16:34 KOMMUNAL

Fussgänger statt Durchgangsverkehr

Teaserbild-Quelle: Bild: Marc Latzel

Mit der Eröffnung der Westumfahrung Zürich (Uetlibergtunnel) wurde das Zürcher Stadtgebiet von überregionalem Durchgangsverkehr entlastet. Die flankierenden Massnahmen zur Westumfahrung unterstützen diese Entlastung gemäss der Jury des Fussverkehrspreises zusätzlich.

«Ein ganzes Quartier erhielt neue Chance»

Dass der Fussverkehrspreis ausgerechnet an einen Teilbereich eines «Autobahnprojekts» geht, überrascht. Doch der Entscheid der Jury fiel einstimmig: Die flankierenden Massnahmen zur Zürcher Westumfahrung sind aus ihrer Sicht ein Meilenstein für den Schweizer Fussverkehr. «Ein ganzes Quartier erhielt mit der Westumfahrung nach 40 Jahren Durchgangsverkehr eine neue Chance, die dank einer Vielzahl von Rückbau- und Umgestaltungsmassnahmen genutzt werden konnte», schreibt der Verband.

Für Zürich sei das ein Schritt hin zu einem Stadtraum, der sich am Quartierleben, der Aufenthaltsqualität und den Bedürfnissen der Fussgängerinnen und Fussgänger orientiere, heisst es weiter. «Der massiv reduzierte motorisierte Verkehr fährt auf verengten Fahrbahnen. Wer zu Fuss geht, bewegt sich auf grosszügigen Boulevards», wird der Entscheid weiter begründet. Die flankierenden Massnahmen zeigten beispielhaft, wie mit gezielten Eingriffen eine Verkehrsentlastung «als Steilpass für neues Leben in einem Quartier» genutzt werden könne.

Neben Zürich, das den Hauptpreis erhielt, wurden diverse weitere Städte für Projekte ausgezeichnet:

  • Die Stadt Genf hat im Stadtzentrum mit der Neugestaltung der Place Simon-Goulart, die seit den 1960er Jahren als Parkplatz benutzt wurde, einen attraktiven Begegnungsort geschaffen, der sich städtebaulich in die bestehende Baustruktur integriert und an diesem wichtigen Schnittpunkt im urbanen Fusswegnetz verschiedene Funktionen für die Zufussgehenden und die Quartierbevölkerung erschliesst.

  • Die Lumino Bridge verbindet in der Tessiner Gemeinde Lumino die Wohnquartiere östlich des Riale Grande mit dem Ortskern, wo sich auch Kindergarten und Schule befinden. Die gelbe Brücke zeigt gemäss Fussverkehr Schweiz «auf vorbildliche Weise, wie auch mit einem geringen Budget und der notwendigen Sorgfalt im Umgang mit der Umgebung ein wunderbares Resultat erzielt werden kann».

  • Mit dem Projekt Réaménagement de la Place Centrale hat die Stadt Martigny ihrem im 19. Jahrhundert als zentralen Identifikationsort und Ort des sozialen Austausches konzipierten Platz sein unverwechselbares Gepräge zurückgegeben. Der grosse, über lange Zeit als Parking und Fahrbahn genutzte Platz an der Schnittstelle zwischen Altstadt und kommerziellem Zentrum hat durch die kleinteilige Gestaltung eine fast schon mediterrane Ausstrahlung erhalten.

  • Die Passerelle du Millénaire in Neuenburg schliesst nicht nur eine bedeutende Lücke im Fusswegnetz von Neuchâtel, sondern stellt auch eine wichtige Massnahme dar, um den Fuss- und Veloverkehr gesamthaft zu fördern. Die Passerelle aus opakem Glas, Stahl und Beton überspannt die in einem tiefen Einschnitt verlaufende Rue de Gibraltar und verbindet das Quartier Bel-Air und wichtige Ausbildungszentren mit dem Espace Europe und dem Bahnhof.

  • Die Tessiner Gemeinde Pura oberhalb von Caslano hat mit dem Projekt Adeguamento urbanistico lavatoio cimitero eine autofreie Insel geschaffen, welche die Kirche, den Friedhof und die Schule einschliesst und miteinander verbindet. Die ehemalige Strasse mit einem Parkplatz wurde zu einer für die Tessiner Bergdörfer typischen engen Gasse in einer modernen Form umgestaltet.

  • Die Kantonsstrasse durch Saint-Imier im Berner Jura ist eine überregionale Verbindungsachse, aber auch Teil des Ortszentrums mit Läden und Restaurants. Mit dem Projekt ConviviaCité hat die Stadt die stark befahrene Ortsdurchfahrt menschenfreundlicher gestaltet. Der Strassenraum wurde von Fassade zu Fassade neu gestaltet, die Fahrbahn wurde zugunsten der Trottoirs verschmälert und im zentralen Bereich durch einen Mittelstreifen gegliedert.

  • Der Y-Parc in Yverdon-les-Bains ist einer der grössten Technologieparks der Schweiz und erst zum Teil gebaut. Das Projekt Aménagement paysager et d'espace public à Y-Parc et passage inférieur de la Sallaz beruht auf einem Erschliessungskonzept, dessen Kern eine zentrale Achse für den Fuss- und Radverkehr bildet. Die Unterführung La Sallaz ermöglicht eine sichere Fuss- und Veloverbindung in die Stadt.

  • Und noch ein zweites Projekt aus Zürich kam in die Kränze: Der Sechseläutenplatz, der sich vor der Neugestaltung meist als morastige Wiese präsentierte, wurde mit 110 000 Quadern aus Valser Quarzit gepflästert. Der Wegfall der unschönen Parkplätze vor dem Opernhaus wurde durch ein unterirdisches Parkhaus kompensiert. Zwei Pavillons und ein Wasserspiel setzen Akzente, Bauminseln fassen die grosse, nüchterne Fläche ein. «Der Platz ist ein grosser Gewinn für die Stadt und wurde von der Bevölkerung sofort in Beschlag genommen», urteilt Fussverkehr Schweiz. (mgt/mrm)

Eine ausführliche Dokumentation aller Projekte ist auf der Website zum «Flâneur d'Or 2014» zu finden.


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