«GEOSummit»: Die ganze Bandbreite der Geoinformation
Am «GEOSummit» konnte man sich davon überzeugen, dass Geodaten für die digitale Zukunft von essenzieller Bedeutung sind. Besonders wichtig war die Förderung des Nachwuchses: Über 450 Schüler konnten GIS-Luft schnuppern und stellten fest, dass die Branche nicht nur für «Nerds» interessant, sondern auch cool ist.
Quelle: Nadine Siegle
Volle Konzentration auf den Bildschirm: Geodaten sind für die Digitalisierung äusserst wichtig.
Noch nie nutzten so viele Menschen Geodaten wie heute. Ob wir das Navigationssystem im Auto verwenden, auf Google Maps den Standort eines Restaurants nachschauen oder auf der Wetter-App den Niederschlagsradar beäugen – Geoinformation ist allgegenwärtig. Bewusst ist das aber nur den Wenigsten. Und was ein Geoinformationssystem (GIS) ist, weiss ausserhalb der Fachwelt auch kaum jemand.
Bundesrat Guy Parmelin, der das Branchentreffen «GEOSummit» in Bern mit einer Grussbotschaft eröffnete, ging es nicht anders, wie er zugibt: «Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal am Geosummit war, hatte ich kaum Ahnung vom Thema. Heute weiss ich, dass ich täglich Geoinformation nutze, ohne dass mir das zuvor bewusst war.» Die Lernkurve des Magistraten war sogar so steil, dass er in seiner Ansprache verlauten liess: «Geoinformationen werden das digitale Leben von uns allen bestimmen. Darum betreffen die Entwicklungen in dieser Branche auch uns alle.» Es ist daher kein Wunder, dass der Geosummit 2018 unter dem Motto «der digitale Lebensraum» stand – schliesslich liegen fast allen digitalen Anwendungen raumbezogene Daten zugrunde, wie unterdessen auch unser Magistrat weiss.
https://twitter.com/kommunalmagazin/status/1004270865410936833Gefühle für Maschinen?
Der Geosummit bot mit Messe und Kongress ein äusserst abwechslungsreiches Programm. Die Keynote-Sprecher im Plenumsteil des Kongresses lieferten eher generelle und inspirierende Annäherungen an die Themen Digitalisierung und Geoinformation.
Zukunftsforscher Joël-Luc Cachelin skizzierte etwa, wohin die digitale Reise hinführen könnte. «Instagram und Spotify können bereits heute Stimmungen und Gefühle erkennen. Wer bei Instagram viele Schwarzweiss-Filter benutzt und bei Spotify nur düstere Musik hört, gehört wahrscheinlich nicht zu den glücklichsten Menschen.» Die Entwicklung sei kaum mehr aufzuhalten und früher oder später werden wir uns laut Cachelin die Frage stellen müssen, ob wir Menschen nicht Gefühle für Maschinen entwickeln sollten. Dennoch würden die Menschen aus Fleisch und Blut den Maschinen, zumindest auf lange Zeit hin, überlegen bleiben. Dies wegen drei Fähigkeiten, die Roboter wahrscheinlich nie so gut können werden wie wir Menschen: Handwerkliche Fertigkeiten, Kreativität und Sozialkompetenz.
Nicolas Bührer von «digitalswitzerland» ist überzeugt, dass die Geobranche eine Zukunftsbranche ist: «Wir werden immer mehr Daten und immer mehr ‹Geo› brauchen für die unterschiedlichsten Anwendungen und Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft.» Weitere hochkarätige Referenten waren etwa Jed Sundwall von Amazon, der beteuerte, dass die Demokratisierung von Daten das Hauptziel des Konzerns sei, oder die Extrembergsteigerin Evelyne Binsack, die unterstrich, wie wichtig es sei, dass man sich auf seine Partner und Mitarbeiter verlassen können müsse – nicht nur während der Besteigung des Mount Everests, sondern auch im Arbeitsalltag.
Nachwuchsförderung
An der Messe präsentierte die Branche alle Neuheiten der Szene. Vom 3-D-Drucker bis zu Augmented Reality (siehe Box) und vom Flugsimulator bis zu den neusten Vermessungslösungen konnten die Messebesucher viel Innovatives entdecken.
Einen besonderen Fokus legte der Geosummit auf die Förderung des Nachwuchses. Rund 450 Schüler aus der ganzen Schweiz besuchten im Rahmen der «Geoschool Days» die Messe, die Bildungsinsel und das Futurelab, in welchem die Technologien der Zukunft erlebbar gemacht wurden. Die Idee dahinter: Den Fachkräften von morgen aufzuzeigen, dass die Geoinformationsbranche nicht nur wichtig und ein guter Arbeitgeber ist, sondern auch cool und spannend.
