Hanfblatt gewinnt Flaggen-Wettbewerb
Gibt es ein neues Kiffer-Mekka im Südosten Estlands? Dort überliess eine Gemeinde das Design des neuen Wappens der Bevölkerung. Was dabei herausgekommen ist, könnte von Cannabis-Freunden als deutliche Einladung verstanden werden. Doch für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes braucht es ein bisschen mehr als einen Design-Wettbewerb.
Quelle: Zosma (CC BY-SA 3.0) (Bild), Gemeinde Kanepi (Wappen)
In der beschaulichen Gemeinde Kanepi hat sich die Bevölkerung mehr als deutlich für ein Cannabis-Motiv auf ihrer neuen Flagge entschieden.
Partizipation scheint das neue Zauberwort zu sein. Doch wer die Bevölkerung einbezieht, muss auch mit den Konsequenzen leben. Eine frisch fusionierte Gemeinde im Süden von Estland hat das zu spüren bekommen, als sie sich auf die Suche nach einer neuen Flagge und einem Wappen machte.
Wo kommen all die Stimmenden her?
Nach der Eingemeindung zweier Ortschaften in die Gemeinde Kanepi wurde vergangenen Winter ein Design-Wettbewerb zur demokratischen Bestimmung des neuen Hoheitszeichens veranstaltet. 23 Entwürfe wurden eingereicht, sieben schafften es in die engere Auswahl des entsprechenden Komitees – darunter auch das Motiv eines Hanfblattes.
Ausnahmsweise konnte sich bei dieser Abstimmung niemand über eine tiefe Stimmbeteiligung beklagen. Über 15 000 Personen haben gemäss dem Bürgermeister Andrus Seeme an der Online-Umfrage teilgenommen, wie das estnische Newsportal «Eesti Rahvusringhääling» («ERR») berichtete. Bei einer Bevölkerung von etwa 5000 Einwohnern eine ziemlich erstaunliche Zahl. Wer da wohl sonst noch im Internet seine Interessen einbringen wollte?
Heraldikabteilung hat nichts dagegen
Und wer hätte es gedacht: Das Marihuana-Motiv gewann gemäss «ERR» haushoch mit rund 80 Prozent aller Stimmen. Das Hanfblatt als neues Wappen musste zwar erst noch von der Heraldikabteilung des «Government Offices» abgesegnet werden, doch der klaren Meinung der Bevölkerung wurde nicht widersprochen: Gert Uiboaed von der Heraldikabteilung betonte, dass man die Entscheidung respektiere, wenn eine Gemeinde ein Hanfblatt als Wappen wünsche.
Kein Kiffer-Paradies
Die Idee des Cannabis-Wappens kommt im Fall der Gemeinde Kanepi auch nicht von ungefähr: «Kanep» ist estnisch für Hanf. Ein Kifferdorf ist Kanepi aber nicht – zumindest nicht offiziell: Der Cannabiskonsum bleibt weiterhin illegal. Der Name habe seinen Ursprung in der ehemaligen Hanftextilherstellung, wie eine Kanepierin – oder vielleicht Kanepin? – gegenüber dem «Blick» erklärte.
Ob die 12 000 Befürworter mit ihrer Stimme tatsächlich nur die Geschichte von Kanepi würdigen wollten? In den Social Media wurde die Motivwahl jedenfalls sehr positiv aufgenommen.
Hanf in der Heraldik
Ungewöhnlich ist die Sache aber eigentlich nicht. Denn das Hanfblatt wurde in der Vergangenheit immer wieder als heraldisches Symbol verwendet, so auch in der Schweiz. Die Gemeinde Wangen-Brüttisellen ZH beispielsweise hat heute noch ganze sechs Hanfblätter auf dem Wappen. Es ist ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der noch viele Hanfbauern in der Region ansässig waren.
Auch die Flagge der Aargauer Gemeinde Hägglingen hat einen Bezug zur Hanfpflanze. Sie zeigt eine sogenannte Hechel, ein kammartiges Gerät zur Verarbeitung von Hanf.
Wappen sind also kein guter Indikator dafür, ob der Cannabis-Konsum in einem Ort erlaubt ist. Mit einer kifferfreundlichen Politik haben sie jedenfalls nichts zu tun – im Fall von Kanepi aber möglicherweise mit der Grundhaltung der Bevölkerung.