«Ohne Fusion ginge es uns heute wohl schlechter»
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"Ohne Fusion ginge es uns heute wohl schlechter." DieseAussagehat das Amt für Gemeinden des Kantons Luzerngemäss einer Mitteilung immer wieder gehört: Die Behörde hat mit Vertretern von achtfusionierten Gemeindenüber Vor- und Nachteilevon Zusammenschlüssen gesprochen.
So sei der Grossteil der Bevölkerung mit der Fusion zufrieden. In einigen Gemeindensei die Fusion kein Thema mehr: "Wir gehören heute zusammen", sagtetwa Wendelin Hodel, Stadtammann von Willisau. Er verweist insbesondere auch auf die Dynamik, die die Fusion in seiner Gemeinde ausgelöst hat.
Für den Dagmerseller Gemeindepräsidenten, Philipp Bucher, waren die Befürchtungen im Vorfeld der Fusion sehr viel grösser als die tatsächlichen Auswirkungen im Alltag: "Für die Bevölkerung hat sich kaum etwas verändert." Einige Gemeindepräsidenten nehmen eine erhöhte Erwartungshaltung in den kleineren Ortsteilen wahr, und generell wurde festgestellt: "Gibt es irgendwo Probleme, dann werden sie rasch auf die Fusion abgeschoben."
Viele Vorteile
Die Vorteile einer Fusion liegen laut Befragung in erster Linie bei der Raumplanung sowie bei der Organisation von Schule und Verwaltung. Bei der Raumplanung kann nach der Fusion über ein grösseres Gebiet geplant werden; Gewerbe und Wohnzonen werden dort angelegt, wo sie optimal liegen. Die Verwaltungen werden neu organisiert. Zwar ist die Arbeit nach einer Fusion für die Mitarbeitenden und den Gemeinderat umfangreicher, aber auch interessanter und durch die Neuorganisation effizienter.
Nachteile einer Fusion wurden in den acht Gesprächen kaum erwähnt. Wenn doch, dann sind sie gemeindespezifisch und nicht zwingend auf die Fusion zurückzuführen. So kann sich eine Gemeinde bevölkerungsmässig nicht weiterentwickeln, weil kein Bauland zum Verkauf steht. Der hohe Ausländeranteil macht zu schaffen. Synergien zu nutzen ist schwierig, weil sich die Bevölkerung gegen Veränderungen wehrt.
Gibt es beispielsweise genügend Schulraum in der Zentrumsgemeinde, dann führt die Schliessung einer Schule auch nach Jahren zu einem grossen Problem und stellt die Gemeinderäte vor unangenehme Entscheidungen. Die demokratische Verankerung ist in den Gemeinden unterschiedlich stark.
Verkehstechnische Lageist entscheidend
Die Raumplanung ist das grosse Plus der Fusion, darin sind sich die Befragten einig. Die Gemeinden entwickeln sich aber unterschiedlich. Liegen die Gemeinden verkehrstechnisch gut, dann ist Bevölkerungsentwicklung in der neuen Gemeinde quasi vorprogrammiert. Liegen sie an weniger günstigen Verkehrslagen, dann ist die Entwicklung – selbst mit einem tiefen Steuerfuss– nicht zwingend positiv. Für einzelne Zentrumsgemeinden ist der Nutzen der Fusion bereits heute ablesbar. Für andere Gemeinden ist das Tempo langsamer, und die Gemeindepräsidenten sehen den Nutzen der Fusion auch heute längerfristig.
Ämter zu besetzen bleibt schwierig
Drei bis sechs Jahre nach der Fusion nehmen an der Gemeindeversammlung Stimmbürgerinnen und -bürger aus allen Ortsteilen der fusionierten Gemeinde teil: Insgesamt stammen aus den Ortsteilen aber weniger Stimmberechtigte als die Summe der Teilnehmenden vor der Fusion. Die politischen Ämter waren in den kleinen Gemeinden schon vor der Fusion schwierig zu besetzen. Diese Schwierigkeit bleibt in der fusionierten Gemeinde bestehen: Aus den neuen Ortsteilen stehen wenige Personen für politische Ämter zur Verfügung, und das Parteileben wird in den Gemeinden unterschiedlich wahrgenommen: In einigen Gemeinden hat sich ein neues und intensives Parteileben entwickelt; in anderen Gemeinden haben sich vor allem die kleineren Ortsteile aus der Parteiarbeit abgemeldet.
Finanzielle Situation istnicht vergleichbar
Die finanziellen Einschätzungen vor der Fusion haben sich in den meisten Gemeinden bestätigt. Alle Gemeindeverantwortlichen weisen aber darauf hin, dass die finanzielle Situation vor der Fusion mit der heutigen nicht vergleichbar ist: Mit den Steuergesetzrevisionen und der Pflegefinanzierung haben sich– unabhängig von einer Fusion– viele Faktoren verändert. Im Moment noch profitieren die fusionierten Gemeinden von den Geldern aus dem Besitzstand im Finanzausgleich. Die Gemeinden beschäftigen sich mit der Aufgabe, Lösungen für die Zeit zu finden, wenn diese Gelder auslaufen.
Gewinn für neue Ortsteile
Die befragten Gemeindeverantwortlichen beurteilen die Fusion rückblickend vor allem für die neuen Ortsteile als Gewinn. Nach ihren Aussagen sind die dazu gekommenen Aufgaben für die Zentrumsgemeinde gross und bisweilen eine Herausforderung. Nichtsdestotrotz beurteilen sie den Fusionsentscheid nach wie vor als richtig. Sie sind überzeugt von der Fusion als Zukunftsprojekt, das zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner angelegt ist. (mgt/mrm)
Acht Gemeinden befragt
Das Amt für Gemeinden hat im August 2011 mit sieben Gemeindepräsidenten und einem Stadtammann von Fusionsgemeinden je ein Gespräch geführt.
Ziel war es, in Erfahrung zu bringen, wie es diesen acht Gemeinden drei bis sechs Jahre nach der Fusion geht. In allen Gesprächen wurden dieselben Fragen gestellt zu den Themen: Verwaltung, Behörde, Schule, Raum- und Siedlungsentwicklung, Politik/Demokratie, finanzielle Einschätzung, Zufriedenheit der Bevölkerung, Zukunftsprognosen, positive/negative Auswirkungen der Fusion.
Die befragten Gemeinden standen zum Zeitpunkt des Gesprächs in keiner Fusionsabklärung. Die Gesprächspartner waren die Gemeindepräsidien aus Dagmersellen, Ettiswil, Hitzkirch, Hohenrain, Reiden, Römerswil, Triengen und der Stadtamman aus Willisau. (mgt/mrm)