Kommunale Infrastruktur: Was gehört wirklich zum Service Public?
Nicht alles, was den Standort attraktiv macht, ist zwingend eine öffentliche Aufgabe. Gewisse Infrastrukturen sind bloss "nice to have". Doch welche sind Pflicht und welche nicht? Am Politforum Thun beleuchteten Akteure aus Politik und Wirtschaft diese und ähnliche Fragen zur kommunalen Infrastrukturpolitik.
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Schwimmbäder verlangen viel Unterhaltsaufwand, damit sie nicht verlottern (Symbolbild).
Am diesjährigen Politforum Thun diskutierten Politiker und Vertreter aus Verwaltung und Wirtschaft während zwei Tagen über kommunale Infrastrukturen. Trotz ihrer Bedeutung für die Identität einer Gemeinde, für die Standortattraktivität und das gesellschaftliche Leben stellen sich bei Sanierungen, Neu- und Ausbauten in der kommunalen Infrastruktur stets Fragen zur finanziellen Machbarkeit und Priorität. Ein Spannungsfeld, das in Thun viel zu reden gab.
Vorsicht: Warnsignale sind da
Nach der Begrüssung durch den Thuner Stadtpräsidenten Raphael Lanz nahm Peter Grünenfelder, Direktor des liberalen Thinktanks Avenir Suisse, die aktuellen Tendenzen genauer unter die Lupe. Einleitend stellte er erfreut fest: "Eigentlich läuft es gut bei den kommunalen Infrastrukturen." Allerdings erkenne er auch einige Warnsignale.
Eine erste Herausforderung ortet Grünenfelder in der demografischen Entwicklung: "Dadurch wachsen die Aufgabenbereiche Bildung und Soziales auf kommunaler Ebene heute ungebremst und werden immer teurer." Andere Kommunalaufgaben, wie etwa der Infrastrukturbereich, kämen deshalb vermehrt zu kurz.
Ein weiteres Risiko sieht der Avenir-Suisse-Direktor in der Ausweitung des Verständnisses der kommunalen Infrastruktur. Er erkennt hierin eine Tendenz: Die Infrastrukturpolitik beinhalte heute vermehrt auch indirekte Standortförderungsaktivitäten. "Heute bewegt man sich immer mehr in Aufgabenbereiche hinein, die früher nicht zu den öffentlichen Infrastrukturen gehörten." Als Beispiel nennt er den Ausbau des Glasfasernetzes. "Man muss sich stets fragen: Was steht wirklich im öffentlichen Interesse, was ist bloss 'nice to have' und wo könnten Risiken liegen, wenn man in neue Bereiche investiert?"
https://twitter.com/baublatt/status/1104029022508466176Könnte das "P-Wort" helfen?
Potenzial sieht Grünenfelder in der Privatisierung – zumindest müsse sie auch in Betracht gezogen werden. "Das P-Wort ist aber ein Tabuwort in unserem Land", bedauert er. Er empfiehlt den Infrastrukturverantwortlichen, jeweils den Zeithorizont der Investition genau zu prüfen, und sich zu fragen, ob ein bestimmtes Angebot wirklich öffentlich bereitzustellen ist. "Was muss wirklich von der öffentlichen Hand kommen? Könnte man es auch Privaten überlassen, allenfalls mit Konzessionen?"
Grünenfelder ist sich jedoch bewusst, dass viele diese Ansicht nicht teilen. "Viele Kommunen, vor allem Städte, behalten gerne alle Aufgaben bei sich, anstatt auch Private einzubeziehen." Für ihn geht es dabei aber um eine Risikobegrenzung für den Steuerzahler.
Ohne Infrastruktur keine Lebensqualität
Auch wenn Grünenfelder vor einer zu starken Ausweitung der Infrastrukturpolitik in Richtung Standortentwicklung warnt, sind diese beiden Bereiche eng miteinander verbunden. Denn was wäre ein Standort ohne funktionierende Infrastruktur? Daniel Bichsel, Präsident des Verbands Bernischer Gemeinden (VBG) und Gemeindepräsident von Zollikofen BE, betont: "Der Steuerfuss und attraktive Gebühren sind wichtige Standortfaktoren. Das allein reicht aber nicht, wenn man der Bevölkerung keine Wohnlichkeit und Lebensqualität bietet." Durch die kommunale Infrastruktur könne man ebendiese Lebensqualität gewährleisten.
Mehr zum Politforum Thun lesen Sie demnächst im Baublatt.
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