Frutigen BE hat baupolizeiliche Pflichten vernachlässigt
Während mehrerer Jahre hat Frutigen in baupolizeilichen Fragen die Zügel schleifen lassen. Diesen Schluss zieht Regierungsstatthalterin Ariane Nottaris nach einer Untersuchung von fast 50 Baupolizeifällen. Sie hat nun der Berner Gemeinde Weisungen erteilt.
Die im Juni 2023 aufgenommenen Untersuchung brachte zum Vorschein, dass die Frutiger Hochbaukommission ihre baupolizeilichen Pflichten teilweise gar wider besseren Wissens "systematisch und seit mehreren Jahren vernachlässigt" hat, wie aus einer Mitteilung des Regierungsstatthalteramtes Frutigen-Niedersimmental vom Mittwoch hervorgeht.
So haben zum Beispiel Bauherrschaften Wiederherstellungsverfügungen nicht umgesetzt. Die Gemeinde hat dies auch nicht vor Ort kontrolliert oder die Vollstreckung durchgesetzt. Zudem habe die Gemeinde bei hängigen Baupolizeiverfahren zögerlich gehandelt oder sei gar über Jahre untätig geblieben, heisst es in dem Bericht. Auch habe die Gemeinde rechtskräftig angeordnete Fristen missachtet oder unbefugterweise erstreckt. Dadurch habe sich, so Nottaris, bei der Bauverwaltung der Gemeinde eine hohe Anzahl unerledigter Baupolizeiverfahren angestaut. Die Gemeinde legte zwar einen Zeitplan zur Abarbeitung des Pendenzenbergs vor, hielt diesen aber nicht ein.
23 Baupolizeifälle müssen abgeschlossen werden
Nun hat die Statthalterin die Gemeinde angewiesen, 23 Baupolizeifälle, in denen die Wiederherstellungsfrist schon mehrere Jahre abgelaufen ist oder bald ablaufen wird, bis Ende Oktober 2024 abzuschliessen. Wenn nötig müssten Ersatzvornahmen angeordnet werden, um die Entscheide zu vollstrecken. In zwölf weiteren Verfahren muss die Gemeinde entweder eine Wiederherstellungsverfügung erlassen oder - sofern möglich - eine Baubewilligung erteilen. In einem Dutzend weiterer Fälle gibt es laut Nottaris keinen Handlungsbedarf.
Die Statthalterin verwarnte die Gemeinde und wies sie an, künftig bei illegalen Bauten ausserhalb der Bauzone eine ordnungsgemässe Verwaltung sicherzustellen. Diese Verfügung kann die Gemeinde nun innert 30 Tagen anfechten. Auf der Frutiger Bauverwaltung ist seit Ende Februar 2023 ein neuer Bauverwalter tätig. - Die Gemeinde Frutigen ist nicht zum ersten Mal wegen Mängeln in der Verwaltung in den Schlagzeilen gelandet: Im 2017 stellte der damalige Regierungsstatthalter gröbere Mängel bei der Erhebung von Abwassergebühren fest. Knapp zwei Jahre nach der Statthalterlichen Rüge stellte die Gemeinde nachträglich Gebührenrechnungen von einer halben Million Franken.
Fachkräftemangel und zunehmend komplexe Materie
Unter anderem aufgrund des Fachkräftemangels und der zunehmenden Komplexität der Materie tun sich gerade kleinere Gemeinden oft schwer mit ihrem Bauwesen. So werden landauf, landab regionale Bauverwaltungen diskutiert und initiiert. Auch im Kandertal soll eine regionale Bauverwaltung entstehen und voraussichtlich ab 2026 ihren Betrieb aufnehmen. (sda/mai)