10:56 KOMMUNAL

Gemeindeverband kritisiert Zwangsregime

Teaserbild-Quelle: Bild: Kecko (CC BY 2.0)

Die Lage im Asylbereich ist zurzeit angespannt. Niemand wagt Prognosen, wie viele Flüchtlinge 2016 in die Schweiz gelangen werden. Es sei nicht auszuschliessen, dass die Zahl neu eintreffender Asylsuchender innert kurzer Zeit ansteige, glaubt man beim Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).

Beschlagnahmung nur im Notfall

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat Mitte März eine Verordnung verabschiedet, welche es dem Bund oder einem Kanton erlaubt, Zivilschutzanlagen zur Unterbringung von Asylsuchenden zu beschlagnahmen, sprich die Besitzer – die Gemeinden – dazu zwingen, ihre Anlagen zur Verfügung zu stellen.

Die Beschlagnahmung ist im Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz vorgesehen. Im Rahmen der Vorsorgeplanung zur Bewältigung einer Asyl-Notlage hat der Bundesrat nun die Details der Requisition geregelt. Es handle sich um eine rein vorsorgliche Massnahme, relativiert das VBS.

Gemeinden haben nichts mehr zu sagen

Bevor eine Requisition tatsächlich erfolgen könne, sei ein weiterer Beschluss des Bundesrates oder einer Kantonsregierung erforderlich. Diese müssten eine nationale oder kantonale Notlage feststellen und den Zivilschutz zu deren Bewältigung aufbieten.

Voraussetzung für eine Beschlagnahmung ist, dass keine anderen Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Zudem dürfen nur Schutzanlagen und Liegestellen requiriert werden, die für den Zivilschutz nicht zwingend erforderlich sind. Nicht beschlagnahmt werden dürfen Anlagen, welche die Armee zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigt.

SGV «enttäuscht und irritiert»

Muss die Infrastruktur einer Anlage wegen mangelnder Ausrüstung oder mangelnden Unterhalts angepasst werden, trägt der Kanton oder die Gemeinde die Kosten. Für den Betrieb und den Unterhalt der Schutzanlage während der Requisition bezahlt der Bund oder der Kanton. Zudem werden die Eigentümer für die Nutzung der Schutzanlagen entschädigt.

In einer Mitteilung zeigt sich der Schweizerische Gemeindeverband (SGV) «enttäuscht und irritiert» über die neue Verordnung. Die Gemeinden hätten in den vergangenen Monaten entscheidend dazu beigetragen, die angespannte Situation bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu bewältigen. «Weder diese grosse Unterstützung noch die vom SGV eingebrachten Einwände zur Verordnung wurden gewürdigt und ernst genommen», echauffiert sich der Verband.

Gemeinden sollen «gehorchen und bezahlen»

Gemeinden sollen «gehorchen und bezahlen» Der SGV kritisiert, dass die neue Verordnung über die Requisition von Zivilschutzanlagen und Liegestellen ohne Rücksprache mit den Gemeinden getroffen worden sei. Als stossend wird dies empfunden, weil es sich bei der Unterbringung von Asylsuchenden um eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden handelt. «Die Verordnung tritt dieses bislang hochgeachtete Prinzip mit Füssen. Die kommunale Ebene hat ohne Mitsprache zu gehorchen und zu bezahlen», schreibt der SGV.

«Bund soll endlich seine Verantwortung wahrnehmen»

Der Gemeindeverband fordert, «dieses föderalistische Schwarzpeterspiel gar nicht erst zu starten». Dem VBS wirft der Verband vor, sich «nicht annähernd mit gleichem Einsatz zur Lösungsfindung» zu engagieren wie die Gemeinden. Der Bund müsse zuerst einmal aufzeigen, welchen Beitrag er selber im Asylbereich leisten könne, zumal namentlich das VBS «über Zigtausende von möglichen Unterbringungsplätzen verfüge», die in Notlagen verfügbar gemacht werden könnten.(sda/mgt/mrm)

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