«Licht 2018»: Strassen brauchen keine Disco-Beleuchtung
In Smart Cities spielt die Beleuchtungsinfrastruktur eine wichtige Rolle. Am europäischen Kongress «Licht 2018» in Davos fiel eine Lösung besonders ins Auge: Sie analysiert das Verkehrsaufkommen in Echtzeit und passt das Licht entsprechend an.
Quelle: Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ)
Auf einer ein Kilometer langen Teststrecke wurde in Urdorf ZH das «verkehrsbeobachtende Licht» getestet.
Intelligente Technologie allein macht eine Stadt noch nicht zur Smart City. «Das Thema Smart City hat zwar auch mit Technologie zu tun, aber es geht vor allem um die Menschen in der Stadt», fasste Benjamin Szemkus, Programmleiter Smart City Schweiz bei der Enco Energie-Consulting AG, am europäischen Kongress «Licht 2018» in Davos zusammen. Wo in den Anfängen dieser Entwicklung meist die Technologie, die Lösungsanbieter und später auch die Städte «top-down» die treibenden Kräfte waren, soll heute die Bevölkerung im Zentrum stehen. Es sei die «Human Smart City» gefragt. Szemkus nennt sie eine bedürfnisorientierte «Smart City 3.0».
Dennoch muss man als Gemeinde oder Stadt irgendwo anfangen, wenn man smarter werden möchte, wenn man vernetzte Infrastrukturen aufbauen und Smart-City-Projekte angehen will. So betont auch Szemkus: «Diskutieren können wir alle, aber die Taten zählen.» Und hier fällt der Blick meistens als erstes auf die Strassenbeleuchtung. Denn die Technologie ist in diesem Bereich schon sehr weit und die Produktepalette der Lösungsanbieter gross. Es erstaunt also nicht, dass in den Referaten zur Aussenbeleuchtung an der «Licht 2018» das Thema Smart City im Fokus stand.
Lichtshow für die Anwohner
Die Umrüstung auf LED ist in Gemeinden seit Jahren ein Thema. Und auch über dynamische Beleuchtungslösungen wird schon eine Weile diskutiert. Dass man mit LED-Leuchten gegenüber Natrium-Dampflampen Strom sparen kann, ist allseits bekannt. Sind die Strassenlampen zudem mit Bewegungssensoren ausgestattet und nur in Gebrauch, wenn die Verkehrsteilnehmer tatsächlich Licht benötigen, ist die Einsparung noch grösser.
Eine Stufe weiter geht das «verkehrsbeobachtende Licht». Dabei passen sich die Lampen nicht nur dem gerade anwesenden Verkehrsteilnehmer an, sondern analysieren das Verkehrsaufkommen an einem Abend als Ganzes. Das macht vor allem in verkehrsintensiveren Strassenabschnitten Sinn, wenn man bedenkt, dass bei viel Verkehr die Bewegungssensoren ohne Unterbruch ein «Lichtbedürfnis» registrieren.
«Bei mehr als 160 Benutzern pro Stunde kann sich das Licht der dynamischen Beleuchtung gar nicht mehr absenken», erklärt Thomas Blum, Group Product Manager Dynamic Lighting & Controls bei Schréder. Und bei 130 bis 140 Benutzern erinnere die Strasse an eine Disco. «Das schätzen die Anwohner nicht besonders.»
Mehr Licht für Ed-Sheeran-Fans
Um eine Lösung für dieses Problem zu finden, haben sich Blum und Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung bei den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ), zusammengetan. Das Ergebnis dieser Kollaboration wird seit rund drei Jahren an der Birmensdorferstrasse in Urdorf ZH getestet und hat den Herstellern in der Zwischenzeit auch den «Watt d'Or 2018» des Bundesamts für Energie (BFE) beschert.
Das BFE lobt das Gemeinschaftsprojekt als Sieger der Kategorie «Energietechnologien» in hohen Tönen: «Die von den EKZ und Schréder entwickelte neuartige Lichtsteuerung bringt den Begriff ‹intelligentes Licht› auf ein neues Niveau», schreibt es auf seiner Webseite. Doch was kann diese innovative Beleuchtung, dieses «verkehrsbeobachtende Licht», was andere nicht können?