Gspässikon: Schlumpfhausen liegt in Andalusien
Es war eigentlich ein Marketinggag: 2011 wurde ein kleines spanisches Dorf für die Premiere eines Schlumpf-Films temporär blau angemalt. Den Bewohnern gefiel dies so gut, dass sie beschlossen haben, den Ort blau zu lassen. Der Grund dafür dürfte hauptsächlich im Tourismus liegen.
Quelle: Jose Goncalves/Fotolia
Blau statt weiss: Das Dorf Júzcar zu Ehren der Schlümpfe.
Die weissen Dörfer Andalusiens, die «Pueblos Blancos» gehören zu den touristischen Höhepunkten einer Reise durch Südspanien. Eindrücklich schlängeln sich die rund 20 von den Mauren erbauten Orte die Hügellandschaft zwischen Cádiz, Granada und Málaga hinauf.
Doch nicht alle dieser Dörfer profitieren gleichermassen vom Touristenstrom: Nach Júzcar, einer 230-Seelengemeinde 25 Kilometer südlich von Ronda gelegen, verirrten sich vor 2011 trotz schönem Ortsbild nur etwa 300 Besucher pro Jahr.
Über 4000 Liter blaue Farbe
Seither haben bereits rund 100 000 Touristen das kleine Dorf besucht. Und alle kommen sie aus einem Grund: Das Dorf ist nicht mehr historisch korrekt in weiss gehalten, sondern sämtliche Häuser sind in blau getüncht. Anlass für die unorthodoxe Umbemalung war ein Werbegag von Sony Pictures. Zur Premiere des Films «Die Schlümpfe in 3D» suchten die Marketingverantwortlichen des Konzerns 2011 ein Dorf, welches sie komplett Schlumpfblau anmalen konnten. Die Wahl fiel auf Júzcar.
Mit mehr als 4000 Litern Farbe wurde von rund 50 Malern, einige davon einheimische Arbeitslose, die Kirche, das Gemeindehaus, und alle anderen Häuser blau bemalt. Nach der Weltpremiere des Films würde man selbstverständlich alles wieder in den Originalzustand zurückversetzen, versprach die Produktionsfirma.
Doch die Einwohner von Júzcar fanden Gefallen an der neuen Situation. Sechs Monate nach dem Anstrich, Ende 2011, fand in der Gemeinde eine Abstimmung zur künftigen Farbgebung statt. Das Ergebnis war eindeutig: Nur 33 Bewohner stimmten gegen das Blau, 141 dafür.
Schlumpfmarkt und Schlumpfwettrennen
Was treibt die Bewohner eines Dorfes zu so einem Entscheid? Es war wohl das Geld. Denn auch nach der Premiere des Films, als die Leinwand eingefahren war und die Journalisten und Filmstars Júzcar wieder verlassen hatten, strömten die Touristen in das Bergdorf. Statt 300 Besucher pro Jahr, kamen nun bis zu 300 pro Tag – und das weckt in einer strukturschwachen Region natürlich den Geschäftsgeist der Einheimischen.
Mittlerweile hat sich in Júzcar eine ganze Reihe an Attraktionen rund um die Schlümpfe entwickelt. Es gibt einen «Mercapitufo», einen Schlumpfmarkt, und es wird ein «Smurf Moonlight Fun Run», bei dem alle Teilnehmer als Schlümpfe verkleidet sind, durchgeführt. Für Kinder finden Schlumpf-Malwettbewerbe statt und es soll sogar eine erste Schlumpfhochzeit gegeben haben. Das alles hat zwar überhaupt nichts mit andalusischen Traditionen oder südspanischer Kultur zu tun – aber es generiert Arbeit und somit Geld.
Kultureller Frevel oder geniale Geschäftsidee?
Somit hinterlässt einen diese Geschichte einigermassen ratlos. Einerseits ist es kultureller Frevel, ein jahrhundertelang weisses Dorf zum Spass blau anzumalen. Andererseits müssen auch die Bewohner einer armen, ländlichen Region irgendwie ein Auskommen finden. Und offenbar ist das Schlumpfdorf in den andalusischen Bergen ein touristisches Bedürfnis.
Bleibt zu hoffen, dass dies ein Einzelfall bleibt. Wer könnte sich schon das Telldenkmal in Altdorf zur Premiere eines neuen Hulk-Filmes in grüner Farbe vorstellen? Oder die Berner Lauben zu Ehren der Simpsons in Gelb? Eben, das kommt einem irgendwie spanisch vor...