10:17 KOMMUNAL

Friesische Hymne sorgt für schlaflose Nächte

Teaserbild-Quelle: Provincie Fryslân/Twitter

In einem kleinen Dorf in den Niederlanden sorgte eine «singende Strasse» bei den Anwohnern für Unmut. Die musikalische Strecke sollte eigentlich Raser stoppen. Wegen Lärmklagen wurde das schräge Experiment aber nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

Singende Strasse im niederländischen Jelsum

Quelle: Provincie Fryslân/Twitter

Spezieller Strassenbelag im niederländischen Jelsum: Fuhr ein Auto darüber, ertönte die friesische Hymne.

Von Jovana Djuric*

Die Idee der singenden Strasse von Jelsum war gut, doch am Ende blieben nur genervte Anwohner und Kosten von 80 000 Euro übrig. «Frysk bloed, Tsjoch op!», lauten die ersten Zeilen der friesischen Hymne «De àlde Friezen». Die Melodie dazu ertönte, sobald ein Auto bei der Ortschaft Jelsum über die Provinzstrasse N357 fuhr.

Verantwortlich für die ungewohnte musikalische Darbietung waren spezielle Rillen im Strassenbelag. Das Ziel dahinter: Die Musik sollte Raser stoppen. Wer mit den vorgeschriebenen 60 km / h unterwegs war, hörte die liebliche Melodie der Friesenhymne. Wenn die Geschwindigkeit aber überhöht war, wurden die Töne hektisch, die Melodie wandelte sich in ein auditives Durcheinander. Die Automobilisten sollten also durch Dissonanz zum langsamer Fahren angeregt werden.

Witzige Aktion?

Eine tolle Herangehensweise, dachten sich die Lokalpolitiker. Doch mit dem Gegensturm der wütenden Anwohner hatten sie nicht gerechnet. Gerrit Hofstra, Sprecher der Provinz Friesland, meinte: «Das war als witzige Aktion gedacht, welche auch noch für Verkehrssicherheit sorgt.» Hinzu kommt, dass die friesische Hauptstadt Leeuwarden, zu der Jelsum gehört, zur Kulturhauptstadt Europas 2018 erkoren worden ist und die Strecke auch als kleiner Marketinggag angedacht war. Geplant war, dass die Strasse zwei bis drei Monate «singen» würde, wie die Lokalzeitung «Leeuwarder Courant» berichtete.

Dass die friesische Hymne die Anwohner nerven könnte, beachtete keiner bei der Planung. «Das ist seelische Folter», meinte eine Frau. Auch andere Nachbarn beschwerten sich im niederländischen Fernsehen über das Gedudel, welches Tag und Nacht in ihre Ohren drang und ihnen den Schlaf raubte.

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Obwohl das Dorf Lärm gewohnt ist – die Leeuwarden Air Base ist nur drei Kilometer entfernt und täglich fliegen Kampfjets über die Häuser –, kamen sie mit der musikalischen Strecke nicht zuecht. Ein Anwohner erklärt: «Die Kampfjets fliegen nur bis 17 Uhr, die Strasse hingegen singt Tag und Nacht, immer die gleiche Melodie.» Verständlich also, dass die friesische Hymne irgendwann auf die Nerven geht. Erst recht, wenn sie von einem Schnellfahrer «falsch» abgespielt wird.

Nach einer Woche ist Schluss

So schnell wie das Schild mit der Aufschrift «Sie nähern sich einer singenden Strasse» aufgestellt worden war, so rasch wurde es auch wieder entfernt: Nach nur einer Woche kamen die Rillen auf der Strasse wieder weg. Mit dem Verschwinden des trällernden Asphalts sind auch die schlaflosen Nächte der Anwohner Geschichte.

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass eine Strasse musikalische Rhythmen von sich gibt: Die erste «Musical Road» wurde 1995 von zwei dänischen Künstlern geschaffen. Ab da folgten unzählige weitere Asphalte die «singen». Der Spitzenreiter in Sachen singende Fahrwege ist aber Japan. Über 30 solche Strassen soll es dort geben. Wie in den Niederlanden sollen sie für Verkehrssicherheit sorgen. Und augen-, oder besser ohrenscheinlich, fühlen sich die Japaner davon weniger genervt als die Europäer. Schliesslich haben sie ja auch das Karaoke erfunden – da sind schräge Töne ebenfalls nicht selten.

*Jovana Djuric ist KV-Lernende im zweiten Lehrjahr bei der Kommunalmagazin-Herausgeberin Docu Media Schweiz GmbH.

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