Software optimiert den Einsatz von Seilkränen in der Waldarbeit
Für die Waldpflege setzen Forstdienste zunehmend Seilkräne ein. Ihre Seillinie optimal planen – das kann eine neuartige, von einem Team der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der ETH Zürich entwickelte Software. Die Basis lieferte eine beinahe vergessene Berechnungsmethode.
Quelle: Sebastian Unrau, Unsplash
Damit der Wald gedeiht, braucht er Pflege.
Für die Waldpflege setzen Forstdienste zunehmend Seilkräne ein. Ihre Seillinie optimal planen – das kann eine neuartige, von einem Team der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der ETH Zürich entwickelte Software. Die Basis lieferte eine beinahe vergessene Berechnungsmethode.
Weil es für die zur Pflege des Waldes notwendigen Arbeiten oft schwere Maschinen wie Tragschlepper braucht, für die steiles Gelände aber kaum zugänglich ist, bieten sich Seilkräne als Alternative an: Sie könnenmit einem auf einem Tragseil rollenden Laufwagen Holzstämme zur Sammelstelle befördern. Solche Holzernteverfahren kommen heute auf rund einem Viertel der Schweizer Waldfläche zum Einsatz. Damit die Seillinie jeweils sicher und effizient geführt werdenkann, müssen die Verantwortlichen die Anlage an die Geländegegebenheiten angepasst planen.
Die optimale Berechnungsformel ihrer Zeit voraus
In den 1960er Jahren beschäftigten sich zwei Experten unabhängig voneinander mit solchen Seilbahnberechnungen: Ernst Pestal in Wien publizierte damals ein Buch über Seilbahnen und Seilkräne, das in der Forstwirtschaft als Standardwerk gilt. Seine darin beschriebenen seilmechanischen Formeln werden bis heute weithin eingesetzt, obwohl sie die Seildurchhänge für Seilkräne überschätzt darstellt. Ihr Vorteil: Sie ist händisch und grafisch einfach lösbar.
Quelle: Puresive Films
Während die Pestal-Methode auf Seilbahnen zugeschnitten ist, trifft die Zweifel-Methode Annahmen, die besser der Realität beim Einsatz von Seilkränen entspricht.
Zur selben Zeit entwickelte Otto Zweifel an der ETH Zürich eine Formel, die besser den Gegebenheiten bei Seilkränen entsprach. Im Gegensatz zu Pestal ging er nicht von einem gewichtsgespannten sondern von einem beidseitig fix verankerten Tragseil aus (siehe Illustrationen). Einen Haken gab es allerdings: Um seine Formel zu berechnen waren leistungsfähige Computer nötig, die damals nur begrenzt verfügbar waren. So fiel die Methode in einen Dornröschenschlaf.
Neuer Anlauf mit neuer Software
Zurück ins Heute: Während seiner Doktorarbeit an der ETH
Zürich arbeitete WSL-Forscher Leo Bont an Algorithmen, welche die
Tragseildurchhänge und die auftretenden Tragseilzugkräfte mit Zweifels Methode
berechnen. Zusammen mit Patricia Moll entwickelte er in der Forschungsgruppe
von Hans Rudolf Heinimann ein Open Source Software-Tool respektive ein QGIS-Plugin
(Seilaplan (Seilkran
Layout Planer). Dieses berechnet zusätzlich zur Seillinie die optimalen Stützenpositionen
für das Seil.
Im Rahmen des Forschungsprojekts «Neue Grundlagen für eine effiziente Seillinienplanung», finanziert durch die Wald- und Holzforschungsförderung WHFF-CH und die WSL, hat die Gruppe Nachhaltige Forstwirtschaft die theoretischen Grundlagen aus der Doktorarbeit nun in Praxistests im Wald überprüft.
Tests im Tösstal, im Toggenburg und am Pilatus
Bont hat seine Erkenntnisse in den Steilhängen des Tösstals, des Toggenburgs und des Pilatus getestet, zusammen mit einem Team aus Kolleginnen und Kollegen der WSL. Mit von der Partie waren auch die Forstunternehmen Nüesch & Ammann AG sowie Abächerli AG. Sie vermassen die gebauten Seillinien und bestimmten die Tragseildurchhänge bei verschiedenen Lasten. Am Ankerbaum stellten sie die Seilzugkräfte mittels Kraftmessdose fest. Zurück im Büro an der WSL verglich Bont die Daten mit den von Seilaplan berechneten Angaben. Und tatsächlich: Die Berechnungsmethode nach Zweifel führte zu genaueren Voraussagen der Tragseildurchhänge und der Tragseilzugkräfte als jene nach Pestal. Für alle Seilfeldlängen lieferten die in Seilaplan integrierten Zweifel-Formeln für den Durchhang eine Genauigkeit von rund +/- einem Meter - , ein sehr gutes Ergebnis. Die leichte Überschätzung bei den Tragseilzugkräften ist dabei laut WSL positiv zu werten, mit ihr ist man bei der Planung auf der «sicheren Seite».
Interesse auch ausserhalb der Schweiz
Forstunternehmen und Behörden auch jenseits der
Landesgrenzen zeigten grosses Interesse an den Resultaten des Feldtests und am
frei zugänglichen QGIS-Plugin Seilaplan, heisst es in der Medienmitteilung
weiter. Ist doch eine sorgfältige, genaue Berechnung der Seillinie aus Gründen der
Arbeitssicherheit aber auch der Ökonomie zentral. Zudem ist es mit der
Integration des Tools Seilaplan ins QGIS möglich, verschiedene
Fernerkundungsdaten und GIS-Layer für die Planung einzubeziehen. (mgt/mai)
Das Bundesamt für Umwelt hat das Forschungsprojekt «Neue Grundlagen für eine effiziente Seillinienplanung» für den Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis gefördert. Dazu hat es das Erklärvideo «Digitale Seillinienplanung» produziert.