07:06 KOMMUNAL

Kann ein Pfandsystem in der Schweiz helfen, Littering zu verhindern?

Teaserbild-Quelle: Zuzanna Szczepanksa, Unsplash

Zum Schutz der Umwelt vor Littering führt Österreich 2025 ein Pfandsystem ein. Auch in der Schweiz wird ein solches immer wieder diskutiert. Laut Rainer Bunge, Professor am Institut für Umwelt und Verfahrenstechnik der Fachhochschule Ostschweiz, wird in der Schweiz weniger gelittert als in Pfandländern.

Petflaschen

Quelle: Zuzanna Szczepanksa, Unsplash

Gelitterte PET-Flaschen verursachen zwar auch Mikroplastik, sehr viel mehr Mikroplastik landet aber wegen Reifenabriebt im Strassenverkehr in der Natur.

Im Interview erklärt Bunge, welchen Aufwand ein Pfandsystem nach sich ziehen würde, wie die Schweiz bezüglich Littering und Recycling im Vergleich zu den Nachbarländern dasteht und warum der Reifenabrieb im Strassenverkehr ein grösseres Umweltproblem darstellt als unsachgemäss entsorgte PET-Flaschen. 

Würde die Einführung eines Pfandsystems in der Schweiz Sinn machen?
Wir haben in der Schweiz kein Umweltproblem, das durch ein Pfandsystem gelöst würde. Unsere auf Freiwilligkeit beruhenden Recyclingsysteme sind in der Bevölkerung sehr gut akzeptiert und sie erreichen Recyclingquoten, die vergleichbar sind mit jenen in den Pfandländern. Wir kommen also zu etwa gleich guten Ergebnissen wie die Pfandländer, dies aber auf sehr viel kostengünstigere Weise.

Welche Infrastruktur würde ein solches System denn erfordern?
Man müsste ein aufwändiges Rücknahmesystem mit einer Vergütung für die abgegebenen Gebinde installieren, was absurd teuer wäre. Darüber hinaus wäre es notwendig, das System streng zu überwachen, um Pfandbetrug auszuschliessen.

Aber könnte ein Pfand eventuell zu einem bewussteren Konsumverhalten führen?
Ich kann in den Pfandländern, zum Beispiel in Deutschland, überhaupt kein bewussteres Konsumverhalten erkennen als bei uns. Das Pfand würde – die Mehrkosten mal ausser Acht gelassen – sogar zusätzliche Probleme schaffen. Wie wollen wir etwa mit der Bepfandung von Weinflaschen umgehen, die in Spanien abgefüllt wurden? Oder mit Bierdosen aus Dänemark? Sollen diese Leergebinde dann quer durch Europa zurücktransportiert werden?

Littering ist auch in der Schweiz immer wieder ein Thema. Könnte man dieses Problem mit einem Pfandsystem nicht besser in den Griff bekommen?
Das klappt offenkundig nicht. In den Pfandländern wird viel mehr gelittert als in der Schweiz. Die am häufigsten gelitterten Objekte sind übrigens Zigarettenkippen – sollen diese nun auch bepfandet werden?

Wie problematisch ist aus umwelttechnischer Sicht eine gelitterte PET-Flasche?
PET-Flaschen zersetzen sich im Laufe der Zeit zu Mikroplastik, was nicht gut ist, aber auch nicht katastrophal. Ein sehr viel grösserer Anteil an Mikroplastik wird durch den Reifenabrieb im Strassenverkehr in die Natur eingetragen. Dieses Mikroplastik ist nicht nur durch die vergleichsweise riesige Menge, sondern auch durch seine Zusammensetzung sehr viel gefährlicher als Mikroplastik aus PET.

Und was ist mit den Dosen, die auf der Wiese liegen und dann bei Kühen im Magen landen?
Es sind in der Tat einige wenige Fälle bekannt, in denen Weidevieh möglicherweise gelitterte Dosen mit dem Futter aufgenommen und daran Schaden genommen hat. Wegen dieser sehr seltenen Fälle jedoch ein gesamtes Pfandsystem aufzubauen, erscheint mir eine Überreaktion. Harte Strafen für derartiges Littering wären wirksamer und praktikabler.

Wie lautet Ihr Fazit?
Wir sollten stolz auf unsere ausserordentlich erfolgreichen freiwilligen Sammelsysteme sein. Wir sammeln nicht, weil wir dazu gezwungen werden, sondern weil wir anständig sind. Die Einführung eines Pfandsystems wäre eine völlig unnötige Intervention, die den Staat von seinen rechtschaffenden Bürgerinnen und Bürgern entfremden würde. (mgt/mai)

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Als Folge innovativer Technologien und neuer Lösungsansätze entwickelt sich die Recyclingbranche immer mehr zum Hightech-Sektor. Beschleunigt wird dieser Prozess durch engagierte Unternehmen und den Bund, die sich die Schonung natürlicher Ressourcen und die Kreislaufwirtschaft zum Ziel gesteckt haben. Dadurch werden auch die Anforderungen an die Kader der Entsorgungs- und Recyclingbranche sowie aus verwandten Bereichen laufend erhöht. 

Der CAS Recycling und Entsorgung an der OST – Ostschweizer Fachhochschule zeigt die aktuellen Entwicklungen und Trends in der Branche auf. (mgt)

Weitere Informationen auf www.ost.ch

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