasst, der Füllstand von Abfall­behältern überprüft oder die öffentliche Beleuchtung gesteuert werden, sobald die jeweilige Infrastruktur mit entspre­chenden Sensoren ausgerüstet ist.

Radikal neue Denkweisen

Mittel- bis langfristig geht es in einer Smart City aber nicht nur um eine Stei­gerung der Effizienz. Die Vernetzung der Stadt ermöglicht es auch, Fragen der Ef­fektivität zu beantworten. «Tun wir über­haupt das Richtige?», fragt Jans. Schlech­te Prozesse oder unökologischer Ressourceneinsatz lassen sich technisch op­timieren. «Das grosse Potenzial liegt aber in einer grundlegend neuen Denkweise. Die smarte Stadt bietet uns die Chance, Bestehendes zu hinterfragen.»

Anstatt zu versuchen, die Verkehrsinfrastruktur mit viel Geld zu optimieren, sollten Fra­gen wie «Wie viel Mobilität braucht es in der vollvernetzen Welt von morgen überhaupt?» gestellt werden. Dabei müs­sen die Menschen in der Stadt im Fokus stehen, betont Jans. Nicht die Technik soll der Treiber der Digitalisierung sein. «Der Nutzen für die Menschen soll im Zentrum der Überlegungen stehen.»

Menschen funktionieren nicht wie Algorithmen

Doch welche Bedürfnisse werden Men­schen künftig in einer Gemeinde oder Stadt haben? Ist der Mensch der Zukunft überhaupt noch vergleichbar mit dem Mensch von heute? «Es herrscht im Moment ein Spannungsfeld zwischen einer neuen Technologie, die günstig verfügbar ist und vieles möglich macht, und den Menschen, die Anpassungszeit be­nötigen», sagt Karin Frick, Leiterin Re­search und Geschäftsleitungsmitglied des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI).

Der «Faktor Mensch» verlangsamt die Entwicklungen. Wo es um Menschen, Or­ganisationen und politische Prozesse geht, ist man mit langsameren Abläufen konfrontiert. Der Wandel geht nicht wie mit Algorithmen vonstatten. Und trotzdem kommt es mit der Zeit zu ein­schneidenden Veränderungen, vor allem im menschlichen Verhalten.

Jeder steht im Mittelpunkt

«Wir haben neue Technologien und wir nutzen sie. Und wir erfinden stets neue Werkzeuge. Diese Technologien verändern immer auch die Menschen, die sie verwenden», so Frick. Die neuen Tools ermöglichen neue Verhaltenswei­sen. Sie machen das Leben bequem und einfach.

«Die Technologie kann sich an unseren individuellen Bedürfnissen ori­entieren. Die Situation auf dem Bild­schirm passt sich enorm an den Nutzer an.» Was er braucht oder ihm gefällt, das zeigt ihm das System an. Was er nicht sehen möchte, das wird ausgeblendet. «Wir sehen die Welt, wie sie sich für uns persönlich gut anfühlt. Und wir sind mit dem GPS gewissermassen der Mittelpunkt der Welt», sagt Frick.

Neue Möglichkeiten, neue Erwartungen

Dieser Wandel, den sowohl die Tech­nologie als auch wir als deren Nutzer durchlaufen, ist ein Wandel der Verhaltensweisen, aber auch einer der Ansprüche. «Die Welt hinter dem Bildschirm ist eine Welt, in der man alles per Knopf­druck erhält, egal ob man gerade im Büro, Zuhause oder im Zug sitzt. Mit den neuen Möglichkeiten verändern sich auch die Erwartungen der Nutzer», führt Frick aus. An all das hat sich der Mensch im 21. Jahrhundert bereits gewöhnt. Auf die Unterstützung der Technologie zu verzichten, ist kaum noch eine Option. (...)

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