Glasfaser macht attraktiv
Der Datentransfer wird immer mehr zu einem Standortfaktor. Für viele Gemeinden stellt sich die Frage: Selber in eine schnelle Glasfaserinfrastruktur investieren oder auf die Anbieter warten? Im Schwyzer Bezirk Höfe hat das regionale Elektrizitätswerk gehandelt.
Quelle: © Swisstopo, Bakom
Noch ziemlich viele Lücken: Die Karte zeigt, in wie vielen Gebäuden ein Glasfaseranschluss angeboten wird (in Prozent der Gebäudeeingänge). Rot = Unter 10 Prozent, gelb = 10 – 50 Prozent, hellgrün = 50 – 90 Prozent, dunkelgrün: über 90 Prozent
Von Beat Ritschard*
Der Standortwettbewerb nimmt zu. Überall wird nach potenten Steuerzahlern und guten Arbeitgebern gesucht und intensiv mit Standortvorteilen geworben. Ist es früher vor allem um Fragen zum Verkehr, zu Ausbildungsangeboten, Immobilien-Verfügbarkeiten oder Steuersätzen gegangen, sind heute Themen wie Fachkräfte, Forschungszugang und Kommunikation hinzugekommen. Je nach Branche sind diese Punkte mittlerweile für den Standortenscheid sogar wichtiger.
Standortvorteil Glasfaser
Ein weiterer Faktor, der im Zeitalter der digitalen Veränderungen immer mehr Bedeutung bekommt, ist der Datentransfer: Ob und wie «Datenautobahnen» vorhanden sind, wird je länger je mehr zu einem zentralen Standortfaktor. Auch wenn die Schweiz gemäss der Studie «Broadband Coverage in Europe 2017» mit 29,5 Prozent Erschliessung mit Hochleistungsbreitband-Anschlüssen (Glasfaser) besser als der europäische Durchschnitt (26,8 Prozent) abschneidet, zeigt ein Blick auf die Erschliessungskarte (siehe Karte oben; bessere Darstellung hier) aber eindrücklich, dass es Nachholbedarf gibt. Beispielsweise ist das rechte Ufer des Zürichsees nur etwa zur Hälfte und das linke bisher kaum mit Glasfaser erschlossen.
In den Gemeinden wird diese Infrastrukturfrage teils sehr kontrovers diskutiert. Die grossen Anbieter von schnellen Datenleitungen wollen die öffentliche Hand an den Kosten der Erschliessung beteiligen. Das derzeitige politische Verständnis ist jedoch dahingehend, dass diese Aufgabe nicht zu den Kerngeschäften der Gemeindewesen gehört.
Die Erfahrung aus vielen Gesprächen mit mittleren und grösseren Arbeitgebern zeigt aber klar: Der Datentransfer wird laufend wichtiger – sei es für die Daten aus der eigenen Cloud, den Kontakt zu Kunden oder Lieferanten oder die Steuerung und Wartung von Maschinen. Für alles sind schnelle und sichere Leitungen notwendig. Trotz neuer Technologien (etwa «5G») wird das Thema auch in den nächsten 20 Jahren noch aktuell bleiben.
Quelle: zvg
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Fortschrittlicher Lösungsansatz
Zumindest am oberen, linken Zürichseeufer ändert sich die Situation punkto Glasfasernetz derzeit. Der Verwaltungsrat der EW Höfe AG hat erkannt, dass die Zukunft im Datentransfer liegt und unter dem Namen «etzelnet» ein mit rund 25 Millionen dotiertes Programm «Fiber to the Home» (FTTH) beschlossen. Die EW Höfe AG ist seit 2000 eine Aktiengesellschaft im Besitz des Bezirks Höfe. Sie entstand 1948 als Kooperation der drei Schwyzer Gemeinden Feusisberg, Freienbach und Wollerau und versorgt die Region mit Elektrizität, Erdgas und Kommunikation.
Seit September 2016 werden die rund 13 500 Anschlüsse von Privaten und Unternehmen innerhalb von drei Jahren auf hochmoderne Glasfaser aufgerüstet. Dieser Schritt soll einen wichtigen Beitrag an die Attraktivität und Leistungsfähigkeit der Region als Wohn- und Wirtschaftsstandort leisten. Mit minimaler Bautätigkeit und unter Nutzung der eigenen Rohranlagen werden alle Anschlüsse künftig Up- und Downloadraten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde erreichen. Neben der höheren Leistungsfähigkeit profitieren die Nutzer
auch von der höheren Ausfallsicherheit dieser Technologie – und dies erst noch ohne Kostenfolge.
Bei bestehenden Kabelnetzanschlüssen trägt der Anbieter die Investitionen bis zur Nutzungseinheit (Wohnung, Einfamilienhaus, Bürokomplex). Einzig die Verteilung innerhalb einer Liegenschaft muss der Kunde selber übernehmen.
Arne Kähler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der EW Höfe AG, sagt: «Die nahezu flächendeckende Erschliessung mit Glasfasern ist grundlegende Voraussetzung für die sichere und zuverlässige Nutzung neuer digitaler Geschäftsmodelle und Dienstleistungen.»
In den Agglos aufrüsten
In den übergeordneten Untersuchungen zur Versorgung mit Datenautobahnen erzielt die Schweiz heute (noch) sehr gute Resultate. Diese fokussieren aber stark auf die Wirtschaftszentren, und es ist aus Sicht des Standortwettbewerbs dringend notwendig, gerade die Agglomerationen aufzurüsten. Wünschenswert wäre eine öffentliche Diskussion zu den Verantwortlichkeiten mit klaren Zielvorgaben, wann welche Angebote bereitgestellt werden müssen.
* Beat Ritschard ist Vorstandsmitglied der Schweizerischen Vereinigung für Standortmanagement (SVSM) sowie Geschäftsführer der Standortförderung Zimmerberg-Sihltal und der Wirtschaftsförderung Höfe.