Nachhaltige Wirtschaft: Die Leistungen des Waldes berücksichtigen
Im Zuge einer nachhaltigen Wirtschaft steigen auch die Anforderungen an die Waldwirtschaft. Im Rahmen des heute abgeschlossenen Nationalen Forschungsprogramms «Nachhaltige Wirtschaft» mhaben WSL-Fachleute ein paar mögliche Lösungsansätze untersucht. In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sollten Waldleistungen stärker berücksichtigt werden, so die Fachleute der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald Schnee und Landschaft (WSL).
Quelle: Sebastian Unrau, Unsplash
Der Wald ist vieles in einem: Holzlieferant, Lebensraum aber auch Sehnsuchts- und Erholungsort.
Wälder produzieren Holz. Sie mildern den Klimawandel, schützen vor Naturgefahren, filtern Wasser, erhalten den Boden und dienen der Erholung. Sie sind wichtige Lebensräume und tragen zur Schönheit der Landschaft bei. Auch wenn solches in der Regel gratis zur Verfügung steht, kostet es dennoch; zumal Wälder nicht alle diese Dienstleistungen unbegrenzt und gleichzeitig erbringen können.
Der Druck die Wälder dürfte zunehmen: Der Trend zur nachhaltigen Wirtschaft und Energieversorgung aber auch die Klima- und Biodiversitätskrise werden laut WSL die Nachfrage nach Waldleistungen noch erhöhen. Parallel dazu stehen die Ansprüche an den Wald oft in Konflikt miteinander. Das gilt zum Beispiel für die Kritik an der Holzernte in Naherholungswäldern deutlich.
Wie man mit solchen Herausforderungen umgehen und wie mögliche Lösungsansätze für die Waldwirtschaft funktionieren könnten, hat ein Team des WSL im Rahmen des vom Bundesrat lancierten Forschungsprogramms «Nachhaltige Wirtschaft» (NFP 73) untersucht.
Bezahlen für verbesserte Schutzleistungen des Waldes
So wollte WSL-Umweltökonom Roland Olschewski herausfinden, ob diejenigen, die von verbesserten Schutzleistungen des Waldes profitieren, bereit wären, etwas dafür zu bezahlen. Eine Bevölkerungsumfrage in Berggebieten hat laut WSL eine zum Teil hohe Zahlungsbereitschaft für eine zusätzliche Waldbewirtschaftung ergeben, die den Naturgefahrenschutz über das gesetzlich vorgeschriebene Mass hinaus erhöht.
Das zeige, dass solche Versicherungsprodukte durchaus neue Einkommensquellen für Waldeigentümer erschliessen könnten, teilt die WSL mit. Die zentrale Herausforderung dabei sei, eine ausreichend grosse Gruppe von Akteuren zusammenzubringen, die sich an einer dauerhaften Bereitstellung und Finanzierung solcher zusätzlichen Schutzleistungen beteiligen.
Naturschutzmassnahmen statt Aufforstungen
Welche Kompensationsleistungen Waldeigentümer gegen Entschädigung böten, haben Tamaki Ohmura und Tobias Schulz der Forschungsgruppe Umwelt- und Ressourcenökonomie untersucht. Bei den Kompensationen ginge es etwa um Naturschutzmassnahmen, die statt Aufforstungen nach Waldrodungen umgesetzt würden. Attraktiv ist solches laut den Forschern vor allem für die diejenigen, die einen grossen Wald besitzen, zum Beispiel Gemeinden. Privateigentümer kleiner Parzellen lehnten hingegen diese Art der Kompensation eher ab. Auch die Waldbewirtschaftung zur Speicherung von Kohlenstoff stösst laut den beiden Forschern im Vergleich zu Klimaschutzmassnahmen, die fossile Materialien substituieren können (Bauholz, Energieholz) eher auf Skepsis. Daraus schliessen Ohmura und Schulz, dass die Waldeigentümer nur begrenzt dazu bereit sind, Kompensationsansprüche anderer Sektoren zu erfüllen, insbesondere nicht auf Kosten der Holzproduktion.
Prototyp einer Entscheidungshilfe für die Waldbewirtschaftung
An einer praktischen Lösung für die Waldbewirtschaftung arbeitete Esther Thürig, Leiterin der WSL-Gruppe Ressourcenanalyse: Sie hat einen Prototyp einer Entscheidungshilfe entwickelt, die den Bedarf an Waldleistungen und entsprechende Konflikte für verschiedene Bewirtschaftungen simuliert. Damit sollen Auswirkungen auf Waldleistungen schon vor der Ernte demonstriert und die Priorisierung verschiedener Leistungen vereinfacht werden können. Das Modell zeige unter anderem auf, dass es in den meisten Fällen ganz ohne Bewirtschaftung tendenziell weniger Waldleistungen gibt als mit, schreibt die WSL.
Waldleistungen bei Entscheidungen berücksichtigen und Bewusstsein fördern
Die Resultate zeigen, vor welche schwierigen Entscheide angesichts zunehmender Ansprüche einer nachhaltigen Wirtschaft bei gleichzeitiger Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Klimawandels die Waldbewirtschaftenden gestellt werden.
Damit der Waldsektor ein wichtiger, erfolgreicher Teil einer nachhaltigen Wirtschaft sein kann rät das Forschungsteam der WSL, Waldleistungen bei Entscheiden in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stärker zu berücksichtigen und das Bewusstsein, was die verschiedenen Waldleistungen und die damit verbundenen Kosten und Konflikte betrifft, zu fördern. Zudem braucht es laut den Fachleuten «klare Ziele und Prioritäten», weil Waldleistungen einander zum Teil konkurrieren. Politische Instrumente – auch Subventionen und Anreizsysteme – erachten sie ebenfalls als nötig, um Waldleistungen zur rechten Zeit am rechten Ort und in der gewünschten Menge anzubieten. (mgt/mai)
Den Originaltext lesen auf www.wsl.ch