Der dreitägige Branchentreff kam bei den Besuchern gut an. Und auch die Organisatoren können ein positives Fazit ziehen. «Wir wollen Publikum aus den unterschiedlichsten Bereichen für die Sache begeistern und aufzeigen, welche innovativen Lösungen in GEO stecken», so OK-Präsident Pol Budmiger. im Vorfeld. Das ist den Organisatoren definitiv gelungen. Der nächste Geosummit findet im Juni 2020 statt.
Quelle: Nadine Siegle
Nicht nur im Alleingang, auch gemeinsam kann man mit der «HoloLens» in eine andere Welt eintauchen.
Die Augmented Reality im Städtebau
Am Stand der Softwareentwicklungsfirma «afca.» schienen die Messebesucher leicht verwirrt und starrten häufig irgendwo in die Leere. Bei genauerer Betrachtung merkte man aber schnell, dass die mit den Händen herumfuchtelnden Menschen alles andere als verloren waren, sondern sich dank spezieller Augmented-Reality-Brillen (AR-Brillen) in einer erweiterten Realität befanden. Wo sie wohl gerade waren?
Wie sich beim Aufsetzen der futuristisch anmutenden Brillen herausstellte, tauchte man von der Bernexpo direkt in die Stadt Zürich ein. In Zusammenarbeit mit dem Amt für Städtebau der Stadt Zürich hat «afca.» eine Stadtplanungs-App entwickelt, die es mehreren Personen gleichzeitig ermöglicht, mit AR-Brillen dasselbe 3-D-Stadt-modell zu betrachten und zu verändern. Mit der App «HoloPlanning» können mehrere involvierte Parteien etwa ein Bauprojekt gemeinsam begutachten, mit wenigen Handbewegungen verschiedene Gestaltungsoptionen ein- und ausblenden oder den Schattenwurf je nach Tageszeit simulieren lassen. Wenn ein Beteiligter mit einer Hand-bewegung das Modell verändert, sehen dies auch die anderen «HoloLens»-Träger im gleichen Moment. «Das kann die Entscheidungsfindung erleichtern und verbessern», betont Christian Hürzeler, Projektleiter im GIS-Kompetenzzentrum des Amts für Städtebau der Stadt Zürich. Bei einer gemeinsamen Begehung könne man Projekte so in einem 1 : 1-Massstab in der realen Umgebung betrachten, nicht wie bis anhin lediglich an einem physischen Modell (siehe Video von «afca.» und Hürzelers Tweet).
Zurzeit wird das «HoloPlanning» in der Stadt Zürich erst für vereinzelte Projekte und vorwiegend intern eingesetzt. Das geplante Schulhaus Allmend in der Manegg beispielsweise kann bei öffentlichen Führungen vor Ort mit der «HoloLens» begutachtet werden. Ebenso sind Pilotprojekte im Tiefbau im Gange. Denn Tiefbau- und Infrastruktur-Arbeiten könnten deutlich einfacher und weniger fehleranfällig werden, wenn ein Blick durch die «HoloLens» sozusagen den Boden unter den Füssen aufreissen und dem Betrachter zeigen würde, wo welche Leitungen im Untergrund verlaufen.
«‹HoloPlanning› begann als kleines Innovationsprojekt, dessen Nutzen wir anfänglich nur erahnen konnten», so Hürzeler. Heute sieht er grosses Potenzial in dieser Entwicklung, insbesondere in der Kommunikation mit der Bevölkerung: «In Zukunft könnte man den Bürger beispielsweise mit 3-D-Modellen auf seinem eigenen Smartphone über Bauvorhaben informieren. Was man heute mit Baugespannen macht, wäre dann digital und mit Augmented-Reality-Funktionen verfügbar. So könnte sich der Nachbar auf dem eigenen Gerät ein genaues Bild vom benachbarten Bauprojekt machen und sich eine Meinung bilden.» Das wäre für Hürzeler ein «Game-Changer». Ganz so weit sei man heute aber noch nicht. «Es wird mit der AR-Technologie auf jeden Fall immer mehr Möglichkeiten geben, auch im Städtebau. Das führt zu besseren und verlässlicheren Entscheiden und zu mehr Transparenz.» Deshalb sei es wichtig, dass auch die Verwaltung gemeinsam mit externen Partnern Innovationen vorantreibe. (nsi)